13. Februar 2025 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Was fällt uns noch ein? Nach zwei Dritteln der Saison ist guter Rat in Aldekerk ziemlich teuer. Trainer Tim Gentges (Mitte) hofft erst mal „nur“, dass er zusammen mit Thomas Brockmann (Nummer 31), Ante Simic (ganz links), Jonas Mumme (2), Maximilian Tobae (22), David Hansen (24) und dem gesamten Team den Plan für eine kämpferisch überzeugende Leistung voller Leidenschaft entwickeln kann. Dass die zuletzt durchaus bissigen Bergischen Panther darauf viel Rücksicht nehmen, glaubt beim TVA aber keiner. (Foto: Carsten Wulf)
Wenn sie sich selbst täuschen wollen, greifen sie auf die vergangene Saison zurück – und kommen dann zu dem Schluss, dass noch alles möglich sei und sich das Wunder wiederholen könnte. Damals standen schließlich nach 19 Spieltagen genau 8:30 Punkte auf dem Konto – wie jetzt vor Kurzem, ein Jahr später. Der Unterschied: Seinerzeit begann ein ziemlich irrer Endspurt durchs letzte Drittel der Saison und die Mannschaft ließ auf der Platte auch Leistungen mit Leidenschaft und Emotionen folgen. Am Ende ging der TV Aldekerk dann tatsächlich als Viertletzter über die Ziellinie und durfte damit den Klassenerhalt feiern. Diesmal fehlt fast jede Fantasie dafür, wie das Team der Trainer Tim Gentges und Nils Wallrath ein ähnliches Kunststück bewältigen sollte. Und nach dem Vollcrash am vergangenen Samstag reicht den Aldekerkern auch kein normales Wunder mehr, denn nur eine Woche nach dem bereits desaströsen 24:42 beim Zweiten TV Gelnhausen (37:3) gab es ein noch schlimmeres 23:42 gegen den TV Kirchzell (Sechster/23:17). Es war exakt jenes Kirchzell, das sieben Tage zuvor mit 33:35 bei den Bergischen Panthern den Kürzeren gezogen hatte – was den Hausherren ein weiteres Plus an Luft für den Kampf um den Klassenerhalt verschaffte. Dann legte das Team des Panther-Trainergespanns Alexander Oelze/Jens-Peter Reinarz sogar nach und sicherte sich gegen die HSG Hanau (Neunter/20:20) einen 32:31-Sieg, der das Konto auf 12:28 Punkte stellte. Folge: Von Rang zwölf aus haben die Panther plötzlich wie die gleichauf liegende TSG Haßloch (13./12:28) ganz gute Aussichten, während sich Aldekerk (8:32) sowie die VTV Mundenheim (7:33) und der TV Korschenbroich (7:33) eher mit dem Gedanken beschäftigen müssen, dass sie 2025/2026 nicht mehr der 3. Liga angehören. Dass ausgerechnet jetzt die Panther am Freitag nach Aldekerk kommen, passt irgendwie: Am 16. Februar 2024 begann der TVA mit einem 37:26 über die Gäste aus dem Bergischen seine Mission Rettung. Und jetzt ist die Lage ebenso unromantisch wie damals: Aldekerk muss gewinnen. Unbedingt. Gegen Panther, die zurzeit ziemlich stabil daherkommen und sicher das Zeug dazu haben, das sportliche Schicksal des TVA knapp drei Monate vor dem Ende der Saison zu besiegeln. Verliert der Drittletzte, kommt er mit 99,99 Prozent an Sicherheit nicht mehr über den Strich. Dann wären die Panther nicht mehr in Reichweite und es bliebe allenfalls der verzweifelte Blick zur TSG Haßloch.
Und vor vielen anderen Partien wäre eine Personalie wie dieser geeignet gewesen, für zusätzliche Brisanz zu sorgen: Das Aldekerker Trikot trägt inzwischen Ante Simic, der noch gegen Ende 2024 für die Panther auf der Platte stand (zuletzt am 7. Dezember beim 41:32 gegen Haßloch), für seinen ehemaligen Verein insgesamt bei 13 Einsätzen auf 84 Treffer kam, damit weiter dessen erfolgreichster Werfer in der aktuellen Serie ist und nun auf seinen Ex-Klub trifft. Bislang führt im Übrigen auch dieser Wechsel in eine verkehrte Welt, denn Aldekerk bezog trotz des bisher zweimaligen Mitwirkens von Simic eben die Ohrfeigen in Gelnhausen (drei Tore von Simic) und gegen Kirchzell (zwei), während die Panther aus bislang sechs Auftritten ohne den Rückraumspieler auf 6:6 Punkte blicken. Nicht weniger erstaunlich: Der TV Aldekerk verlor mit Simic zweimal haushoch – und die Panther gewannen just ab dem Zeitpunkt, als der Wechsel ihres Top-Schützen offiziell abgewickelt und auf der Platte zu sehen war, in zwei Duellen, für die sie nicht unbedingt als Favorit gelten mussten. Wie weit sich die Freitags-Gegner in den vergangenen Wochen voneinander entfernt haben, zeigt nebenbei auch ein Blick aufs Torverhältnis – minus 52 bei den Panthern, minus 129 beim TVA, der gerade mit dem schwächsten Angriff (521 Tore in 20 Spielen) und der drittschwächsten Abwehr (650 Gegentreffer) unterwegs ist.
