24. Oktober 2024 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Witzig finden sie das alle nicht. Erwartet hatten sie es auch nicht, der eine oder andere schon gar nicht in dieser Form. Tatsache ist aber, dass nach einem Viertel der Saison sowohl der Drittletzte TV Aldekerk (4:12 Punkte) als auch der Vorletzte TV Korschenbroich (2:14) und vor allem der Letzte Bergische Panther (1:15) mit dem Rücken zur Wand stehen. Und falls das denn überhaupt möglich ist: Zumindest einem aus diesem Trio dürfte nach dem neunten Spieltag noch weniger Spielraum für die kommenden Wochen und den weiteren Kampf um den Klassenerhalt zur Verfügung stehen: Korschenbroich erwartet die Panther. Mehr Frust bei einem der Beteiligten geht kaum und mehr Ähnlichkeit im bisherigen Saisonverlauf auch kaum. Beide bekommen es einfach gar nicht oder nicht ausreichend lange in einer Partie hin, einen fatalen Mix aus Fehlern sowie mangelhafter Chancenverwertung so abzustellen, dass es zu etwas Zählbarem reicht. Dabei standen die Panther zweimal dicht vor einem Sieg – zum Saisonstart am 31. August beim unglücklich entstandenen 23:24 gegen das ebenfalls im unteren Drittel steckende HLZ Friesenheim-Hochdorf II (13./4:10) und am 28. September, als sie bei der HSG Hanau (Dritter/12:4) mit dem 24:24 in letzter Sekunde nicht weniger dramatisch den Erfolg verpassten. Keine Frage von Glück oder Pech waren dagegen andere Niederlagen – und schon gar nicht jenes 26:32 vom vergangenen Samstag gegen die HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II (Achter/8:8), das den Platz der Panther am Tabellenende zusätzlich zementierte. Das wiederum hatte kurz darauf direkte Konsequenzen für Trainer Erwin Reinacher, der sein Amt erst vor ein paar Monaten als Nachfolger von Marcel Mutz angetreten hatte: Die Panther haben sich jetzt von Reinacher getrennt.
Der ebenso sehr oft übliche wie langweilige bis vorhersehbare Schritt kann im Übrigen als das klare Eingeständnis eines eigenen personellen Fehlgriffs gelten – weil Reinacher und seine Arbeitsweise/Handschrift im Verein unter anderem aus vorheriger Tätigkeit bei der zweiten Mannschaft (Verbandsliga) bekannt sein mussten. Gleichzeitig wurden die Panther nun in ihrer misslichen sportlichen Situation tatsächlich bei der Suche nach einer Neu-Besetzung direkt fündig und das wiederum hatte mit dem rasanten Absturz des Nachbarn HG Remscheid zu tun, bei dem die für die erste Mannschaft finanziell federführende Betriebs- und Marketing GmbH kürzlich ihre Zahlungsunfähigkeit/Insolvenz erklärt hatte. Dieser Paukenschlag führte rasch zum Abgang einiger Spieler – und auch die Panther griffen beherzt zu, denn bereits gegen Dutenhofen stand der bisherige Remscheider Sebastian Schön mit auf der Platte. Der Höhepunkt im Niedergang der HGR, die vor noch gar nicht sehr langer Zeit ziemlich kühn von der 3. Liga erzählt hatte und nun selbst das Thema Regionalliga rasant gegen die Wand gefahren hat: Am Montag erklärte der Verein gegenüber dem Verband den sofortigen Rückzug der ersten Mannschaft, die deshalb als erster Absteiger feststeht. Ebenfalls wenig überraschend, sondern genauso kalkulierbar/absehbar wie der Reinacher-Abschied: Die im Sommer als Trainerteam nach Remscheid gekommenen Alexander Oelze (zuletzt Interaktiv.Handball) und Jens-Peter Reinarz brauchten, da sich das Remscheider Aus längst angedeutet hatte, keine Sorge um eine neue Beschäftigung zu haben und keine lange Bedenkzeit – und sie sagten den Panthern auf deren Anfrage hin recht bald zu. Oelze und Reinarz, der bis vor ein paar Monaten ja für die Panther als Spieler unterwegs war und deshalb mit den Verhältnissen dort allerbestens vertraut ist, haben bereits das Training geleitet und sie starten am Samstag in Korschenbroich den Versuch einer Wende für den zurzeit im Sturmtief steckenden Handball im Bergischen.
