Regionalliga Nordrhein
Der Fast-Meister: Ratingen braucht nur noch drei Punkte
Ein Sieg in der schwierigen Partie bei der gefährdeten HSG Siebengebirge wäre der vorletzte Schritt zum Aufstieg. Spannend bleibt aber vor allem der Abstiegskampf, in den ab Rang fünf alle verwickelt sind.

Flugstunde: Tim Koenemann (mit Ball/links Dormagens Malte Adam) und die Ratinger bewegen sich in höchstem Tempo auf den Titel zu. Im Siebengebirge rechnen sie trotzdem mit einer hohen Hürde, weil die HSG gegen den Abstieg kämpft. (Foto: Markus Verwimp)

Wer daran zweifelt, dass Interaktiv.Handball den letzten Schritt durchs Scheunentor hin zur Meisterschaft gehen wird? Niemand. Maximal drei Punkte fehlen dem Spitzenreiter noch, um im Jahr eins nach dem Abstieg die direkte Rückkehr in die 3. Liga unter Dach und Fach zu bringen. Die Mannschaft von Trainer Filip Lazarov hat inzwischen neun Mal hintereinander gewonnen und ihr Konto so auf 34:4 Zähler gestellt. Die beiden Niederlagen stammen aus der Hinrunde – 24:26 am 28. September 2024 beim Zweiten TSV Bonn rrh. (27:11) und 24:33 am 14. Dezember 2024 gegen den Vierten HC Weiden (22:12). Die Niederlage in Bonn haben die Ratinger vor einigen Wochen mit einem 30:19 in eigener Halle korrigiert, sodass sie im direkten Vergleich, der am Ende der Saison bei Punktgleichheit entscheidet, vorne liegen. Es ist eine ganz einfache Rechnung: Gewinnt Interaktiv nun sowohl am Samstag bei der HSG Siebengebirge (Elfter/15:23) als auch am 22. März gegen den HC Gelpe/Strombach (Sechster/18:18), ist es vorzeitig durch (wie bei einem Sieg und einem Unentschieden). Dann wären die restlichen drei Aufgaben am 5. April gegen den Dritten TSV Bayer Dormagen II (24:12), am 3. Mai in Weiden und am 10. Mai gegen den Letzten Bergischer HC II (4:32) für den Tabellenführer eher eine Art Zugabe. Was gleichzeitig schon die nächste Aufgabe im Siebengebirge schwierig macht: Die HSG hängt als Drittletzter tief in der Gefahrenzone fest und wird aufgrund des sehr wahrscheinlichen erhöhten Abstiegs (hängt von der Entwicklung in der 3. Liga ab) weniger als nichts zu verschenken haben.

Es ist in der Summe ohnehin der Kampf um den Klassenerhalt, der deutlich mehr Spannung bietet als das, was oben passiert. Sechs Runden vor Schluss sieht lediglich Schlusslicht BHC II ziemlich sicher wie ein künftiger Oberligist aus, während der Vorletzte MTV Rheinwacht Dinslaken (9:27) durch ein überraschendes 38:29 zuletzt gegen Dormagen II zumindest seine in einer wagemutigen Theorie vorhandenen Chancen wahrte. Die Lücke zum Drittletzten Siebengebirge werden die Dinslakener wohl trotzdem nicht mehr schließen können – und die HSG einzuholen, wird darüber hinaus mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mal reichen. Kleiner Vorteil für die HSG: Sie konnte die 30:38-Niederlage in Dinslaken aus dem September 2024 vor einigen Wochen in eigener Halle mit einem 35:26 beantworten und dadurch den direkten Vergleich auf ihre Seite ziehen.

Die Lage in der 3. Liga mit zwei bis drei oder im schlimmsten Fall vier Absteigern aus dem Verband Nordrhein in die Regionalliga beschäftigt dort alle Klubs ab Platz fünf und sechs, wo zurzeit der OSC Rheinhausen (18:18) und der HC Gelpe/Strombach (18:18) stehen. Das macht die Aufgabe der Gummersbacher gegen den Zweiten Bonn fast genauso wichtig wie jene des OSC, der bei der Unitas Haan (Zehnter/16:22) auf einen noch stärker unter Druck stehenden Gegner trifft – und dort zusätzlich eine Serie von fünf Niederlagen hintereinander bekämpfen will. Fünf Niederlagen hintereinander schleppt auch die HSG Refrath/Hand (Achter/17:19) mit sich herum, die nun beim ehemaligen Titelanwärter TSV Bayer Dormagen II antreten muss – der seinerseits lediglich eine der vergangenen fünf Partien für sich entscheiden konnte (2:8 Punkte). Da ist selbst der Neunte TuSEM Essen (16:20) besser dran, der es im selben Zeitraum auf 6:4 Zähler brachte und das Heimspiel gegen den Bergischen HC II nutzen will, um für die danach folgenden Aufgaben eine bessere Basis zu haben: Die Essener treten am 23. März in Haan an, ehe sie am 30. März die Dinslakener und am 6. April die HSG Siebengebirge zu Kellerduellen erwarten. Chance und Risiko liegen da dicht beieinander.

Für den Vierten HC Weiden hat sich durch 8:4 eigene Punkte im Kalenderjahr 2024 und die gleichzeitig auftretenden Schwankungen des einen oder anderen Kontrahenten fast wie aus dem Nichts die Chance auf die Vizmeisterschaft hinter den praktisch nicht mehr einzuholenden Ratingern ergeben. Zuletzt allerdings konnte Weiden beim BHC II nach einem 30:35-Rückstand mit viel Mühe und fast noch mehr Glück soeben ein 35:35-Unentschieden rettete – mit einem Auftritt, der niemanden zufriedenstellte. „Wir werden uns entsprechend vorbereiten und wir wollen uns gewissermaßen rehabilitieren für die ausbaufähige Leistung in Solingen“, sagt HC-Trainer Marc Schlingensief, der dem MTV mit einigem Respekt begegnet, „wir erwarten ein Dinslaken, das im Vorgriff auf die neue Saison bereits Umstrukturierungen im Kader vorgenommen hat und punktuell Spieler aus der Zweiten dazunimmt – mit Erfolg offenbar, wie der klare Sieg gegen Dormagen aufzeigt. Mit Blick auf die Torschützen scheint dies auch die bekannten Spieler zu beflügeln, da sie nun nötige Pausen bekommen. Ansonsten erwarte ich von der Spielanlage her eine kompakte Abwehr mit guten Keepern dahinter.“ In der Summe bewegen sich die Weidener im Übrigen gemessen am vor der Saison fomulierten Ziel voll im Soll: „Unser Ziel ist, die letztjährige Punkteausbeute von 29 Punkten zu bestätigen. Das ist ambitioniert und schwer genug.“ Für die 29:23 Zähler von damals standen 26 Spiele zur Verfügung und obwohl es diesmal in der 13er-Gruppe (Rückzug der HG Remscheid) zwei weniger sind (24), fehlen dem HC bloß fünf Punkte aus sechs Partien an dieser Marke. Das werden nicht wenige und sicher alle ab Rang fünf beneidenswert finden.