Panther-Trainer Oelze (41), der sich als ehemaliger Erstliga-Handballer (HBW Balingen-Weilstetten, Bergischer HC) bestens in alle Sitationen hineindenken kann, rechnet trotz aller Sorgen beim TVA oder gerade deshalb mit dem größten möglichen Widerstand: „Wir freuen uns darüber, dass wir eine Serie starten konnten auch gegen Teams, die in der Tabelle deutlich besser dastehen. Das hilft uns sehr und gibt natürlich Selbstvertrauen und Zuversicht für die kommenden Aufgaben. Das wird jetzt trotzdem sehr, sehr schwer am Freitag. Aldekerk steht mit dem Rücken zur Wand und hat die letzten Spiele nicht so überzeugend gespielt. Aber sie spielen zu Hause und die Halle wird voll. Ich glaube, dass viele Emotionen von der Tribüne aufs Feld kommen. Für uns geht es darum, selber emotional zu sein – aber nicht zu überpacen. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren, damit wir unsere spielerische Leistung auch aufs Parkett kriegen. Außerdem hat Aldekerk immer noch sehr gute Spieler in seinen Reihen. Es wäre fatal von uns, wenn wir das irgendwie auf die leichte Schulter nehmen. Wir bereiten uns konsequent und absolut gewissenhaft vor, zumal wir in Phasen immer noch ein paar Schwankungen drinhaben. Für uns geht es auch darum, auf einem guten Grundlevel zu spielen und solche extremen Schwankungen zu vermeiden.“ Sicher ist auf jeden Fall, dass die Panther nach 11:13 Punkten aus zwölf Spielen mit Oelze/Reinarz deutlich zuversichtlich sein werden als die Aldekerker, die in der Hinrunde im Bergischen einen 33:29-Erfolg auf die Anzeigetafel brachten.
Obwohl sich Dinge seit jenem 3. Oktober 2024 ins Gegenteil verkehrt haben, dürfen die Aldekerker mit diesem Sieg wenigstens einen Funken an Hoffnung verbinden – weil sie ein erneuter Erfolg erstens auf zwei Zähler an die Panther heranbrächte und gleichzeitig den am Ende der Saison bei Punktgleichheit entscheidenden direkten Vergleich als gewonnen für den TVA führen würde. Diesen womöglich wichtig werdenden direkten Vergleich mit dem unmittelbaren Panther-Nachbarn Haßloch hat der TVA dabei schon auf seiner Seite – 30:30 in Haßloch, 30:27 im Heimspiel. Tim Gentges weiß das alles und er ist trotzdem bemüht, den ganz großen Druck wenigstens ein bisschen zu reduzieren und den Fokus auf andere Bereiche zu lenken. „Über die Bedeutung und die Brisanz dieses Spiels muss ich kein Wort verlieren“, sagt der Aldekerker Trainer, „das ist für uns die letzte Ausfahrt. Sollten wir das verlieren, dann können wir unsere Planungen eindeutig in eine gewisse Richtung lenken.“ Seiner Ansicht nach sind nicht Niederlagen als solche das Problem: „So, wie wir die letzten beide Spiele verloren haben oder vier, fünf Spiele dieses Jahr mit so einer Leistung und so einem Auftreten, das ist schon schwer zu verkraften. Das darf nicht sein und wir müssen es einfach schaffen, ein Spiel hinzulegen, wo wir uns am Ende des Tages alle gegenseitig angucken uns sagen können – ja, wir haben alles gegeben, egal, ob das gereicht hat oder nicht. Wir müssen aufrichtig zueinander sein können. Das ist das Entscheidendste, was wir am Wochenende machen müssen. Vielleicht müssen wir auch ein bisschen freier im Kopf einfach Handball spielen und nicht Handball arbeiten. Ich glaube, das würde weiterhelfen mit dem Spaß daran und dass wir das Spiel mal wieder genießen, ohne eine Tabelle oder Punkte im Kopf zu haben.“ Ob sich das in die Tat umsetzen lässt, ist eine andere Frage. Falls ja, macht es die Aldekerker wohl doppelt gefährlich – wie es eben einer sein kann, der beinahe nichts mehr zu verlieren hat.