Die Entwicklung werden sie rund um die Waldsporthalle sicher sehr intensiv beobachtet haben. Dass es TVK-Trainer Frank Berblinger dort ähnlich geht wie dem Kollegen Reinacher, steht allerdings nicht zu erwarten – es sei denn, jemand käme theoretisch auf die völlig wahnwitzige Idee, es eventuell mit einem Ringtausch zu versuchen. Trotz allem weiß der ehemalige Bundesligaspieler Berblinger (47) natürlich, dass es für ihn und seine Mannschaft ebenfalls um eine Menge geht: Wer mit dem 27:24 vom 7. September gegen den Mit-Aufsteiger VTV Mundenheim (Zwölfter/5:11) erst ein einziges Mal gewonnen und danach fünf Mal in Folge verloren hat, braucht ziemlich zügig wieder einen Erfolg, um den Kontakt zum rettenden Ufer nicht zu verlieren. Dass Korschenbroich die für die 3. Liga nötigen spielerischen Mittel im Portfolio hat, zeigte es dabei gerade zuletzt beim klaren Favoriten TV Gelnhausen (Zweiter/14:0 Punkte) mit einer in der ersten Halbzeit weitgehend auf Augenhöhe ablaufenden Partie und dem 11:11 in der 23. Minute – das auf das Konto von Henrik Schiffmann ging. Dass der Linkshänder kurz darauf verletzt nicht mehr weitermachen konnte, war einer der wesentlichen Gründe für den Korschenbroicher Niedergang in der zweiten Halbzeit bis hin zum 24:37-Endstand. Hinterher kündigte Berblinger an, dass sich der TVK natürlich nicht aufzugeben gedenkt: „Wir müssen spätestens jetzt anfangen, die nächsten Punkte zu holen. Das werden wir auch machen. Wir werden uns vernünftig vorbereiten und sehen, dass wir die ganzen Verletzungen über die Woche wieder in den Griff kriegen. Dann sind wir auf jeden Fall so weit, dass wir wieder angreifen werden.“ Eine Art Rücksichtnahme darauf, dass die Panther irgendwie einen Neustart hinbekommen wollen, ist in seinen Planungen für den Samstag bestimmt nicht vorgesehen.
In der DNA des TV Aldekerk finden Gedanken wie Resignation oder Aufgeben offensichtlich überhaupt keinen Raum – auch nicht vor dem Heimspiel gegen den Longericher SC (Sechster/9:7). Anders hätte der TVA wohl weder sein erstes Jahr in der 3. Liga überstanden und erst recht nicht im zweiten nach einem mega-durchwachsenen Start (2:18 Punkte) die Kurve zum Klassenerhalt bekommen. Nächste Herausforderung im Kampf um den Klassenerhalt und gegen sich selbst: Am vergangenen Wochenende musste sich Aldekerk trotz einer Zwei-Tore-Führung (56./27:25) kurz vor Schluss in Mundenheim mit 25:27 geschlagen geben – was eigenes Verschulden war und nicht etwa einer Übermacht der Hausherren entsprang und in der Summe eben einen hohen Preis forderte. Trainer Tim Gentges stellt zunächst klar, dass er bei seiner Linie bleiben will: „Ich glaube, dass einige Spieler, vor allem unsere jungen Spieler, auch daran gewachsen sind, obwohl wir verloren haben. Jeder einzelne Spieler hat die richtigen Schlüsse daraus gezogen, das hat man schon direkt nach dem Spiel gemerkt. Wenn man mal eine Fehleinschätzung der Situation macht und man ist noch jung, gibt es keine effektiveren Lernsequenzen als das. Wir werden weiter diesen Weg mit den jungen Leuten gehen, das macht einen Riesenspaß und die werden natürlich auch jetzt am Wochenende ihre Einsatzzeiten kriegen.“ Dass die Aufgabe gegen den LSC allerhöchste Ansprüche stellt, ergibt sich ohnehin von selbst und wird unter anderem beim Blick in die Vergangenheit mit vier Niederlagen in der bisherigen gemeinsamen Drittliga-Geschichte klar – 22:28 am 12. November 2022, 27:37 am 18. Februar 2023 in Köln, 31:35 am 16. Dezemer 2023 in Köln, 24:32 am 25. Mai 2024 zum Saison-Abschluss. „Ich glaube, es wäre vermessen zu sagen, dass wir uns die Punkte gegen den LSC auf Biegen und Brechen wiederholen müssen, die wir in Mundenheim haben liegen lassen“, sagt Gentges, „es ist wichtig, gegenzuhalten, ein gutes Spiel zu liefern, sich an den Matchplan zu halten und den Jungs aus Köln einen Kampf zu bieten, emotional wie auch sportlich, und das Spiel so lange wie möglich eng zu halten. Meine Jungs haben Bock. Das wird eine spannende Sache, denn das war in den letzten Jahren immer eine sehr hohe Hürde für uns. Auch wenn Longerich schwankende Ergebnisse hat, sind sie für mich immer noch eine Top-Mannschaft.“ Dass ihm womöglich nicht das komplette Stammpersonal zur Verfügung steht, trägt er beinahe gelassen: „Wir haben verletzungs- und krankheitsbedingt ein paar Ausfälle und wir müssen mal sehen, wie viele Leute den Weg noch auf die Bank finden.“
