Überlegungen zum Neustart
DHB und Schweiz: Läuft der Handball bald wieder?
Beide Verbände wollen unter speziellen Bedinungen die baldige Rückkehr ins Training.

Beinarbeit: Was hier die Torhüter des VfL Gummersbach beim Training zur Saison-Eröffnung 2019/2020 vormachen, könnte vielleicht bald wieder ein gewohntes Bild in manchen Hallen sein. (Foto: Thomas Schmidt)

Taucht da ein Licht in der Dunkelheit auf? Werden sich Handballer in nicht so ferner Zukunft im Ansatz wieder mit ihrem Lieblings-Spielgerät befassen können? Die Wünsche aller richten sich natürlich nicht so sehr darauf, dass es morgen wieder wie früher losgeht. Aber Heimtraining, Fitness-Programme aller Art und Challenges der verschiedensten Sorten sind auch nur „Brücken-Technologien“ – die eine Lücke füllen sollen nach dem coronabedingten Abbruch der Saison 2019/2020, der Verantwortliche, Spieler und Vereine gleichermaßen vor dieselbe Frage gestellt hat: Wie geht es weiter? Lange gab es darauf gar keine Antwort, dann den unsicheren Blick in eine Glaskugel mit den verschiedensten Szenarien. Jetzt scheint es hier und da einen Hoffnungs-Schimmer zu geben – möglicherweise bei allen aktuellen Unwägbarkeiten sogar eine echte Perspektive. Erstes Beispiel: Der DHB als Dachorganisation aller Handball-Treibenden in Deutschland hat ein „Positions-Papier“ mit der Überschrift „Return to play – Rückkehr in den Vereinssport“ herausgegeben. Danach könnte am 7. Mai eine Phase beginnen, die handballspezifisches Kleingruppen-Training unter freiem Himmel umfasst und dann im besten Fall der Fälle in den Wettkampf- und Spielbetrieb mit Publikum mündet. Handball Schweiz, der Verband des Nachbarn, geht ab dem 11. Mai einen Schritt weiter. Sein Leitfaden: „Wieder-Aufnahme vom Handball-Trainings.“ Gemeint sind Kleingruppen mit maximal fünf Personen ohne Körperkontakt. Die Schweizer dürfen nach diesem Modell allerdings sofort zurück in die Halle.

Beide Verbände betonen auf jeder Seite, dass umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten seien. „Der Handball lebt vom Kontakt, aber Abstand ist das aktuelle Gebot. Angesichts der Corona-Pandemie müssen wir deshalb kreative und weiter verantwortungsvolle Möglichkeiten finden, wie wir das Training auch in den Sporthallen wieder aufnehmen und zum Spiel zurückkehren können“, sagt Mark Schober, der Vorstandsvorsitzende des DHB, „oberste Priorität hat weiterhin der Infektionsschutz, aber wir müssen auch in dieser Zeit darauf achten, dass wir unsere Vereinsstrukturen erhalten und vor allem Kindern und Jugendlichen die Wiederaufnahme von Training ermöglichen.“ Im Positionspapier sind für die jeweiligen Stufen sogar Starttermine hinterlegt – und diese sind wiederum abhängig von der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie sowie möglichen Lockerungen. Schober: „DHB und Landesverbände bleiben auf allen Ebenen im Austausch mit Politik und Behörden. Wichtig für den Handball und generell für den Mannschaftssport ist, dass wir in einer sinnvollen Diskussion um Lockerungen Gehör finden, um den Handballsport den Umständen angepasst wieder zurück in die Hallen zu bringen.“

Basis für alle Überlegungen: Trainings können selbstredend nur stattfinden, wenn kein aktueller Vorfall oder Verdacht einer Infektion vorliegt. Am langen Ende steht für den DHB insgesamt jedoch außer Frage, dass die möglichst baldige Rückkehr in zur Verfügung stehenden Hallenbetrieb nötig sei – um den Handball als Sport zu erhalten und das Wegbrechen von Mitgliedern in den Vereinen zu verhindern. Das sind die angedachten Schritte zurück:

Objekt der Begierde: Ihr Spielgerät durften die Handballer jetzt wochenlang nicht mehr benutzen – oder höchstens im heimischen Wohnzimmer. (Foto: Burkhard Kasan)

Stufe 1: Autonomes Training: Athletik- und Techniktraining mit Empfehlungen – also das, was viele Vereine zurzeit praktizieren. Der Jetzt-Stand.

Stufe 2: Individuelles Training: Wie 1, aber mit Partner und unter Anleitung eines Trainers. Punkt kann nach Ansicht des DHB bei den Amateuren aufgrund fehlender personeller Ressourcen übersprungen werden.