Von einem Rückschlag erholen und wieder berappeln muss sich auch der Tabellenletzte TV Korschenbroich, dessen jüngstes 26:27 gegen das HLZ Friesenheim-Hochdorf II (Elfter/13:27) die Chancen auf den Klassenerhalt noch einmal massiv reduziert hat – zumal auf die Mannschaft von Trainer Frank Berblinger jetzt vor der Karnevalspause zwei anspruchsvolle Aufgaben zukommen. Dabei wartet am Samstagabend zunächst die nur gut 20 Kilometer kurze Dienstreise zum ungeschlagenen Spitzenreiter HSG Krefeld Niederrhein (39:1), der seit Wochen/Monaten nicht müde wird, die Partie vollmundig als „Derby des Jahres“ anzukündigen. Viel Spannung ist dabei allerdings nicht zu erwarten und derart viel Phantasie, sich einen Sieg oder auch nur einen Punkt vorzustellen, haben sie selbst in Korschenbroich kaum. Es wäre nicht mal eine besonders große Überraschung, wenn sich das Ergebnis in einer ähnlichen Größenordnung bewegt wie bei der 28:39-Heimniederlage in der Hinrunde. Vielleicht schafft der TVK jedoch eine überzeugende Leistung, die ihm was bringt mit dem Blick auf das Restprogramm – was herausfordernd genug wird. Vor der Meisterschafts-Unterbrechung über die tollen Tage geht es nach dem Auftritt in Krefeld immerhin am 22. Februar noch zur TSG Haßloch, die gerade zusammen mit den Bergischen Panthern das rettende Ufer markiert, und direkt danach wartet das Heimspiel gegen den Zweiten TV Gelnhausen (37:3), der sich wie Krefeld auf dem besten Weg in die Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga befindet.
Als Nummer eins hinter den beiden Titelfavoriten in der Gruppe Süd-West in der 3. Liga hat sich inzwischen fest der Longericher SC etabliert und das Team von Trainer Chris Stark verfügt bei eigenen 30:10 Zählern zurzeit über einen Vier-Punkte-Vorsprung sowohl auf den Vierten HG Saarlouis als auch auf den Fünften Saase3 Leutershausen (jeweils 26:14). Nun sind die beiden nächsten Aufgaben bestens geeignet, die Dinge innerhalb dieses Dreiecks-Verhältnisses weiter zu klären: Am Samstag tritt der LSC in Leutershausen an und am 22. Februar kommt Saarlouis nach Köln. Nach den Resultaten aus der Hinrunde deutet alles auf eine Menge Arbeit hin – 25:34 gegen Leutershausen, 33:33 gegen Saarlouis. Der Plan der Longericher liegt dennoch auf der Hand: Sie würden in den direkten Duellen liebend gerne unter Beweis stellen, dass sie zu Recht auf Rang drei stehen. Und sie würden sich dann mit noch mehr Begeisterung in der Karnevals-Hochburg Köln in die tollen Tage stürzen. „Das sind für uns Topspiel-Wochen“, sagt Stark, „sollten wir beide Spiele gewinnen, würden wir auf beide sechs Punkte Vorsprung haben, und das wäre natürlich ein tolles Polster. Bereits in Leutershausen kommt eine Riesen-Aufgabe auf uns zu, auf die wir uns aber mega freuen. Wir sehen uns tatsächlich beflügelt durch die aktuelle Tabellensituation, wir haben überhaupt keinen Druck. Wir erwarten ein 50:50-Spiel. Die Tagesform wird entscheiden, die Torhüter werden entscheiden. Im Hinspiel waren wir chancenlos und wir brennen da durchaus auf Revanche und wir wollen die Punkte ganz gerne mit nach Köln nehmen.“ Was die Aufgabe bestimmt nicht einfacher macht: Malte Nolting, am Kreis und in der Abwehr eine wichige Säule für Longerich, wird zwar in der Saison 2025/2026 weiterhin das LSC-Trikot tragen – dafür aber ab sofort in der laufenden Serie nicht mehr. Nolting spielt für den Rest der Saison 2024/2025 beim TuS Ferndorf in der 2. Bundesliga.
Eine Berg- und Talfahrt macht im Jahr 2025 bisher der gerade zuletzt von massiven personellen Problemen geplagte TuS 82 Opladen mit – 33:29 beim TV Aldekerk, 28:35 gegen die HSG Nieder-Roden (Achter/20:20), 29:27 bei der HSG Dutenhofen-Münchholzhausen II (Zehnter/18:22), 26:26 gegen den TV Korschenbroich und am vergangenen Freitag 24:33 gegen Longerich, als Trainer Stefan Scharfenberg praktisch auf eine komplette erste Sechs mit im Grunde kaum zu ersetzenden Stützen wie Oliver Dasburg (Hand) und Markus Sonnenberg (Finger) verzichten musste. Hier wären die Opladener ohne Christopher Göddertz, Lars Branding (beide zweite Mannschaft/Oberliga) und Tjade Wilms (A-Jugend) nicht mal spielfähig gewesen und selbst mit den drei Aushilfen waren insgesamt nur zehn Feldspieler an Bord. Prognosen sind deshalb riskant, obwohl Opladen normalerweise für die bevorstehende Partie zum Anschluss des 21. Spieltages am Sonntag um 17 Uhr beim HLZ Friesenheim-Hochdorf II kein krasser Außenseiter sein dürfte. Geschenke wird es allerdings definitiv keine geben, weil die Gastgeber trotz ihres Siegs zuletzt in Korschenbroich weiter für den Klassenerhalt punkten und deshalb liebend nachlegen würden.