17. Juli 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
So geht Trainersuche auch und es war dann tatsächlich die am meisten naheliegende aller möglichen Lösungen. Der eine hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, auf Dauer mehr zu wollen, und der andere rechtzeitig angekündigt, auf Dauer weniger zu wollen. Also lag jener Job-Tausch auf der Hand – und der TuS 82 Opladen war damit direkt ein Problem los, bevor es überhaupt eins werden konnte: Stefan Scharfenberg, bisher als Co-Trainer die rechte Hand von Fabrice Voigt, wird die Opladener als „neuer“ Cheftrainer in die 3. Liga 2024/2025 führen, während Voigt nach vielen Jahren in der ersten Reihe kürzertritt und doch weitermacht – nun als Co-Trainer an der Seite von Scharfenberg. Was sich nicht ändern wird: Es bleibt beim Opladener Ritual, sich in der Halbzeit zunächst irgendwo in einer Hallenecke zur wenigstens kurzen Trainer-Konferenz zu treffen. Scharfenberg, Voigt sowie Torwart-Trainer Benedikt Klein und Athletik-Trainer Jonas Gördes beraten sich dortregelmäßig, um Verbesserungs-Potenzial herauszufiltern, die Ergebnisse mit in die Kabine zu nehmen und sie dort an die Spieler weiterzugeben. Das und ähnliche Situationen gehören im Übrigen zur DNA von Stefan Scharfenberg: „Ich lege Wert auf eine gute Kommunikation. Es muss aber Strukturen geben und einer muss das letzte Wort haben.“ Das hört sich fast nach einem pädagogischen Anstrich an – und wäre damit kein Zufall. Opladens Chefcoach ist beruflich und aus Berufung als Lehrer für Sport und Biologie am Märkischen Gymnasium Schwelm tätig.
Der 38-Jährige gebürtige Leverkusener ist darüber hinaus der Ur-Opladener schlechthin. Aktiv war er über die gesamte Jugendzeit beim TuS 82 aktiv, für den er gleichzeitig relativ früh als Jugendtrainer zu arbeiten begann. In einem am 30. Mai 2011 veröffentlichen Interview klingt das so: „Wir bieten sowohl Leistungs- als auch Spaßhandball an. Das unter einen Hut zu bekommen, ist eine tolle Sache.“ Scharfenberg, seinerzeit auf dem Sprung aus der zweiten in die erste Mannschaft der Opladener (Oberliga Mittelrhein) wurde seinem Heimatklub anschließend vorübergehend untreu, weil er zuerst in die Nachbarstadt zum MTV Köln wechselte und sich im Sommer 2017 dem Longericher SC II anschloss, bei dem gerade Markus Becker (wechselte später zur SG Langenfeld) als Trainer an der Seitenlinie stand. Was keiner ahnen konnte: Die Hoffnungen beider Seiten lösten sich plötzlich in Luft auf, weil Scharfenberg, der spielender Co-Trainer werden sollte, bereits in der siebten Minute des Meisterschafts-Auftakts in der Oberliga Mittelrhein eine Verletzung erlitt – und der Spieler Scharfenberg deshalb seine Karriere auf der Platte beendete. Jene daneben trieb er dafür mit der ihm eigenen Zielstrebigkeit voran und überzeugte als Co-Trainer nicht nur die Kölner, sondern auch die Opladener, die ihn immer im Blick behielten und 2018 als Trainer für die eigene zweite Mannschaft für eine Rückkehr gewinnen konnten. Überreden musste ihn keiner, weil der Schritt nahezu perfekt zu seiner Langzeit-Strategie passte – ebenso wie jener, der ihn vor gut zwei Jahren als Co-Trainer in die erste Mannschaft mit den deutlichen höheren Anforderungen in der 3. Liga brachte.
Stefan Scharfenberg war der Nachfolger von Srdjan Nikolic – wie er selbst ein ausgewiesener Liebhaber und Spezialist der Abwehrarbeit. „Schon damals war für mich klar, dass ich das nicht ewig machen würde“, sagt Scharfenberg, der längst Feuer gefangen hatte und den Blick über Engagements hinaus etwa in der Regioalliga nach oben richtete. Jener Schwerpunkt bleibt jetzt trotzdem unverändert und Voigt kümmert sich gleichzeitig eher um die offensiven Aspekte sowie um Gegneranalysen. „Das ist eine Super-Konstruktion“, findet Scharfenberg, der momentan an der für die 3. Liga notwendigen B-Lizenz feilt und sich dort im letzten Teil auf einem guten Weg befindet. Hinter sich haben die Opladener als Mannschaft auch den ersten Abschnitt der Vorbereitung und die folgende Pause geht gerade mit großen Schritten ihrem Ende entgegen. Am 20. Juli beginnt die zweite und heiße Phase, in der dem TuS 82 genau sechs Wochen bleiben, um sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Dafür sieht Scharfenberg in der Summe bloß ein denkbares Ziel: „Mit unseren Mitteln kann es nur darum gehen, so früh wie möglich die für den Klassenerhalt nötigen Punkte zu holen. Es wäre ein toller Erfolg, wenn es einstellig wäre.“ Grundsätzlich sieht er demnach die Opladener von der ersten Minute an in den Kampf um den Klassenerhalt verwickelt – und den Start am 31. August gegen den einstigen Regionalliga-Rivalen TV Aldekerk praktisch als die Auftakt-Veranstaltung zu einem herausfordernden Marathon, der am 3. Mai 2025 beim Aufsteiger VTV Mundenheim (Rheinland-Pfalz) zu Ende geht.
