3. Liga
Zweite Chance: Eine Hintertür zum Klassenerhalt
Weil zwei Verbände keinen Regionalligisten für den Aufstieg gemeldet haben, sind in der 3. Liga zwei Plätze frei - die im Nachsitzen ausgespielt werden. Profitieren könnten Korschenbroich und Aldekerk.

Ihr oder wir? Höchst gefährdet sind sowohl Sjuul Rutten (beim Wurf) und seine Aldekerker als auch Keeper Felix Krüger und Florian Krantzen (links) mit ihren Korschenbroichern. Vor allem der TVK wird den Aufstiegsverzicht aus zwei Regionalligen ganz gerne sehen. (Foto: Carsten Wulf)

Es könnte alles so einfach sein. Dann wäre es aber vielleicht kein Handball. Momentan ist es ja so, dass beispielsweise eine ziemlich klar überlegene Mannschaft in der 3. Liga durchaus mit einem beträchtlichen Vorsprung über die Ziellinie geht und sich damit als Meister feiern lassen kann – womit er aber noch rein gar nichts gewonnen hat, weil dieser Titel schön für den Briefkopf sein mag, allerdings keineswegs garantiert den Aufstieg in die 2. Bundesliga bringt. Davon kann in der laufenden Saison mal wieder die HSG Krefeld Niederrhein ein Lied singen, denn die Eagles führen das Feld in ihrer Gruppe Süd-West mit 55:1 Punkten an und sie sind nebenbei die einzige bisher ungeschlagene der insgesamt 64 Mannschaften aus allen vier Drittliga-Gruppen. Demnächst (ab Mitte Mai) werden sich die Krefelder trotzdem im ersten Teil der Aufstiegsrunde zunächst mit dem Nord-West-Zweiten TV Emsdetten auseinanderzusetzen haben, um weiter an ihren Plänen zur Rückkehr in die 2. Bundesliga feilen zu dürfen. Diese Art des Nachsitzen findet fast niemand richtig gut und Anhänger der sportlichen Gerechtigkeit schon mal gar nicht. Am anderen Ende der Tabelle ist die Lage kurz vor dem Ende allerdings wirklich wesentlich komplizierter. Dafür braucht es zuerst einen tieferen Blick in die Durchführungsbestimmungen des DHB für die 3. Liga, die jeweils drei Klubs pro Gruppe zum Abstieg verurteilen – um Platz für von unten aus den Regionalligen der verschiedenen Verbände nachrückende Vereine zu schaffen. Das bedeutet etwa für die Gruppe Süd-West in der 3. Liga: Falls bereits jetzt alle mit ihrem Programm durch wären, müssten die TSG Haßloch (14:42 Punkte), der TV Korschenbroich (13:43) und die VTV Mundenheim (9:47) runter. So simpel ist es jedoch keineswegs, wie sich erst gerade nach dem Ablauf der Meldefrist ergeben hat. „Aus zwei Verbänden gibt es keine Meldungen aus der Regionalliga für die 3. Liga“, bestätigt Andreas Tiemann, bei dem im DHB alle Fäden zu allen Themen rund um diese Klasse zusammenlaufen. Soll heißen: Weder aus dem Verband Ostsee-Spree noch aus dem Mitteldeutschen Handball-Verband kam eine Meldung – weder vom Meister noch von einem der dahinter als Ersatz in Frage kommenden Vereine.

Daraus wird nun für (fast) alle in der 3. Liga gegen den Abstieg kämpfenden Klubs ein völlig neuer Markt der Möglichkeiten, denn es tut sich auf einmal und ziemlich unerwartet eine andere Tür auf, die einen Durchgang ans rettende Ufer ermöglicht. „Wir spielen eine Relegation“, erklärt Tiemann, womit ohne Zweifel das hier gemeint ist: Alle vier Klubs, die am Ende auf Platz 14 (Drittletzter) landen, bekommen die verspätete Gelegenheit, sich vielleicht über eine Art Nachsitzen zu retten. Der Modus steht bereits fest: Es ist vorgesehen, am 17./18 Mai ein Hinspiel und am 24./25. Mai ein Rückspiel zu absolvieren. Die Gegner sind ebenfalls längst sortiert: Der Vertreter der Gruppe Süd bekommt es mit dem Vertreter der Gruppe Nord-Ost zu tun und jener aus der Gruppe Nord-West mit jenem aus der Gruppe Süd-West. Den Beteiligten steht dabei erstens frei, sich mit dem Gegner auf einen abweichenden und in den Rahmen passenden Termin zu einigen – und sie haben bis zum 30. April eine Bedenkzeit, um sich zu überlegen: Wollen wir das überhaupt? Wollen wir in die Verlängerung gehen? In der Vergangenheit soll es tatsächlich mal vorgekommen sein, dass einer aufs Superlos zum Klassenerhalt verzichtet hat. Diesmal gilt das als eher unwahrscheinlich. Hundertprozentig sicher ist immerhin, dass beim Nachsitzen ausschließlich Vereine auf Platz 14 dabei sein dürfen – keiner sonst.

Das Rechnen beginnt auf Rang zwölf bei den Bergischen Panthern, die jedoch mit ihren 17:39 Punkten alles selbst in der Hand haben. Dahinter liefern sich die TSG Haßloch und der TV Aldekerk (beide 14:42) ein Kopf-an-Kopf-Rennen um diesen 14. Platz, den zurzeit über den direkten Vergleich die Aldekerker um Millimeter für sich entscheiden würden. Völlig neue Perspektiven eröffnen sich durch den Aufstiegsverzicht aus zwei Verbänden dem Vorletzten TV Korschenbroich (13:43), für den Rang 14 auf einmal so etwas wie das Objekt der Begierde geworden ist – weil die Mannschaft von Trainer Frank Berblinger eben nicht mehr zwingend sowohl der TVA als auch die Haßlocher hinter sich lassen muss, sondern „nur“ einen von beiden. Darin steckt definitiv immer noch ein Berg an Arbeit, aber das Unterfangen sieht auf einmal wohl etwas weniger hoffnungslos aus. Und möglicherweise sind sie in Aldekerk letztlich ebenfalls froh, den zusätzlich gewonnenen Joker ziehen zu können. Was ein Punkt Vorsprung bei zwei Spielen ist? Nichts. Ganz nebenbei: Das Ergebnis aus der Verlängerung der Saison in der 3. Liga beeinflusst gleichzeitig die Zahl der Mannschaften, die aufgrund des drohenden erhöhten Abstiegs aus der Regionalliga in die Oberliga absteigen müssen. Saisonende in der Regionalliga ist im Übrigen am 10. Mai – womit dort im Keller ebenfalls eine Hängepartie droht und das Thema Abstieg an diesem Tag nicht endgültig durch ist. Was sich auch hier zeigt? Es könnte alles so einfach sein. Dann wäre es aber vielleicht kein Handball. Der scheint sich das Leben ganz gerne selbst schwer zu machen.