Stufe 3: Kleingruppentraining Outdoor. Handball in Kleingruppen ohne Zweikämpfe. Beginn 7. Mai.

Stufe 4: Kleingruppentraining Indoor. Wie 3, aber in der Halle. Beginn 18. Mai.

Stufe 5: Mannschaftstraining: Handball ohne Zweikämpfe. Beginn 1. Juni.

Stufe 6: Mannschaftstraining: Handball mit Zweikämpfen. Beginn 1. Juli.

Stufe 7: Wettkampfbetrieb: Spiele ohne Publikum. Beginn 1. August.

Stufe 8: Wettkampfbetrieb: Spiele mit Publikum. Beginn 1. September.

Für jede einzelne Stufe besonders von 2 bis 6 ist genau festgelegt, wie der Zugang und das Verlassen einer Halle auszusehen haben, dass penibel die Hygiene-Maßnahmen einzuhalten sind, wo sich die Spieler aufzuhalten haben, wie Trainer die Einheit dokumentieren müssen und wer das alles kontrolliert: „Es wird empfohlen, eine verantwortliche Person zur Qualitätssicherung und zur Einhaltung der Richtlinien zu benennen, die dafür Sorge trägt, dass alle nötigen Regelungen eingehalten werden (zum Beispiel Kennzeichnung der Ein- und Ausgänge, Bereitstellung von Desinfektionsmittel). Es handelt sich um einen umfangreichen Aufgaben-Katalog – den sich die meisten Vereine/Trainer/Spieler aber vermutlich sehr gerne zumindest ansehen werden. Alle Details gibt es hier.

Die Handball-Freunde aus der Schweiz machen vieles in Bezug auf Kontrolle und Gestaltung einzelner Einheiten gar nicht so viel anders. Auch sie teilen ein Spielfeld in verschiedene Bereiche auf und sie gehen schrittweise vor – immer die Entwicklung der Infektionszahlen im Auge behaltend. Die Devise: Kein Training ohne Schutzkonzept. Genau das hat der Schweizerische Handball-Verband für seine Vereine ausgearbeitet. Es dient als Grundlage für die zu erstellenden „individuell-konkreten Schutzkonzepte“, die sich nach den örtlichen Gegebenheiten richten. Klarer Unterschied zum DHB: Die Schweiz will bereits ab dem 11. Mai wieder Hallen-Trainings in Kleingruppen mit maximal fünf Personen ohne Körperkontakt und unter Einhaltung der Hygiene- und Distanzregeln erlauben. Den Vereinen wird empfohlen, sich am Konzept des Verbandes zu orientieren – weil sie es bei einer Kontrolle ihrem Kanton vorzeigen müssen.

Ein paar Kernpunkte: Auf einem Spielfeld kann es zwei Trainingsgruppen geben, die Trainer bilden eine separate Gruppe und die Gruppenzusammensetzung bleibt unverändert. Die Spieler müssen bereits in Trainingskleidung in die Halle kommen, die Zugangszeiten zum Training sind genau festzulegen. Dass die Schweizer bei aller Ernsthaftigkeit den Humor nicht verloren haben, zeigt folgende Passage: „Jede Trainingsgruppe hat eigene, speziell markierte Bälle, die nur von dieser Gruppe angefasst werden dürfen. Rollt ein Ball in eine andere Trainingsgruppe, darf dieser nur mit dem Fuß zurückgespielt werden.“ Jede Wette: Das ist im „normalen“ Training einfach an der Tagesordnung. Vorstehende Regelungen gelten im Übrigen für alle Amateur-Handballer. Weniger strenge Rahmenbedingungen setzt Handball Schweiz für den Spitzensport (hier vor allem 1. Liga und Nationalkader): „Dort sind Trainings mit mehr als fünf Personen und auch Körperkontakt zugelassen. Die im Schutzkonzept erwähnten Schutz- und Hygiene-Maßnahmen vor und nach dem Training sind aber ebenfalls strikt einzuhalten.“ Alle Details und die PDF-Datei zu den Schutz-Maßnahmen gibt es hier.

Wir sind gespannt darauf, wie sich die Dinge entwickeln. Die Vereine haben nun immerhin erste konkrete Ideen im Werkzeugkasten, um sich auf eine Rückkehr in den Wettkampf-Modus vorzubereiten. Vielleicht ist da tatsächlich ein Licht in der Dunkelheit aufgetaucht. Vielleicht werden sich Handballer in nicht so ferner Zukunft wirklich im Ansatz wieder mit ihrem Lieblings-Spielgerät befassen können.