1. Bundesliga
BHC jubelt nach Krimi, Gummersbach ärgert Kiel
Team von Trainer Jamal Naji holt mit 28:26 gegen Göppingen wieder wichtige Punkte. Dezimierter VfL zeigt beim großen THW einen Blitzstart und trotz des 28:31 eine ordentliche Leistung.

Allein gegen alle? BHC-Rückraumspieler Djibril M’Bengue (beim Wurf) hatte manchmal keine Probleme damit, es mit drei Göppingern aufzunehmen (links Gilberto Brito Duarte, am Boden Tim Kneule, Nummer 21 Blaz Blagotinsek). Der Lohn für den Einsatz der Gastgeber waren zwei ganz wichtige Punkte. (Foto: Michael Jäger)

Bergischer HC – FRISCH AUF! Göppingen 28:26 (15:10). Es war der perfekte Film an einem grauen Sonntagnachmittag. In drei Akten erlebten die offiziell 1821 Zuschauer, die den Weg in die Klingenhalle gefunden hatten, wie der BHC eine Halbzeit lang sehr viel richtig machte, dann unerklärlicherweise vom Kurs abkam, in der Schlussphase den Faden wiederfand und sich selbst das Happy End sowie zwei extrem wichtige Punkte bescherte. Durch den Erfolg über den Traditionsklub aus Baden-Württemberg verbesserte die Mannschaft von Trainer Jamal Naji ihre Bilanz auf 11:15 Punkte und sie steht nun auf Platz zwölf ein gutes Stück vor der Abstiegszone. Dort liegen der ASV Hamm-Westfalen (2:26) und der TSV GWD Minden (6:22) derzeit unterm Strich, während Frisch Auf mit 7:21 Zählern den ersten Nicht-Abstiegsplatz einnimmt. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir in den ersten fünf Spielen in dieser Saison so eine Partie nicht gewonnen hätten. Heute war es zum Beispiel nicht so, dass die Aktionen von Thomas Babak jederzeit geklappt haben – und dennoch schaffen wir es in so einer Phase, wo wir vier glasklare Bälle in Folge verwerfen, wieder rauszukommen und das Spiel erfolgreich zu gestalten. Die Mannschaft hat zu jedem Zeitpunkt dran geglaubt. Das macht mich für heute sehr glücklich und ich bin sehr stolz auf die Mannschaft“, fand Naji.

Die Hausherren gerieten beim 0:1 (3.) und 1:3 (6.) in Rückstand, ließen sich davon aber ebenso wenig aus der Ruhe bringen wie von den frühen Zeitstrafen gegen Djibril M’Bengue (3.) und Frederik Ladefoged (8.). Stattdessen markierte Isaak Persson in Unterzahl die erste BHC-Führung (9./3:2). Und im Spiel sechs gegen sechs hatte Frisch Auf in der Folge deutliche Probleme, Lücken in der aggressiv zupackenden Deckung der Bergischen zu finden. Als ein Ballgewinn und ein schneller Gegenstoß das 7:4 (15.) durch Noah Beyer brachten, war die Klingenhalle erstmals richtig auf Betriebstemperatur. Bis zur Pause fand Najis Team dann auch im Angriff immer wieder gute Lösungen – vor allem über den starken Kreisläufer Ladefoged, der am Ende mit acht Toren bester BHC-Schütze war. Vom 9:8 (21.) legten die Gastgeber das 13:8 (28.) vor und sie nahmen den Fuß bis zur Sirene nicht vom Gaspedal – auch nicht, als Göppingens Axel Goller sechs Sekunden vor dem Abpfiff per Siebenmeter das 14:10 erzielte. Im Eiltempo kam der BHC noch einmal nach vorne und durch Fabian Gutbrod zum 15:10 (30.).

Ernsthaft hatte wohl niemand erwartet, dass sich die Gäste im zweiten Durchgang einfach in ihr Schicksal ergeben würden. Allerdings waren es am Ende die Hausherren selbst, die Göppingen durch eigene Fehler zurück ins Spiel holten. Nach dem 17:12 (34.) produzierte der BHC im Angriff einige haarsträubende Fehlpässe oder scheiterte an Daniel Rebmann im Frisch Auf-Tor. Auch Najis Auszeit beim Stande von 17:14 (37.) konnte nicht verhindern, dass die Partie langsam kippte – 18:16 (39.), 19:19 (44.), 21:22 (51.). Bis zum 21:23 (53.) hatte der Angriff der Bergischen in über 22 Minuten der zweiten Hälfte lediglich sechs eigene Treffer produziert und wenig deutete darauf hin, dass der BHC noch einmal ins Spiel finden würde. Erstaunlicherweise war es nun die Auszeit von Gäste-Coach Hartmut Mayerhoffer (53.), die nicht den gewünschten Erfolg brachte. Ladefoged (54.) und Linus Arnesson (55./Siebenmeter) glichen zum 23:23 aus und kurz darauf brachte Ladefoged sein Team wieder in Führung (57./25:24). Erneut Arnesson vom Siebenmeterstrich (58.) und Beyer (59.) sorgten für das 27:25 genau 71 Sekunden vor dem Ende. Frisch Auf probierte es nach seiner letzten Auszeit natürlich mit einer sehr offensiven Deckung und verkürzte auf 27:26 (60.), doch im finalen Angriff behielt Arnor Thor Gunnarsson die Nerven und traf drei Sekunden vor dem Ende von außen zum 28:26 – der Rest ging im Jubel des BHC unter.

