Regionalliga Nordrhein
Cooler Auftritt: Aachener Banditen rauben Weiden im Derby den Nerv
Der BTB gewinnt beim Nachbarn dank einer taktisch reifen Leistung und eines starken Rückraum-Trios vor 600 Zuschauern verdient mit 26:21.

Du kommst nicht vorbei: Philipp Wydera (Nr. 3) und die Bandits bekämpften die Weidener um Timo Flossbach sehr erfolgreich. (Foto: Walter Schöner)

HC Weiden – BTB Aachen 21:26 (7:14). Wer in einem Derby derart cool daherkommt, hat beste Chancen – trotz rappelvoller Halle, in die höchstens noch eine kleine Maus gepasst hätte, trotz hoher Emotionen. Und am Ende der wie erwartet sehr intensiv geführten Partie zwischen dem Aufsteiger HC Weiden und dem BTB Aachen gab es nicht den geringsten Zweifel daran, dass der Erfolg der Gäste völlig in Ordnung ging. Deren Trainer Martin Becker hatte gute Laune – wie alle Aachener, die rund ein Drittel der gut 600 Zuschauer stellten und direkt nach der Schluss-Sirene in den Karnevalsmodus umschalteten. „Unsere Taktik ist voll aufgegangen“, fand Becker, dem jemand rasch ein Glas mit kühlem Bier in die Hand gedrückt hatte. Auch HC-Kollege Andreas „Giovanni“ Heckhausen, der naturgemäß ziemlich zerknirscht wirkte, stimmte in seiner Kurz-Analyse zu: „Die haben die bessere taktische Ausbildung. Aachen hat verdient gewonnen.“ Der BTB schaffte durch den klaren Erfolg den Konto-Ausgleich auf 6:6 Punkte, während Aufsteiger Weiden vor allem dank der überraschenden Heimsiege gegen die SG Ratingen (26:25) und die SG Langenfeld (28:27) mit 5:7 Zählern immer noch einigermaßen leben kann.

Gar nicht leben konnte der HC dafür mit dem Mittel, das ihnen am Samstagabend sehr gründlich den Zahn zog. Die Bandits aus Aachen hatten sich vorher dafür entschieden, mit einer doppelten Manndeckung zu agieren – gegen Weidens Rückraumspieler Simon Bock und Andreas Micke. Weil der aber zunächst gar nicht auf dem Feld stand, wurde es am Anfang „nur“ die Sonderbewachung für Bock. Erstaunlich: Das Angriffsspiel der Hausherren, die sich so viel vorgenommen hatten, fand praktisch überhaupt nicht statt. Übers 1:4 (10.) und 2:6 (12.) geriet Weiden immer weiter ins Hintertreffen – 3:8 (15.), 4:12 (21.). Der stets eng beschattete Simon Bock rätselte: „Wir wussten eigentlich, was kommt, und haben auch darauf hintrainiert, aber uns sind keine Lösungen eingefallen.“ Dass den Weidenern gelungen wäre, sich bietende Lücken aufzutun – Fehlanzeige. Ganz anders lief es beim BTB, der auf eine gute Deckung mit einem nicht weniger guten Torhüter Peer Dosch bauen konnte und viel effektiver war.

Entscheidendes Plus des Gewinners: Die Achse mit Carsten Jacobs, Simon Breuer und Philipp Wydera schien sich von nichts und niemandem in der Halle beeindrucken zu lassen. Regisseur Breuer: Abgebrüht und die Ruhe selbst. Jacobs im rechten Rückraum: Sachlich und effektiv. Wydera links neben Breuer: Dynamisch und mit jeder Menge Zug zum Tor. Die drei Führungskräfte sorgten immer wieder dafür, dass Aachen das Heft in der Hand behielt und bereits zur Pause eine sehr vielversprechende Basis für den späteren Triumph hatte.

Zu spät aufgewacht: Weidens Torjäger Simon Bock (am Ball) kam erst in der zweiten Halbzeit besser zur Geltung. (Foto: Walter Schöner)

Beim 8:17 (36.) schien das Duell schon gelaufen zu sein, doch die Gastgeber gaben nicht auf und fanden teilweise in die Partie zurück. Ein Grund: Simon Bock kam plötzlich besser zur Geltung, denn ihm gelangen mit dem 10:17 (39.) und 11:17 (41./Siebenmeter) seine ersten beiden Treffer im Derby. Typisch für diesen Abend: Wenig später scheiterte er mit einem weiteren Strafwurf (42.). Dass Weiden nach dem 15:18 (47.) trotzdem kurz an einem Comeback riechen durfte, brachte nervenstarke Aachener sowieso nicht aus dem Konzept, zumal jetzt die große Stunde von Carsten Jacobs schlug. Der Linkshänder erzielte bis zum 21:16 (52.) drei Treffer und machte kurz vor Schluss mit dem 25:20 (58.) endgültig alles klar für die Aachener, die sich nur hin und wieder kleinere Schwächephasen erlaubten und den Kontrahenten so überhaupt ein bisschen hoffen ließen. Unter dem Strich bot der BTB, der zuvor auswärts mit reduziertem Personal zweimal verloren hatte (24:34 in Ratingen, 23:25 in Langenfeld), eine sehr reife Leistung. Dass es mit dem ersten Auswärtssieg ausgerechnet beim Nachbarn Weiden klappte, fanden die Aachener natürlich doppelt großartig. Sie waren diesmal einfach coole Banditen.

HC Weiden: Bayer, Ruettgers – Kuck (2), Weidenhaupt, Hoffmann, Beckers (2), Scheidtweiler (3), Luebke, Flossbach (2), Eiche (1), Micke (3), Habisch, Bock (4/1).

BTB Aachen: Dosch, Elsen – Wydera (7), Saive-Pinkall (2), Jacobs (8/4), Oslender, Breuer-Herzog (4), Bokmann (2), Ürlings, Horn (2), Bardak, Luetz (1), Käsgen.