06. März 2025 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Lücke gefunden: Alexander Ernst (Mitte) und seine Essener gingen in der Hinrunde in eigener Halle beim 27:28 trotzdem leer aus gegen Rheinhausen. Daniel Küpper Ventura (links) und Noah Adrian (rechts) hätten aber wenig dagegen, wenn ihnen nun auch im Rückrundenderby ein Sieg gelingt. Für beide Teams steht viel auf dem Spiel. (Foto: Markus Verwimp)
Was ist das Gegenteil von langweilig? Ganz einfach: Regionalliga. Die Saison, die bisher schon verrückt genug daherkommt mit einem Kampf um den Klassenerhalt, in den beinahe zwei Drittel aller Mannschaften verwickelt sind, treibt das Hauen und Stechen im Moment auf die Spitze: Jede einzelne Partie an diesem 20. Spieltag hat was Bedeutendes – manchmal sogar für beide Seiten, wenn extreme Gegensätze aufeinandertreffen. Ein Beispiel: Der Spitzenreiter Interaktiv.Handball (32:4 Punkte), inzwischen bei acht erfolgreichen Einsätzen hintereinander angekommen und nach dem 38:31 im Wiederholungsspiel beim TSV Bayer Dormagen II (Dritter/24:10) erst recht die klare Nummer eins, trifft auf die Unitas Haan (16:20), die als Achter durchaus noch immer zur großen Gefahrenzone gehört – trotz der 10:4 Zähler im Kalenderjahr 2025 und trotz des vor allem in der Höhe überraschenden 32:20 gegen die TSV Bonn rrh. (Zweiter/25:11). Kann Ratingen seine Serie fortsetzen und den nächsten Schritt in Richtung Meisterschaft zurücklegen, vergrößert es gleichzeitig wieder die Sorgen der Haaner, die sich wie sechs andere Mannschaften darum bemühen, künftig nicht wieder in der Oberliga antreten zu müssen. Nach dem aktuellen Stand der Dinge (abhängig von der Entwicklung in der 3. Liga) ist weiter von fünf Absteigern auszugehen – auf die jedoch die im Oktober 2024 zurückgezogene HG Remscheid angerechnet wird, sodass netto „nur“ vier Kandidaten benötigt werden.
Zwei der Betroffenen dürften mit hoher und mit guter mittlerer Wahrscheinlichkeit feststehen. Die Aussichten des Letzten Bergischer HC II (3:31), das rettende Ufer noch einmal in den Blick zu nehmen, sind sehr theoretischer Natur. Der Start in den Endspurt mit dem Heimspiel gegen den Vierten HC Weiden (21:11), der zuletzt immerhin drei Mal hintereinander als Gewinner von der Platte ging, wird außerdem schon wieder schwierig genug und in der Summe stehen alle Signale auf Abstieg. Ganz sicher werden die Weidener auch sehr daran interessiert sein, ihre neu aufgetauchten Chancen auf die Vizemeisterschaft zu festigen und ihre restlichen Aufgaben entsprechend stabil zu gestalten. Vier Zähler vor dem BHC II und auf der anderen Seite doch bereits sieben hinter dem Elften TuSEM Essen II (14:20) steht der Zwölfte MTV Rheinwacht Dinslaken (7:27), der das Jahr mit einem 30:30 gegen damals klar favorisierte Bonner begann, anschließend allerdings vier Mal in Folge leer ausging. Nun wartet das Duell mit den Dormagenern, die sich nach ihrem 14:0-Start wegen der folgenden 10:10 Zähler und der 31:38-Niederlage zuletzt gegen Interaktiv aus dem Titelkampf verabschieden mussten und jetzt trotzdem aus Dinslaken alleine fürs eigene Selbstverständnis einen Sieg mitnehmen wollen. Dass der MTV, der sich mit einem kleinen Kader durch die Saison arbeitet, auch nur den Rückstand zum Drittletzten HSG Siebengebirge (15:21) abtragen kann, gilt insgesamt ausgeschlossen.
