DHB-Pokal
Longerich macht Druck – aber zu wenig und zu spät
Drittligist LSC verliert mittelmäßiges Derby in der ersten Runde gegen den Zweitligisten TSV Bayer Dormagen mit 27:29.

Bitte in diese Richtung: Dormagens Trainer Julian Bauer konnte unter dem Strich mit dem Ergebnis in der ersten Runde des DHB-Pokals gegen den Longericher SC gut leben. Keeper Christian Ole Sminonsen (links) war mit einer Quote von 31 Prozent abgewehrter Bälle ein sicherer Rückhalt. (Foto: Thomas Schmidt)

Longericher SC – TSV Bayer Dormagen 27:29 (11:15). Plötzlich war es doch noch mal spannend in dieser ziemlich durchschnittlich daherkommenden Partie, die Dormagen beim Drittligisten als Zweitligist über weite Strecken nahezu mühelos beherrscht hatte. Vor allem in zwei Schnellstartphasen am Anfang der ersten Hälfe bis zum 7:2 (11.) sowie in den ersten Minuten des zweiten Abschnitts bis zum 18:11 (35.) und 19:12 (36.) wirkte die Mannschaft von Trainer Julian Bauer, als wäre sie mindestens eine Nummer zu groß für die Hausherren – die an diesem Tag beim Pflichtspiel-Start in die Saison 2025/2026 für einen Sieg eine über 60 Minuten gute Leistung gebraucht hätten, die sie dann allerdings nicht abrufen konnten. Was am Ende gegen den LSC sprach: Er leistete sich zu viele Fehler, hatte defensiv zu viele Lücken und offensiv zu wenige Einfälle. Was  am Ende für die Longericher sprach: Sie gaben selbst angesichts des hohen Rückstands nach der Pause nicht auf und kämpften sich in die Partie zurück, wobei ihnen die sicher nicht die Sterne vom Himmel spielenden Gäste durch eigene Durchhänger halfen. Dass der TSV am Ende vorne blieb, ging trotzdem in Ordnung, zumal die Hausherren kein einziges Mal führten und bloß mit dem frühen 1:1 (4.) durch Jonas Kämper ausgleichen konnten. Eine Woche vor dem Meisterschafts-Auftakt in der 3. Liga am nächsten Samstag bei der HG Saarlouis wurde deutlich, dass bei Longerich zurzeit längst nicht alle Puzzleteile zu hundert Prozent passen – was so gleichzeitig für die Dormagener gilt, für die es in der 2. Bundesliga am 30. August beim TuS N-Lübbecke losgeht.

Bayer legte mit seinem ersten Angriff das 1:0 (1.) vor und ließ sich von Kämpers 1:1 nicht von der Fortsetzung seines Turbohandballs abhalten. Bauers Team nutzte jeden Schwachunkt des LSC, zu denen der Angriff durch Ballverluste und Fehlversuche beitrug, während die Abwehr meistens keinen Zugriff fand, ziemlich konsequent aus. Was besonders für die erste Halbzeit galt: Hätte nicht LSC-Keeper Lennart Kull ein paar beeindruckende Paraden gezeigt, wäre der Abend sehr früh gelaufen gewesen. Nach dem 6:10 (19.) verkürzte Longerich zwar auf 8:10 (21.), doch der Zweitligist behielt immer die Kontrolle – 12:9 (23.), 13:10 (26.), 14:11 (27.), 15:11 (28.). Weil Dormagen mit dem 16:11 (33.) von Luca Christ, dem 17:11 (34.) von Kaj Kriescher und dem 18:11 (35.) durch Frederik Sondermann innerhalb von 83 Sekunden drei Treffer nachlegte, drohte das Pokalderby vorzeitig zum Langweiler zu werden – was unter anderem Dormagen selbst verhinderte. Trainer Bauer formulierte es treffend: „Zwischendurch hatten wir Probleme in unserer eigenen Überzahl und Chancenverwertung, weswegen wir das Spiel nochmals aufgemacht haben.“ Die Mannschaft von LSC-Trainer Chris Stark nutzte jetzt die Gunst der Stunde, war beim 17:19 (42.) vom Lukas Martin Schulz plötzlich dicht dran und hielt anschließend immer den Sichtkontakt – 20:23 (48.), 21:24 (50.), 23:25 (52.), 24:28 (55.), 25:27 (56.).

In einer Überzahl nach der Zeitstrafe gegen Dormagens Moritz Köster (56.) verkürzte Severin Henrich auf 26:27 (57.), sodass drei Minuten vor der Schluss-Sirene überraschend eine Wende drin zu sein schien – in einem Duell, in das unter dem Strich beide Seiten reichlichst Fehler einstreuten. Peter Strosack (31), der „Oldie“ im ansonsten sehr jungen Team der Dormagener, verwandelte nun einen Siebenmeter zum 28:26 (58.), bevor der LSC in Unterzahl (59./Zeitstrafe gegen Henrich) durch Kämper auf 27:28 (60.) verkürzte und der TSV in einer Auszeit genau 25 Sekunden vor dem Ende letzte Absprachen traf, um den Sieg über die Runden zu bringen. Der Plan funktionierte, weil Moritz Köster mit dem späten 29:27 (60.) für die Entscheidung und kollektives Aufatmen bei den Gästen sorgte. „Wir haben in kritischen Phasen die Ruhe bewahrt und uns nicht von der Hektik der anstecken lassen“, fand TSV-Coach Bauer. Ganz nebenbei dürfen sie in Dormagen von einem Duell mit einem der ganz Großen aus der Branche träumen: In der zweiten Runde (30. September bis 2. Oktober) steigen auch 14 der 18 Erstligisten in den DHB-Pokal ein. Den Longerichern bleibt dagegen vor allem der Trost, dass sie die zweite Halbzeit mit 16:14 für sich entschieden haben und die Phase nach dem 12:19 sogar mit 15:10.

Longericher SC: Kull, Babic – Woermann (4), Pyszora (1), Henrich (1), Richter (3), Gerfen, Bertenbreiter (1), Niehaus (3), Leitz (2), Schulz (6/1), Kaysen, Nolting (2), Kemp, Becker, Kämper (4).

TSV Bayer Dormagen: Oberosler, Simonsen – Krist (4), Srugies, Leis (5), Kriescher (3), Köster (5), Pedersen, Böckenholt (2), Strosack (6/4), M. Schmidt (1), J.-Chr. Schmidt (1), Pauli, Sondermann (2), Hein.