19. März 2025 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Wenn sich Führungsspieler treffen: Simon Schlösser (links) ist bei der HSG Siebengebirge eine echte Schlüsselfigur – so wie der spielende Sportliche Leiter Stanko Sabljic bei Interaktiv.Handball. Zurzeit sind beide aber in anderen Welten unterwegs: Während die HSG nach der 34:36-Niederlage gegen die Ratinger vom vergangenen Wochenende mitten im Abstiegskampf festhängt, steht Interaktiv kurz vor dem Aufstieg in die 3. Liga. (Foto: Thomas Schmidt)
Die Lage entwickelt sich dynamisch – was eine fast harmlos klingende Beschreibung für das ist, was die Regionalliga zurzeit anbietet. Dabei wird es unter dem Strich nicht mal zum größten anzunehmenden Unfall kommen, der nach den Durchführungsbestimmungen des Verbandes Handball Nordrhein sogar sieben Absteiger bedeuten würde – für den Fall, dass sich niemand bereiterklärt, am Ende das durch den sportlichen Erfolg erworbene Recht zum Aufstieg in die 3. Liga wahrzunehmen. Genau dieser Sprung nach oben ist jedoch beim souveränen Tabellenführer Interaktiv.Handball das feste Ziel und den Ratingern fehlt auch nur noch ein Punkt, um dafür das amtliche Siegel dafür zu bekommen. Damit bleiben in der Theorie sechs mögliche Plätze für den Fahrstuhl nach unten – die es aber ziemlich sicher ebenfalls nicht werden. Akut vom Abstieg bedroht sind in der Staffel Nord-West der VfL Gummersbach II (Letzter) sowie in der Staffel Süd-West die Bergischen Panther (Zwölfer/14:34), der TV Aldekerk (14./12:36) und der TV Korschenbroich (15./10:38). Ein Vorteil für alle: Der Letzte VTV Mundenheim (7:41) liegt nach einer schwarzen Serie von 1:23 Zählern aus zwölf Spielen hintereinander ohne Sieg inzwischen sieben Punkte hinter dem rettenden Ufer und keine Fantasie der Welt sieht einen Ausweg für den Aufsteiger, der als erster Absteiger gelten muss. Deshalb kann es aus dem gefährdeten Trio der Nordrhein-Vertreter „nur“ zwei erwischen, was dann – falls es in dieser Form dazu kommt – auf drei Absteiger aus der 3. Liga in die Regionalliga hinausliefe. Das wiederum brächte insgesamt fünf Absteiger aus der Regionalliga hervor und selbst nach dem Herausnehmen der auf dieses Kontingent anzurechnenden HG Remscheid (Rückzug im Oktober 2024) weiter ziemlich belastende vier. Davon steht seit dem vergangenen Wochenende einer fest: Der Letzte Bergischer HC II (4:34) hat keinerlei Chance mehr, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Richtig eng sieht es zudem beim Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken aus (9:29), der alleine sechs Punkte hinter dem Elften HSG Siebengebirge (15:25) zu finden ist – der wiederum zusätzliche drei Zähler weniger als der Mit-Aufsteiger Unitas Haan ((Zehnter/18:22) auf dem Konto hat.
Dabei hoffen nicht nur Siebengebirge und Haan auf Entspannung – und sicher drücken alle zusammen den Panthern, den Aldekerkern und den Korschenbroichern die Daumen für den weiteren Kampf um den Klassenerhalt, der in der Regionalliga mathematisch belegbar ab Platz fünf beginnt: Dort darf sich nicht mal der HC Gelpe/Strombach (20:18) nach 8:2 Punkten aus den vergangenen fünf Spielen seiner Sache sicher sein. Das gilt direkt dahinter auch für die HSG Refrath/Hand, die zuletzt relativ spektakulär mit 43:35 beim Vierten TSV Bayer Dormagen (24:14) gewann und als Sechster mit einer ausgeglichenen Bilanz (19:19) daherkommt. Mitten in der Verlosung stecken zudem der Siebte OSC Rheinhausen (fünf Niederlagen hintereinander), der Achte TuSEM Essen II und der Neunte BTB Aachen, die jeweils bei 18:20 Punkten stehen und aktuell nur durch das Torverhältnis voneinander getrennt sind – wobei am Ende allerdings der direkte Vergleich über die genaue Position entscheidet. Ein paar Zentimeter hinter dem Trio Rheinhausen, Essen und Aachen kommen dann die Haaner, die eine Partie mehr ausgetragen haben und mit 18:22 Punkten in den Endspurt gehen. Der beginnt jetzt gegen TuSEM II, doch es handelt sich lediglich um eins der Duelle, in denen besonders viel auf dem Spiel steht.