Weil das Ringen um mehr oder um finale Sicherheit bereits ab Rang fünf beginnt, hat das Ruhrgebietsderby zwischen dem OSC Rheinhausen (18:16) und dem Elften TuSEM Essen II (14:20) noch mehr zusätzlichen Reiz. Einfache Rechnung: Sollte TuSEM gewinnen, läge es plötzlich bloß zwei Punkte hinter den Rheinhausenern. Auf der anderen Seite bietet sich dem Team von OSC-Trainer Thomas Molsner in den kommenden gut zwei Wochen eine realistische Gelegenheit, die Dinge in diesem Monat für sich etwas klarer zu gestalten, denn nach Essen geht es am 16. März zu den Haanern, am 22. März gegen die HSG Siebengebirge und am 30. März zum HC Gelpe/Strombach (18:16). Die Gummersbacher, die ihre Lage dank dreier Siege hintereinander ein Stück weit entspannen konnten, müssen als Sechster ebenfalls den Blick maximal aufmerksam in den Rückspiegel richten – wo sie dann unter anderem den Neunten BTB Aachen (16:20) erkennen, der gegen den HC ebenfalls versuchen wird, seine Stärke in eigener Halle (12:4 Punkte) auszunutzen. Der BTB hofft vor allem, dass ihm wieder ein breiterer Kader zur Verfügung steht als zuletzt. Trainer Simon Breuer hatte nach dem 24:32 im Siebengebirge eine lange Liste an Ausfällen vorgelegt: „Insgesamt haben zehn Leute gefehlt.“ HC-Kollege Markus Murfuni durfte nach dem 34:26 gegen die HSG Refrath/Hand (Siebter/17:19) auf jeden Fall zuversichtlicher sein: „Jetzt können wir den nächsten Wochen entspannter entgegengucken, weil wir uns wieder ein bisschen was freigeschaufelt haben.“
Davon kann bei jenen Refrathern, die seit einiger Zeit bereits mit personellen Problemen zu tun haben, nicht mal im Ansatz die Rede sein, denn das 26:34 gegen die Gummersbacher war bereits die fünfte Niederlage hintereinander und das Team von Trainer Kelvin Tacke, am Anfang des Jahres bestens positioniert, ist mittlerweile im Abstiegskampf angekommen. Dass die Refrather diesmal spielfrei sind und erst am 16. März in Dormagen weitermachen, passt ihnen gerade ganz gut, um Kräfte zu sammeln und anschließend die restlichen sechs Aufgaben in Angriff zu nehmen, die sie selbst als Endspiele bezeichnen. Gleichzeitig können die Refrather für den Moment nur tatenlos beobachten, was besonders die Konkurrenz aus Haan, Aachen und Siebengebirge anstellt: Alle drei könnten theoretisch durch Siege an ihnen vorbeiziehen. Dass die Unitas in Ratingen gewinnt? Schwierig. Dass Aachen gegen Gelpe/Strombach gewinnt? Auch schwierig, aber nicht komplett ausgeschlossen. Dass Siebengebirge das Derby beim Zweiten Bonn gewinnt? Liegt immerhin nicht völlig im Bereich der Utopie. Die TSV mit 5:9 Punkten aus 2025 ist nicht mehr der kompakte Spitzenreiter von einst und das 20:32 zuletzt in Haan war als höchste Saison-Niederlage sogar ein Tiefpunkt.
Für TSV-Trainer Florian Benninghoff-Lühl war danach klar, was die Bonner nun zu tun haben: „Wir müssen die kurze Pause dringend nutzen, damit auch der eine oder angeschlagene Spieler wieder zurückkommt. Das darf aber hier und heute nicht als Ausrede gelten. Da müssen wir jetzt in die Aufarbeitung gehen und sehen, dass wir in das sehr schwere Derby nach Karneval deutlich formverbessert eingehen können.“ Was wenigstens als kleines Plus zu dienen vermag: Selbst dann, wenn die TSV alle ihre sechs Partien bis zum Ende der Saison verlieren sollte, würde sie mit einem positiven Konto (25:23) ins Ziel kommen und sie kann deshalb in keiner Konstellation in Gefahr geraten. Mit Geschenken werden die Bonner in den kommenden Wochen trotzdem nicht unterwegs sein – und erst recht nicht im Derby. Da ist wieder diese Frage: Was ist das Gegenteil von langweilig? Und hier ist wieder diese Antwort: Ganz einfach Regionalliga.