Regionalliga Nordrhein
Das heimliche Spitzenspiel: Ratingen gegen Essen
Interaktiv liegt nach fünf Siegen in Folge vor Bonn und Dormagen II an der Spitze, TuSEM II nach vier Siegen auf Kurs zum Klassenerhalt - in den mehr als die halbe Klasse verwckelt ist.

Fingerzeige: Für die TSV Bonn rrh. mit Trainer Florian Benninghoff-Lühl (Mitte) geht es jetzt in erster Linie darum, die starke Position unter den drei Top-Teams zu behalten. Zuletzt sah es fast danach aus, dass sich die Bonner aus dem Kampf um die Meisterschaft verabschieden und Interaktiv sowie Dormagen II den Vortritt lassen müssen. (Foto: Thomas Schmidt)

Das Feld scheint sich klarer zu sortieren und zumindest an der Tabellenspitze sogar kleiner zu werden. Mit drei aussichtsreichen Kandidaten für die Meisterschaft war die Regionalliga ins neue Jahr gegangen, doch nach fünf Spieltagen sind wohl nur noch zwei übrig – der Spitzenreiter Interaktiv.Handball (26:4 Punkte) und der Dritte TSV Bayer Dormagen II (22:6). Die zwischen beiden liegende TSV Bonn rrh. (23:9) war zwar am Ende des Jahres 2024 noch Erster und bloß mit zwei Minuspunkten belastet, hat sich jedoch für den Augenblick nach 3:7 Zählern für die vergangenen fünf Spiele aus dem Kampf um die Spitze verabschiedet. Nach einem 32:32 beim MTV Rheinwacht Dinslaken (Zwölfter/7:25), einem 30:33 bei der HSG Refrath/Hand (Sechster/17:15) und dem 36:30 gegen den BTB Aachen (Zehnter/14:18) folgten zwei Niederlagen – 30:31 gegen TuSEM Essen II (Achter/14:16), 19:30 bei Interaktiv. Essener und Ratinger sind dagegen mit 8:0 und 10:0 Punkten sehr stark gestartet ins Jahr gestartet und vielleicht gerade das Maß vieler Dinge – wie das 35:32 für TuSEM II zuletzt gegen Dormagen und der hohe Sieg der Ratinger gegen Bonn beweisen. Dass die beiden Dauer-Gewinner des neuen Jahres jetzt in Ratingen aufeinandertreffen, ist damit irgendwie auch ein Spitzenspiel, obwohl es für die Essener unverändert „nur“ um den Klassenerhalt geht. Jene 14 Punkte, bei denen auch der Siebter HC Gelpe/Strombach (14:16) sowie der Neunte Unitas Haan (14:18) und der Zehnte BTB Aachen (14:18) zu finden sind, markieren schließlich den Beginn der Sicherheitszone, aus der allerdings am Ende nicht alle den Klassenerhalt schaffen werden. Auf einem tausend Grad heißen Stuhl sitzt dahinter die HSG Siegengebirge (11:21), während der MTV Rheinwacht Dinslaken (7:25) und erst recht der Bergische HC II (3:29) im Grunde nicht mehr zu retten sind. Wer ins Hauen und Stechen ganz unten verwickelt ist, dürfte vor allem eins tun: Er wird Woche für Woche ganz genau verfolgen, was in der 3. Liga passiert. Die Zahl der Absteiger von dort in den Verband Handball Nordrhein entscheidet schließlich darüber, wie viele Klubs runter in einer der drei Oberligen müssen.

Das Grundmodell in den Durchführungs-Bestimmungen des Verbandes geht von einem Aufsteiger in die 3. Liga aus (das Recht dazu haben allein die Teams bis zu Platz drei) sowie drei Aufsteigern aus der Oberliga (jeweils einer aus den drei Gruppen). Damit wäre die Stärke der künftigen Regionalliga zunächst bei 13 Klubs – bei einer vorgesehenen Sollstärke von 14 Vereinen. Nun kommt es auf den Blick in die 3. Liga an, die alle in der Etage tiefer im ersten Moment sogar träumen lässt: Bei keinem Absteiger aus der höheren Klasse in den Nordrhein müssen tatsächlich lediglich zwei Mannschaften die Regionalliga verlassen. Die sofortige Einschränkung: Das wird so nicht passieren. In der Gruppe Süd-West sind zurzeit der TV Aldekerk und der TV Korschenbroich dermaßen stark gefährdet, dass ein Abstieg viel wahrscheinlicher ist als der Klassenerhalt – und in der Gruppe Nord-West sieht es für den VfL Gummersbach II nicht viel anders aus. Daraus ergibt sich, dass es im Augenblick bei drei Drittliga-Absteigern zu fünf Absteigern aus der Regionalliga käme. Auf dieses Kontingent wäre dann die zurückgezogene HG Remscheid anzurechnen, sodass vier Kandidaten übrig blieben. Das bedeutet nach dem Jetzt-Stand, dass neben Remscheid die HSG Siebengebirge, der MTV Rheinwacht Dinslaken und der Bergische HC II als künftige Oberligisten in Frage kommen – mehr oder weniger intensiv. Erwischen würde es darüber hinaus die Aachener, die bei identischer Punktzahl vier Tore schlechter liegen als die Unitas Haan direkt davor. Weil am Ende bei Punktgleichheit der direkte Vergleich über die genaue Position entscheidet und vielleicht mehr als nur zwei Vereine gleichauf über die Ziellinie kommen, ist ein maximal spannendes letztes Drittel der Saison zu erwarten.

