02. Oktober 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Hier ist die Wand: Beim Oberliga-Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach war die Sporthalle der Europaschule mehr als gut gefüllt. (Foto: Kai Tiegelkamp)
Die Tribünen sind voll, Zuschauer und Spieler heiß. Die Höhner tönen aus den Lautsprechern, der Anpfiff naht. Es ist Derbyzeit. 1. FC Köln gegen Borussia Mönchengladbach. Für viele Fans „das“ Rheinische Derby. Schauplatz dieses Duells ist an diesem Nachmittag allerdings nicht das RheinEnergie Stadion, sondern deutlich weiter südlich die Sporthalle der Europaschule. Und der Ball wird nicht mit den Füßen, sondern mit den Händen gespielt. Es ist das erste Mal, dass diese beiden Mannschaften in einem Ligaspiel aufeinandertreffen – die Fusion der beiden Verbände Niederrhein und Mittelrhein, zu denen die Kölner und die Gladbacher bislang getrennt gehörten, macht es möglich. Weil die Borussia im Sommer 2024 aus der viertklassigen Regionalliga absteigen musste und der FC den Sprung aus der Verbandsliga in die Oberliga schaffte, begegnen sich beide Teams auf Augenhöhe – wenn auch mit ganz unterschiedlichen Zielen. Die Gäste um Trainer Ronny Rogawska wollen den „Unfall“ Abstieg natürlich am liebsten sofort reparieren, während der neue Kölner Coach Hendrik Rachow seine Mannschaft erst einmal fest in der Oberliga etablieren möchte. Klar: Das Derby wollen dennoch beide Seiten für sich entscheiden. 60 Minuten lang begegnen sich die Teams dann auch auf der Platte tatsächlich auf Augenhöhe, die Begegnung ist spannend, das Finale dramatisch. Beim Stande von 20:20 bekommt Mönchengladbach vier Sekunden vor dem Ende einen Siebenmeter zugesprochen. Niklas Weis tritt an – und trifft zum 21:20-Sieg für den Favoriten, der damit beide Punkte mit an den Niederrhein nimmt.
„Wenn mir das vor der Saison jemand gesagt hätte, dass wir als Aufsteiger gegen den Absteiger so ein Ergebnis hinkriegen, hätte ich das auf jeden Fall unterschrieben. Es ist dann natürlich schade bei dem Spielverlauf, dass wir bei so einer tollen Kulisse nicht noch den einen Punkt irgendwie mitnehmen“, meinte FC-Coach Rachow, der mit dem Ergebnis aber nicht zu lange haderte: „Da muss man am Ende einfach anerkennen, dass die Gladbacher einen Funken erfahrener und abgeklärter sind als wir. Nichtsdestotrotz bin ich super-super-stolz auf die Jungs, was die da abgeliefert haben. Und ich habe das Gefühl, dass die jetzt Woche für Woche besser in der Liga ankommen.“ Auch im Derby waren die Kölner zunächst besser angekommen – und mit 2:0 (3.) in Führung gegangen. In der insgesamt sehr torarmen Partie drehte sich die Angelegenheit anschließend aber tendenziell zunächst für die Borussia – 4:2 (8.), 11:8 (24.). In den letzten sechs Minuten vor der Pause fiel nun kein einziger Treffer mehr und nach dem Seitenwechsel blieben Tore Mangelware. Die Gastgeber schienen dabei Mitte des zweiten Abschnitts trotzdem plötzlich Oberwasser zu bekommen, denn aus dem 11:14 (44.) machte der FC den 15:15-Ausgleich (52.). Klar: Die überwiegend in rot und weiß gekleideten Zuschauer auf der Tribüne witterten den großen Wurf und feierten ihr Team für jede gelungene Aktion.
Abgehoben: Moritz Holtermann (beim Wurf) war für seinen 1. FC Köln im Derby fünf Mal erfolgreich. Am Ende hatten aber die Gäste um Marko Markovic (Nr. 33) und Jordi Weisz (Nr. 22) die Nase vorn. (Foto: Kai Tiegelkamp)
In der Schlussphase nutzten beide Seiten ihre Chancen etwas besser. Die Borussia legte immer einen Treffer vor, die Kölner glichen aus – bis Weis mit seinem Wurf vom Siebenmeter-Strich das letzte Wort behielt. „Es waren zwei Mannschaften, die in der Abwehr gut standen. Wir hatten bei uns im Tor Matthias Hoffmann, der mit Sicherheit mehr als einen Teil dazu beigetragen hat, dass wir als Sieger von der Platte gehen. Wir hatten zu wenig Durchschlagskraft im Rückraum, obwohl wir uns teilweise gute Chancen am Kreis ausgespielt haben. Da haben wir, glaube ich, sieben Hundertprozentige vergeben. Wir haben vom Rückraum eine Quote von 30 Prozent. Und das wird irgendwann zum Verhängnis nach hinten raus, wo es nochmal richtig eng wurde. Wir haben dann einen kühlen Kopf bewahrt und am Ende das Quäntchen Glück“, meinte Gladbachs Trainer Rogawska. Unabhängig von Ausgang der Partie bewiesen alle Anwesenden in der Halle eins: Derby geht auch in anständig. Ohne Anfeindungen und Gewalt, ohne Polizeikräfte und getrennte Zuschauerblöcke. Dass nicht jede Aktion oder Schiedsrichterentscheidung unkommentiert blieb – geschenkt. Niemand schoss übers Ziel hinaus und alle Sicherheitsbedenken, die der eine oder andere Verantwortliche bei der Gruppeneinteilung der Oberliga mit dem Blick auf das „Rheinische Derby“ vielleicht hatte, waren unbegründet. Diese Begegnung war weitgehend reine Werbung für den Handball – obwohl die Partie sicher ein paar mehr Tore hätte vertragen können. Von der Stimmung an diesem Samstag in der Sporthalle der Europaschule könnten sie sich ein paar Kilometer nördlich im RheinEnergie Stadion aber manchmal noch das eine oder andere abschauen.
1. FC Köln: Boldt, Dosch, Kaese – Hemmersbach, Klaus, N. Holtermann (1), Wahle (2), May, Urmetzer (1), Effertz (6), M. Holtermann (5/2), Hombrink (1), Franzen (4), Augustat.
Borussia Mönchengladbach: Hoffmann, Lyrmann – Prinz, Jennes (2), Weis (5/5), Bremges, Semrau (2), Weisz (1), Berner (2), Westhofen (1), Nix (1), Lipok (2), Markovic, Roth (1).