Ebenfalls besonders wichtig – für beide Seiten – ist das Duell zwischen dem OSC Rheinhausen und der HSG Siebengebirge. Bei den Rheinhausenern stimmten zuletzt angesichts zahlreicher erkrankter/verletzter/angeschlagener Stammkräfte weder die personelle Ausstattung noch der Trend: Nach fünf Niederlagen in Folge ist der OSC im Kreis derer angekommen, die sich wirklich um den Klassenerhalt sorgen müssen. Trainer Thomas Molsner brachte bereits kurz nach dem 16:30-Debakel vom vergangenen Sonntag in Haan auf den Punkt, um was es für ihn und sein Team geht: „Das war mit Abstand die schlechteste Leistung, die wir in der Saison gebracht haben, und mit Sicherheit auch die schlechteste Leistung, in die ich mich in der letzten Zeit erinnern kann. Ich hoffe, dass wir in dieser Woche weiter gesunden und dass wir vernünftig trainieren können, damit wir im wichtigen Vier-Punkte-Spiel gegen Siebengebirge die zwei Punkte zu Hause behalten. Da gibt es keinen Weg dran vorbei.“ Dass die HSG nach den Niederlagen beim Zweiten TSV Bonn rrh. (22:27) und beim Ersten Interaktiv.Handball (34:36) andere Vorstellungen verfolgt, dürfte in Rheinhausen dennoch niemanden überraschen.
Den letzten fehlenden Schritt zur direkten Rückkehr in die 3. Liga könnten die erst vor einem Jahr von dort in die Regionalliga abgestiegenen Ratinger hinter sich bringen, falls sie sich im Heimspiel gegen den HC Gelpe/Strombach wenigstens einen Zähler sichern – was angesichts der makellosen Serie von zehn Siegen aus zehn Spielen im Kalenderjahr 2025 wohl nicht unmöglich ist. Einziger Kontrahent, den der Spitzenreiter zurzeit rechnerisch noch ein bisschen beachten muss, ist der Dritte HC Weiden (24:12), gegen den Interaktiv vor drei Monaten am 14. Dezember 2024 eine seiner nur zwei Saison-Niederlagen hinnehmen musste (vorher 24:26 am 28. September 2024 bei der TSV Bonn rrh.). Weiden kann maximal auf 36 Punkte kommen, die Ratingen schon hat – und entsprechend wäre es bei 37 oder 38 Zählern nicht mehr einzuholen. Vorsichtig sollte der Tabellenführer trotzdem sein, weil die Gummersbacher und ihr Trainer Markus Murfuni auf keinen Fall als willfährige „Meistermacher“ nach Ratingen kommen wollen. Und HC-Linkshänder Julian Mayer, mit 151 Treffern aus 19 Spielen (Durchschnitt 7,91) die Nummer eins bei den Torjägern in der Regionalliga, dürfte seine Produktion kaum einstellen wollen, um den Hausherren einen Gefallen zu tun.
Gefälligkeiten sind im Übrigen nirgendwo zu verteilen – weder im Duell zwischen dem gefährdeten BTB Aachen und dem TSV Bayer Dormagen II, dessen Saison nach fünf Niederlagen in den vergangenen sechs Spielen in der Beliebigkeit angkommen ist, noch im Treffen der Unitas Haan mit TuSEM Essen II, die ja beide zu jenem 18er-Klub gehören, oder im Spiel der ausgeglichenen HSG Refrath/Hand gegen die Weidener, die als Dritter sehr befreit auftreten können und die Chance auf Platz zwei kaum als Belastung, sondern als zusätzliche Motivation sehen dürften. Weidens Trainer Marc Schlingensief rechnet in Refrath unabhängig von allen rechnerischen Möglichkeiten für sein Team mit einer sehr schwierigen Aufgabe und er fordert höchste Konzentration: „Ich erwarte ich einen Hexenkessel. Refrath muss punkten im Kampf um den Klassenerhalt und hat mit dem Sieg letzte Woche in Dormagen Selbstvertrauen getankt. Vor allem die Rückkehr von Niklas Funke tut der Mannschaft sehr gut. Da profitieren alle Mannschaftsteile von. Wir wollen mit der aktuellen Situation verantwortungsvoll umgehen und uns im Saison-Endspurt so gut wie möglich verkaufen.“ Der Ausnahme-Termin, dessen Resultat kaum einen oder höchstens einen sehr geringen und daher bedeutungslosen Einfluss aufs Tabellenbild haben dürfte: Dinslaken, lediglich mit restlichen Mini-Aussichten auf den Klassenerhalt ausgestattet, erwartet den BHC II zum Kellerduell, das aussieht wie ein Duell zweier künftiger Oberligisten. Es ist wie ein Blick in die Zukunft und die Lage entwickelt sich eben dynamisch.