| 20. September 2025 | Zurück zur Artikelübersicht » |

Jetzt gehts los: Dominik Adamek (links) und Fabian Schächt (rechts) bilden zur neuen Oberliga-Saison das junge Trainerteam bei der HG Remscheid. (Foto: HGR)
Die Regionalliga-Saison 2024/2025 war erst zwei Spieltage alt, da machten die ersten Nachrichten bereits die Runde: „Die HG Remscheid ist insolvent.“ Wie meistens bei solchen Meldungen, sind diese mit Vorsicht zu behandeln – und in diesem Fall war die Aussage mindestens ungenau. Korrekt war tatsächlich, dass die HG Remscheid Betriebs- und Marketing GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hatte (der im Übrigen im November 2024 vom zuständigen Amtsgericht Wuppertal mangels Masse abgelehnt wurde). Der Verein HG Remscheid war hiervon aber nur indirekt betroffen. Richtig: Die Regionalliga-Mannschaft verlor recht schnell einen Spieler nach dem anderen, schleppte sich mit einer Rumpftruppe in die Pause der Herbstferien und stellte dann hier gemeinschaftlich fest: „Das macht keinen Sinn mehr.“ Noch im Oktober 2024 zog der Verein sein Team aus der Regionalliga zurück, sodass der erste Absteiger in die Oberliga bereits zu diesem Zeitpunkt feststand. Das Ende des Handballs in Remscheid bedeutete das allerdings noch lange nicht. Im Gegenteil: Die HG um ihren Vorsitzenden Leonard Bona nutzte die vergangenen elf Monate intensiv für den Neustart in der Oberliga.
Bona betont immer wieder, dass das Projekt rund um die Sporthalle Neuenkamp eine Teamleistung ist. Trotzdem steht gerade er mit seinen 29 Jahren ein wenig für den frischen Wind im Verein. Dabei bringt Bona reichlich fachliche Kompetenz mit: Der Volljurist (seit diesem Sommer) gehört mit seinem Partner Malte Frank seit geraumer Zeit zu Deutschlands besten Schiedsrichtern. Seit dieser Saison ist das Gespann Bona/Frank im Elitekader des Deutschen Handball-Bundes und damit auf der ganz großen Bühne angekommen – wie zuletzt am 14. September beim 32:23-Sieg des SC Magdeburg gegen den TVB Stuttgart. Wer 6600 lautstarke Zuschauer in der GETEC-Arena wegsteckt, der scheut vermutlich auch die Herausforderungen eines Oberligisten nicht. Klar: Nicht alle Gespräche der vergangenen Monate waren einfach und bei manchen Partnern musste erst wieder um neues Vertrauen geworben werden. „Wir möchten hier mit seriösen Strukturen langfristig etwas aufbauen“, erklärt Bona. Für den Vorsitzenden gehören dabei auch Aktionen wie am 1. August 2025 dazu, als sich die beiden Bundesligisten VfL Gummersbach und Bergischer HC in der Sporthalle Neuenkamp zum Testspiel trafen. 750 Zuschauer erlebten Spitzenhandball und ihre Stars wie Nationalspieler Julian Köster hautnah auf der Platte. Bona: „Die Leute sollen einfach sehen, in Remscheid passiert wieder was.“

Auch bei der Planung im Sportlichen Bereich hatten Bona und seine Mitstreiter nach der „Stunde Null“ im Herbst 2024 schnell einen klaren Plan: „Wir konnten drei, vier Spieler aus dem alten Kader halten. Danach war es uns wichtig, dass Spieler zu uns kommen, die einen Bezug zum Verein haben. Wir konnten unter anderem vier Spieler, die früher bis zur B-Jugend bei uns gespielt haben, davon überzeugen, zurückzukommen.“ Auf der Trainerposition übernimmt in Fabian Schächt sogar ein gebürtiger Remscheider das Amt auf der Bank. Dass der 30-Jährige dabei tatsächlich nie für die HG aktiv war, ist eher kein Makel. Schächt verbrachte die meiste Zeit seiner aktiven Laufbahn bei der Cronenberger TG und stieg mit 17 Jahren als Jugendtrainer früh ins „Geschäft“ an der Seitenlinie ein. Im Sommer 2024 wechselte der B-Lizenz-Inhaber zum Westfalen-Regionalligisten HSG Gevelsberg/Silschede. Die Beziehung hielt jedoch nur einige Monate und bereits im Februar 2025 einigten sich die Parteien sich auf eine Trennung – was den Weg frei für Bona und die HG machte. „Da kam relativ schnell von Leo ein Anruf, ob ich mir das hier vorstellen könnte“, berichtet Schächt, der nicht zu lange überlegen musste und nun gemeinsam mit seinem Co-Trainer Dominik Adamek eine anspruchsvolle Aufgabe vor sich hat.
Die Einteilung des Verbandes sortierte die Remscheider wenig überraschend in die Gruppe 2, die viele regionale Duelle mit Nachbarn aus dem Bergischen Land bietet. Gleichzeitig gilt die Staffel aber jedenfalls in der Breite auch als die sportlich stärkste. Unter anderem treten hier die beiden weiteren Regionalliga-Absteiger TuSEM Essen II und Bergischer HC II an, außerdem ist der Vorjahres-Zweite der Gruppe 1, der TV Geistenbeck – geografisch etwas fernliegend – vom Niederrhein in die Staffel gerutscht. Nicht weniger reizvoll dürften die Duelle mit den Nachbarn SG Langenfeld, TSV Aufderhöhe oder LTV Wuppertal werden. Auf das Prestige-Derby mit den Bergischen Panthern II müssen die Remscheider allerdings bis ins neue Jahr warten, denn die Partie gegen den Vorjahres-Dritten steht erst am 26. Januar 2026 zum Abschluss der Hinrunde an. Insgesamt hat die HG viel Respekt vor dem Programm. „Das wird eine brettharte Aufgabe, das ist uns allen bewusst. Es wird eine anstrengende Saison, aber auch keine, wo wir chancenlos sind. Wir haben eine gute Truppe, vor allem viele Jungs, die sich mit dem Verein identifizieren“, meint Schächt.

Mit der Vorbereitung und den zahlreichen Testspielen war der neue Coach einverstanden. „Wir hatten Höhen und Tiefen, aber insgesamt bin ich zufrieden“, sagt Schächt, der grundsätzlich eine emotionale Abwehr und ein diszipliniertes Angriffsspiel als wesentliche Faktoren für eine erfolgreiche Handballmannschaft sieht. Weil die Oberliga 2025/2026 so ausgeglichen und stark besetzt ist, will er allerdings auch flexibel agieren: „Es ist sicherlich sinnvoll, den Gegnern nicht immer das Gleiche zu bieten, sondern auch mal für ein paar Überraschungen zu sorgen.“ Dass gerade bei den jüngeren Akteuren im Kader ein paar Fehler dazugehören, weiß der Trainer der HG sowieso. Gerade deswegen wäre ein Erfolg zum Auftakt bei der MTG Horst Essen (Sonntag, 17.30 Uhr) vielleicht besonders wichtig. Der Zehnte der Vorjahres-Gruppe 3 hat ebenfalls einen heftigen Umbruch hinter sich und gehört vermutlich zu den Mannschaften, die schlagen sollte, wer sich einigermaßen sicher von der Abstiegszone entfernen möchte. In jedem Fall sind elf Monate Pause nun vorbei: Die HG Remscheid ist heiß auf den Neuanfang.