In drei Partien des 18. Spieltages droht nun zwei Mitgliedern des Spitzentrios vielleicht größere Gefahr – und den Ratingern gegen Essen zumindest eine ganze Menge Arbeit. Daneben geht es für die Bonner gegen Vierten OSC Rheinhausen (18:12) zunächst vor allem darum, wieder ein Team aus der Spitzengruppe aufzutreten – ziemlich unabhängig von den Chancen auf die Meisterschaft. So hatte es direkt nach der Niederlage bei Interaktiv auch TSV-Trainer Florian Benninghoff-Lühl gesehen: „Leider haben wir in einem Top-Spiel nicht die Leistung gebracht von einer Mannschaft, die sich recht weit oben in der Tabelle verortet.“ Ähnliches gilt für Dormagens Zweite, deren Coach Moritz Adam im Anschluss ans 32:35 in Essen am Ende die nötigen Emotionen vermisste und deshalb noch deutlicher geworden war: „Wir müssen uns gut überlegen, welchen Weg wir in den nächsten Wochen einschlagen wollen.“ Ein Spaziergang dürfte die Aufgabe beim HC Weiden (Fünfter/17:11) ohnehin kaum werden, obwohl sich die Weidener eher in der Außenseiterrolle sehen. „Sie dürfen jetzt eigentlich nichts mehr liegen lassen“, findet HC-Trainer Marc Schlingensief, „der Druck liegt also klar bei Dormagen – mit Blick auf deren Kaderstruktur von 22 Feldspielern plus Leihgaben aus der ersten Mannschaft tun wir gut daran, dass wir den Fokus auf unsere eigene Leistung richten. Hauptaufgaben sind in der Abwehr die richtige Mischung aus Stabilität und körperbetonter Arbeit. Und im Angriff dürfen wir uns von der aktiven Abwehr nicht den Schneid abkaufen lassen und wir müssen druckvoll den Ball laufen lassen beziehungsweise die sich bietenden Chancen konsequent nutzen. Wir wollen es Dormagen so schwer wie möglich zu machen. Dormagen muss und wir können gewinnen.“

Der reine Abstiegskampf bestimmt das Duell zwischen den Aachenern, die zuletzt mit ihrem deutlichen 31:24 in Rheinhausen überraschten, und den Haanern, die mit dem 41:32 gegen die HSG Refrath/Hand zum vierten Mal hintereinander gewannen und erst dadurch wieder ins Geschäft gekommen sind. Auch im Duell zwischen Dinslaken und dem HC Gelpe/Strombach geht der Blick eher nach unten: Der MTV rennt liegt als Vorletzter bereits ein gutes Stück hinter dem rettenden Ufer zurück – und die Gummersbacher verschafften sich nach zuvor drei Niederlagen hintereinander erst durchs 35:29 zuletzt gegen Schlusslicht Bergischer HC II den ersten Erfolg im neuen Kalenderjahr. Und Aufsteiger Siebengebirge, nach dem Trainerwechsel von Marcel Trinks zurück zu dessen Vorgänger Lars Degenhardt mit drei Siegen hintereinander gestartet, gewann zwar am vergangenen Wochenende gegen die Dinslakener (35:26) und sicherte sich so ebenfalls den Premierensieg für 2025, steht aber weiter unter Druck – und jetzt vor der schwierigen Aufgabe in Refrath/Hand. Nach zwei Niederlagen in Folge (32:35 gegen Rheinhausen, 31:41 in Haan) wird das Team von HSG-Trainer Kelvin Tacke alles daransetzen, in eigener Halle den Trend zu stoppen – um nicht doch irgendwie durch eine Verkettung unglücklicher Umstände ins untere Drittel gezogen zu werden. Sollten den Refrathern die Wende gelingen, wäre das auf der anderen Seite relativ bitter für die HSG. In der Summe geht deshalb das Hauen und Stechen um die rettenden Plätze vielleicht gerade erst richtig los.