Die Komplimente aus Aldekerk hört LSC-Coach Chris Stark gerne und für ihn sind jene schwankenden Ergebnisse wie für Gentges auf einen seit einiger Zeit nicht gerade geringen Kranken-/Verletztenstand zurückzuführen. „Das sind für uns Seuchenwochen“, findet Stark, „wir kommen, was die Personalsituation angeht, einfach nicht ins Rollen. Uns bleibt das Pech treu. Dann schafft man es nicht, in den Trainingseinheiten die nötige Sicherheit zu bekommen. Ich dachte, dass es eigentlich nicht mehr schlimmer werden kann, aber es ist noch einmal angezogen. Gerade im Rückraum und am Kreis gehen uns die Alternativen aus.“ Auf seiner Liste der Ausfälle stehen weiter Malte Nolting (Bänderriss Ellbogen), Nico Pyszora (Bänderriss Daumen) und wieder Benjamin Richter (Entzündung Schulter). Erwischt hat es zudem Lennart Niehaus, der am Anfang der Woche wegen einer schweren Mandelentzündung im Krankenhaus behandelt werden musste. Sollte darüber hinaus im angeschlagenen Jonas Kämper der bisher beste Longericher Werfer ausfallen (60 Treffer/nach Feldtoren die Nummer eins der Drittliga-Torjäger) ausfallen, wäre der Rückraum zusätzlich geschwächt. „Das würde unsere Chancen deutlich minimieren, das wäre der absolute Super-GAU“, meint Longerichs Trainer, der sich auf einen harten Kampf einrichtet: „Gerade zu Hause ist Aldekerk eine Mannschaft, die absolut konkurrenzfähig ist, die da sehr stark über die Emotionen kommt und sehr gefährlich ist. Trotzdem gilt es natürlich, mit Zuversicht hinzufahren, mit Freude und Spaß ans Spiel ranzugehen und mit positiven Gedanken. Man sollte immer nicht müssen, sondern wollen.“
Die Freude und den Spaß am Spiel brachten zuletzt der Spitzenreiter HSG Krefeld Niederrhein (16:0 Punkte) und der Überraschungs-Vierte TuS 82 Opladen (10:6) auf die Platte – wobei die Ziele beider Klubs nicht unterschiedlicher sein könnten: Während die Eagles in dieser Saison unbedingt in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga einziehen und dort 2025 im nächsten Anlauf den Sprung nach oben verwirklichen wollen, geht es für die Opladener in erster Linie „nur“ darum, sich mit dem Blick nach unten aus allem herauszuhalten, was gefährlich werden könnte. So klang damals vor dem Saisonstart das Ziel von Trainer Stefan Scharfenberg: „Mit unseren Mitteln kann es nur darum gehen, so früh wie möglich die für den Klassenerhalt nötigen Punkte zu holen. Es wäre ein toller Erfolg, wenn es einstellig wäre.“ Was für Opladen spricht: Alle wissen, dass der Plan trotz der starken Zwischenbilanz und des 37:29 zuletzt gegen die HG Saarlouis (Siebter/8:8) kein Selbstläufer wird – die bevorstehende Aufgabe beim Elften TV Kirchzell (7:9) gleichfalls nicht. „Wir treffen auf einen harten Brocken, der Aufsteiger ist in der Liga angekommen“, findet Scharfenberg, „die werden brennen und auch versuchen, ihren positiven Lauf weiterzuführen. Wir sind gewarnt, wir bereiten uns gut vor und wir freuen uns drauf. Wir erwarten ein kampfbetontes Spiel und einen Gegner mit einer starken Defensive und klaren Abläufen im Angriff.“
Geschenke erwarten im Übrigen wie die Opladener auch die Krefelder kaum, die darauf nach den jüngsten Eindrücken wohl sowieso nicht angewiesen sind. Mir dem 37:24 über den nun einstigen Titelkontrahenten Saase3 Leutershausen (Fünfter/10:6) setzte die Mannschaft von Trainer Mark Schmetz ein klares Ausrufezeichen hinter ihre Titelambitionen. Weitere Gelegenheiten dazu bieten die Aufgaben am Samstag bei der HG Saarlouis und am 3. November bei der HSG Hanau, dem aktuellen Dritten und momentan einzigen halbwegs ernsthaften Verfolger. Erstaunlich: Nach Hanau sind zehn Spieltage vorbei – und Krefeld hätte bereits sieben Mal auswärts antreten müssen und nur drei Mal zu Hause antreten können. Anschließend geht es über das Duell am 16. November bei den Bergischen Panthern zum Gipfeltreffen am 23. November nach Gelnhausen. Dort dürfte, falls alles wie bisher läuft, die bisher größte Gefahr drohen. Dass Krefeld die Aufstiegsrunde (zwei Tickets zu vergeben) verpassen könnte, glaubt gleichzeitig längst niemand mehr.