Der TuS 82 scheint inzwischen bereits eine halbe Ewigkeit in der 3. Liga unterwegs und dort eine feste Einrichtung zu sein, hat dort jedoch grundsätzlich erst drei richtige Jahre hinter sich. Schon die erste von der Corona-Pandemie beeinflusste Regionalliga-Serie 2019/2020 war ein Hindernisrennen, denn die damals mit 30:8 Punkten klar an der Tabellenspitze stehenden Opladener wurden als Abbruch-Meister in die 3. Liga befördert. Rund ein halbes Jahr später absolvierte die Mannschaft beim VfL Gumemrsbach II ihre Drittliga-Premiere mit einer ärgerlichen 28:32-Niederlage. Für alle bitter: Weiter kamen sie nicht, denn die Saison 2020/2021 war sofort vorbei und selbst das für eine Woche später angesetzte Heimdebüt gegen die HSG Krefeld Niederrhein ging dem TuS 82 damals durch die Lappen. In der für 2021/2022 auf verkleinerte Staffeln umgebauten 3. Liga sprang schließlich bei 25:15 Zählern aus 20 Spielen (Durchschnitt 1,25 Zähler pro Partie) das bisher beste Resultat in der Opladener Drittliga-Geschichte heraus, ehe 2022/2023 in der Gruppe West aus 14 Klubs mit Rang sieben und 26:26 Zählern (Durchschnitt 1,00) ein überzeugend ausgeglichenes Konto brachte – und 2023/2024 in der neuen Gruppe Süd-West mit 16 Teams und ein paar weiteren Fahrten sowie bisher unbekannten Kontrahenten noch größere Prüfungen. Diesmal verpasste der TuS 82 eine Position in der oberen Tabellenhälfte zwar knapp, doch mit 26:36 Zählern lag er am Ende als Neunter weit genug weg von der Gefahrenzone. 16 dieser Punkte holte Opladen da in der Hinrunde, während er im zweiten Teil unter anderem wegen ständig reduzierten Personals mehr Schwierigkeiten hatte. „Insgesamt waren wir sehr zufrieden“, sagt Scharfenberg, „hinten heraus sind wir ein bisschen unsauber geworden.“ Das traf auch auf „seine“ Abwehr zu: „Mein Anspruch an die Deckung ist sehr hoch.“
Gerade in diesem Bereich mussten die Opladener durch den Wechsel von Jonas Leppich zum Drittligisten SG Schalksmühle-Halver Dragons (Gruppe Nord-West) einen schmerzhaften Verlust hinnehmen. Die Lücke soll zumindest mittelfristig der zuletzt für die A-Jugend des THW Kiel spielende Hildener Lucius Hess füllen, der erst im vergangenen Mai mit dem Nachwuchs des Deutschen Rekordmeisters in Königswinter den DHB-Pokal an die Ostsee holte und als vielversprechendes Talent gilt – wie Malte Wolfram (vorher Bergischer HC) und Max Schmidt (TuS Ferndorf). Zusammen mit etablierten Kräften wie Oliver Dasburg (mit 127 Toren in 26 Spielen zuletzt bester Werfer des TuS 82) und Maurice Meurer (96 in nur 22 Spielen) oder Rechtsaußen Markus Sonnenberg (95 Tore), dem dienstältestens Spieler im Kader, der das Kunststück schaffte, alle 30 Saisonpartien zu absolvieren, sollen/wollen Hess und die Fraktion Nachwuchs die Konkurrenz vor maximal große Rätsel stellen. Zu viel Last für einzelne Spieler – unabhängig vom Alter – hält Scharfenberg sowieso nicht für hilfreich: „Wir sind gut darin, als Mannschaft aufzutreten.“ Und sollte das alles in etwa nach den Vorstellungen der Opladener laufen, weiß der Chefcoach offensichtlich längst ziemlich genau, wo sich das alles bei einem kühlen Getränk feiern lässt. Verraten hat er es bereits in jenem Interview von 2011: „Ich habe eigentlich alles hier, was ich brauche. In Opladen kann man super weggehen. Wir haben ganz viele Kneipen.“ Das Motto: Frag nach bei Scharfenberg. So geht Trainersuche eben manchmal.
Wer das Interview von 2011 mit Opladens Chefcoach in voller Länge sehen/hören mag, wird hier fündig. Es lohnt sich! https://www.youtube.com/watch?v=U-HBrbGlVfs