3. Liga
Frank Berblinger und der TVK: Gekommen, um zu bleiben
Korschenbroichs neuer Trainer freut sich mit dem Aufsteiger auf die neuen Herausforderungen.

Er hat den Hut auf: Frank Berblinger sieht sich trotzdem nicht als maximal autoritär. Korschenbroichs neuer Trainer legt vielmehr Wert auf mitdenkende Spieler. (Foto: Thomas Schmidt)

Eigentlich findet da gerade zusammen, was zusammengehört – oder wenigstens zusammenpassen müsste. Beide Seiten kennen sich ja in dieser Sphäre des Handballs ganz gut aus. Der TV Korschenbroich, seit 2018 zu den Spitzenteams in der Regionalliga gehörend, war früher sogar zweimal in der 2. Bundesliga unterwegs (2007/2008, 2009/2010 bis 2011/2012) und anschließend immerhin sechs Jahre in der 3. Liga, in die er jetzt als Meister der Regionalliga 2023/2024 zurückgekehrt ist. Und an der Seitenlinie steht mittlerweile Frank Berblinger als Nachfolger von Dirk Wolf, der zum zweiten Mal in den handballerischen Ruhestand getreten ist – nachdem ihn der Verein kurz nach dem Beginn der vergangenen Saison und der Trennung vom damaligen Coach Gilbert Lansen aus der „Rente“ zurückgeholt hatte. Es ist jener Frank Berblinger, der bis vor Kurzem als Chefcoach des inzwischen ehemaligen Klassenkonkurrenten TSV Bonn rrh. unterwegs war, mit seinem Team über längere Zeit ganz oben mitmischte und letztlich mit dem dritten Platz bei 33:19 Punkten ein nahezu traumhaftes Ergebnis einfuhr. Der Erfolg der TSV war in der Summe sicher verdient und eigentlich wäre Berblinger gar nicht auf die Idee gekommen, sich eine andere Beschäftigung im Handball zu suchen. „Mein Plan war es, in Bonn weiterzumachen“, sagt der 47-Jährige, „ich habe mich da sauwohl gefühlt und wäre normalerweise nie zu einem anderen Regionalligisten gegangen.“ Was dazwischenkam? Klaus Weyerbrock klopfte an. Der Sportliche Leiter der Korschenbroicher, zeitig auf die Suche nach einem Nachfolger für Dirk Wolf gegangen (der auf jeden Fall nur bis zu diesem Sommer aushelfen würde), trug offenbar sehr solide Argumente vor. Am Ende passten die Ideen beider Seiten schließlich so gut übereinander, dass bereits Ende November/Anfang Dezember 2023 feststand: Wir tun uns zusammen, wir gehen das gemeinsam an. Dass damals überhaupt nicht feststand, ob der TVK den lange angepeilten Aufstieg wirklich schafft, spielte bei der Vereinbarung keine entscheidende Rolle. Dass es letztlich doch die 3. Liga geworden ist, stört allerdings auch keinen.

Die Korschenbroicher bekommen in Frank Berblinger, der im Hauptberuf für ein mittelständisches Solinger Industrie-Unternehmen arbeitet, einen ausgewiesenen Handball-Fachmann – der zudem in seiner aktiven Karriere fast alles von der anderen Seite erlebt hat. Soll heißen: Er weiß vermutlich ziemlich genau, was in den Spielern vorgeht. Seine Karriere in Kurzform: Mit dem TuS Schutterwald, Eintracht Hildesheim und der HSG Düsseldorf spielte der gebürtige Freiburger als Rechtsaußen unter anderem in der 1. Bundesliga, ehe er über den TuS Wermelskirchen und den VfL Eintracht Hagen beim Oberligisten TSV Aufderhöhe seine Laufbahn auf der Platte beendete. Nach dem Einstieg ins Trainergeschäft bei den Wermelskirchenern und den Bergischen Panthern II folgte die nicht so sehr erfreuliche Episode bei der damals gerade in die Regionalliga Nordrhein aufgestiegenen HG Remscheid, die im März 2020 in Abstiegsgefahr steckte und sich der oft ebenso üblichen wie einfallslosen „Lösung“ anschloss, dem Trainer den Stuhl vor die Tür zu setzen. Frank Berblinger reagierte mit einer Mischung aus Enttäuschung und vor allem Optimismus: „Ich bin von meiner Arbeit überzeugt und ich bin nicht bange, dass da nichts mehr an Angeboten kommt.“ Da lag er offensichtlich nicht völlig verkehrt. Der Weg führte den Wahl-Solinger am Ende trotz des nicht unerheblichen Aufwandes für die weiten Fahrten an den Mittelrhein zu den Bonnern, die vor dem Abschied ihres damaligen Trainers David Röhrig standen (zum TSV Bayer Dormagen) und den einstigen Profi von einem Wechsel zur TSV überzeugen konnten. Was sie gemeinsam nicht ahnten: Die Corona-Pandemie stellte alle Beteiligten vor maximal große Herausforderungen, die mit dem Handball wenig zu tun hatten.