Bergischer HC: Rudek, Johannesson – Beyer (5), Persson (1), Weck, Gunnarsson (1), Ladefoged (8), Babak (2), Szücs, Gutbrod (1), Schmitz, Arnesson (7/4), Bergner, Nikolaisen (1), M’Bengue (2), Stutzke.

 

THW Kiel – VfL Gummersbach 31:28 (14:14). Glücklich ist Gudjon Valur Sigurdsson nach einer Niederlage nie, weil dazu die Ansprüche des Isländers viel zu hoch sind. Das war schon während seiner Karriere als Weltklasse-Linksaußen so und das hat sich seit dem Beginn seiner Trainer-Tätigkeit vor zweieinhalb Jahren bei den Gummersbachern nicht geändert. Aber leben konnte der Isländer doch sehr gut mit dem Auftritt und dem Ergebnis im Handball-Tempel des großen THW Kiel, der natürlich in dieser Saison erneut zu den Top-Favoriten auf die Meisterschaft zählt – was der aktuelle Platz zwei mit 24:4 Punkten direkt hinter den Füchsen Berlin (25:3) auch klar belegt. Dass die Gummersbacher in Schleswig-Holstein als Außenseiter galten, stand vorher sowieso fest und noch mehr deshalb, weil sie ohne ihren verletzten Regisseur Dominik Mappes antreten mussten: Damit fehlte dem VfL mal eben sein mit 77 Treffen aus zwölf Partien erfolgreichster Werfer, der in der Torschützenliste der HBL auf dem fünften Rang liegt. Weil sich die Gummersbacher trotzdem ganz stark in die Partie kämpften und selbst nach drei Vierteln des Spiels noch für einen Sieg in Frage kamen, war Sigurdsson einverstanden: „Glückwunsch den den THW, der Sieg ist am Ende verdient. Eigentlich bin ich ganz zufrieden. Das war von uns insgesamt eine ziemlich gute Leistung. Wie wir angefangen haben und wie die Jungs in den ersten 40, 45 Minuten gedeckt haben – da kann man nur zufrieden sein.“

In jener Anfangsphase erwischte Gummersbach die in den vergangenen Wochen auch durch die Champions League bis an die Grenze belasteten Kieler total auf dem falschen Fuß und fegte wie ein Orkan durch die Halle – 5:0 (6.). Das Team von THW-Trainer Filip Jicha brauchte lange, um sich vom Fehlstart zu erholen und den Anschluss herzustellen, was vor allem ein Verdienst des überragenden Domagoj Duvnjak war (insgesamt acht Treffer). Weil der Rückstand aber bis zum 5:10 (15.) unverändert hoch blieb, zog Jicha ein Ass aus dem Ärmel: Er brachte Sander Sagosen, der bis dahin fast ein halbes Jahr verletzt ausgefallen war – und nun keine zehn Sekunden für seinen Comeback-Treffer zum 6:10 (16.) brauchte. Es blieb bis zum Schluss das einzige Tor des Norwegers, der damit dennoch den Kielern das Signal für eine Art Wende gab. Und tatsächlich machte der THW aus dem 7:11 (18.) schnell das 11:11 (22.), ehe sich ein Duell auf Augenhöhe entwickelte, in dem Gummersbach mit dem 13:12 (25.) wieder führte und ein 14:14 (30.) mit in die Kabine nehmen konnte.

Für zehn Minuten im zweiten Durchgang glich der VfL jeden Rückstand bald aus und mit dem 19:18 (41.) übernahm er wiederum die Führung – allerdings jetzt zum letzten Mal. Was ein echtes Handicap war: Bei einer Abwehraktion erlitt Julian Köster eine Fußverletzung und stand dann für den Rest des Spiels nicht mehr zur Verfügung. „Er hat uns schon sehr gefehlt“, stellte Sigurdsson fest, in dessen Team Köster sowohl vorne als auch hinten eine zentrale Rolle hat. Kiel nahm darauf nachvollziehbar keine Rücksicht, sondern ebnete sich nun konsequent den Weg für den eigenen Erfolg – 21:19 (43.), 25:21 (49.). Gummersbach kämpfte sich zwar auf 23:25 (50.) heran und gab selbst nach dem 23:27 (53.) nicht auf, konnte den Favoriten nun allerdings übers 24:28 (54.) oder 27:30 (57.) nicht mehr ernsthaft in Gefahr bringen. THW-Coach Jicha fasste es treffend zusammen: „Ich bin stolz auf meine Mannschaft, die sich mit einem Arbeitssieg belohnt hat.“ Während die Kieler im Titelrennen ihre erwartete Hauptrolle einnehmen, geht es für den Aufsteiger VfL weiter „nur“ um den Klassenerhalt – für den Platz neun und 14:12 Punkte weiterhin eine hervorragende Basis sind. Und auf den nächsten Kracher können sie sich im Oberbergischen auch direkt freuen, denn am Donnerstag kommen die Rhein-Neckar Löwen (Dritter/21:7 Punkte) in die Schwalbe-Arena.

VfL Gummersbach: Norsten, Ivanisevic – Vidarsson (4), Köster (2), Blohme (7), Schroven, Schluroff (1), Pregler (4), Styrmisson (3), Kiesler, Stüber, Jansen (6), Zeman (1),