Berblingers „alte“ Remscheider absolvierten nach der Kündigung lediglich ein weiteres Spiel (23:34 am 7. März 2020 in Korschenbroich) und sie blieben als Vorletzter (11:27 Punkte) wohl nicht zuletzt deshalb drin, weil der Verband nach dem Saison-Abbruch einen Verzicht auf Absteiger beschloss. Seine künftigen Bonner standen damals trotz der finalen Pleite gegen den TV Aldekerk (26:37) im gesicherten Mittelfeld (Zehnter/19:19 Punkte). Ein halbes Jahr später kam die abgebrochene Saison 2020/2021 nur bis in den frühen Herbst – und Berblinger musste sich damit trösten, bei 5:1 Zählern aus drei Partien ungeschlagen aussteigen zu können. Der sechste Rang aus 2021/2022 mit 28:24 Zählern und der neunte aus 2022/2023 mit 22:30 Punkten bildeten zusammen genau die Basis für die Serie 2023/2024, in der die Bonner zum großen Teil richtig durchstarteten. Nach dem abschließenden 29:24 über TuSEM Essen II durfte sich Berblinger vor zwei Monaten am 4. Mai in seinem Wirken in der ehemaligen Hauptstadt erneut bestätigt sehen und die Genugtuung darüber war zu spüren: „Wir sind überglücklich und megastolz über den dritten Platz. Das war mit die erfolgreichste Saison der TSV und ich bin froh, dass ich ein Teil davon war. Wir sind alle superglücklich, wie die Saison gelaufen ist.“ Durch den sehenswerten Abschluss durften sich wohl auch die Korschenbroicher bestätigt fühlen – darin, den richtigen Mann verpflichtet zu haben.

Rund um die Waldsporthalle geht gerade die erste Phase (vier Wochen) aus der Vorbereitung auf die nächste Saison in der 3. Liga zu Ende. Das Programm war bisher nicht ungewöhnlich: Neben der Arbeit an der Grundlagen-Ausdauer ging es vor allem ums allgemeine Kennenlernen und für den neuen TVK-Trainer um einen genauen Überblick, wo der Hebel vielleicht besonders anzusetzen sei. Das Prinzip Berblingers stand allerdings vorher fest: „Jeder ist wichtig für die Mannschaft, jeder wird gebraucht.“ Dass die meisten Stammkräfte/Führungsspieler von Regisseur Mats Wolf bis hin zu Linkshänder Henrik Schiffmann geblieben sind, findet Berlinger natürlich trotzdem echt wertvoll, weil er sich so auf ein festes Gerüst mit vielen bereits funktionierenden Mechanismen verlassen kann. Und ganz nebenbei gelang den Korschenbroichern durch die Verpflichtung von Jan König (26) eine Art Königstransfer, denn der torgefährliche Rückraum-Allrounder bringt Erfahrung aus der 2. Bundesliga (VfL Eintracht Hagen) sowie aus der 3. Liga (TuS Volmetal, SG Schalksmühle-Halver) mit an den Niederrhein. Einer der Gründe für den durchaus spektakulären Wechsel: König ist nun aus beruflichen Gründen in Düsseldorf zu Hause. „Wir waren da wohl schnell“, meint Berblinger, in dessen Augen der Neue zusätzliche Möglichkeiten einbringt und die Korschenbroicher dadurch noch flexibler macht: „Uns stehen für die drei Positionen im Rückraum sechs Jungs zur Verfügung.“

Fleixibilität, Kreativität und Leidenschaft sind dabei drei Säulen für die kommende Saison, die dem TVK definitiv mehr abverlangen wird als jene in der Regionalliga. Zusätzlich will Berblinger eine kompaktere Abwehr als sicherndes Element einbauen: „Da sehe ich Luft nach oben.“ Dass der TVK als Meister in der Hälfte aller Regionalliga-Spiele 30 oder mehr Gegentore kassierte, konnte der Angriff mit einem Schnitt von 33,51 Treffern pro Partie wettmachen – was künftig jedoch deutlich schwieriger werden dürfte. Außerdem soll allgemein das flüssiger werden, was im neueren Handball-Deutsch „Umschaltspiel“ heißt und Tempogegenstöße in jeder Form meint. Dass insgesamt gerne die Außen verstärkt zum Zuge kommen sollen, versteht sich für den Ex-Rechtsaußen Berlinger sowieso von selbst. Ganz und gar nicht für selbstverständlich hält er allerdings, dass es eine Garantie auf den Klassenerhalt gibt – den er der Mannschaft aber selbstverständlich zutraut. Mit entscheidend wird sein, wie die Mannschaft das höhere Niveau und einige weite Auswärtsfahrten an- und aufnehmen kann, um das einzige Saisonziel Klassenerhalt zu erreichen. „Wir stehen vor einer echten Herausforderung“, betont Berblinger, „alle haben sich diesem Ziel verpflichtet. Es wird Phasen geben, in denen es nicht so gut läuft. Dann müssen wir die Geduld bewahren, auch die Leute draußen und die Fans.“ Falls da wirklich zusammenfindet, was zusammengehört, könnten zumindest die Heimspiele echte Handballfeste werden und die Waldsporthalle zu einer wertvollen Festung. Nach dem Start am 31. August/1. September beim Vorjahres-Fünften HSG Hanau kommt es 7./8. September zum Heimdebüt und Aufsteiger-Duell gegen den VTV Mundenheim (Rheinland-Pfalz/Stadtteil von Ludwigshafen). Eine Woche später steht beim Longericher SC das erste Treffen mit einem NRW-Nachbarn auf dem Programm und zwei Wochen darauf folgt die nicht minder reizvolle Partie gegen den TuS 82 Opladen. Das macht irgendwie schon jetzt Appetit auf mehr.