27. Februar 2025 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Unruhestifter: Der schnelle Akihisa Yamada (Mitte) war mit sechs Treffern der beste Feldtorschütze der Ratinger und für die Dormagener Abwehr (links Jan-Christian Schmidt, rechts Jan Stolzenberg) eine beständige Gefahrenquelle. (Foto: Markus Verwimp)
TSV Bayer Dormagen II – Interaktiv.Handball 31:38 (18:19). Das war eine klare Ansage und gleichzeitig das Ende der Durchsage – denn der Kampf um die Meisterschaft ist sechs Runden vor dem Ende der Saison entschieden und die Ratinger werden, falls nicht noch ganz und gar Außergewöhnliches passiert, im Jahr eins nach dem Abstieg direkt wieder in die 3. Liga zurückkehren. Es gab am Ende der 60 Minuten in diesem Wiederholungsspiel auch keinerlei Zweifel daran, dass der Sieg der Gäste völlig in Ordnung ging – weil sie deutlich kompakter auftraten, weil sie vor allen Dingen in den ganz wichtigen Szenen entschlossener wirkten und als Mannschaft einfach den besseren Handball zeigten. Interaktiv steht nun bei 32:4 Zählern klar vor der TSV Bonn rrh. (25:11), den Dormagenern (24:10) und dem HC Weiden (21:11), der mit dem 33:24 am 14. Dezember 2024 in Ratingen als bislang letztes Team gegen Interaktiv gewinnen konnte. Anschließend sammelte der Spitzenreiter makellose 16:0 Zähler und er ist im Kalenderjahr 2025 mit sieben Siegen noch ungeschlagen. Verständlich: Direkt nach dem Abpfiff feierten die Ratinger, deren Fans in der Halle zunehmend akustisch den Ton angaben, hinterher unmittelbar vor dem Beginn der heißen Phase im Karneval schon mal völlig losgelöst. „Respekt, das war ein Zeichen an alle“, fand Stanko Sabljic, der spielende Sportliche Leiter der Gäste, „wir haben verdient gewonnen und ich bin sehr stolz auf die Mannschaft. Wir hatten eine große Unterstützung, das macht eine Riesenfreude.“ Dormagens Trainer Moritz Adam fand nachvollziehbar weit weniger Freude an diesem für den TSV Bayer frustrierenden Abend: „Die Geschichte des Spiels ist schnell erzählt und liegt vor allem in der Torwartleistung begründet – die auf Ratinger Seite extrem gut war und auf unserer Seite nicht so gut. Wir können sicherlich im Umkehrschluss auch über unsere Abschluss-Qualität sprechen. Wir gratulieren auf jeden Fall einem verdienten Sieger aus Ratingen, die sich hier zu Recht durchgesetzt haben.“ Letzteres stimmt, Puzzleteil eins ebenfalls – eignet sich aber nur zum Teil als Erklärung. Natürlich hatte Interaktiv zuerst in Sebastian Bliß und auf der Zielgeraden in Denis Karic eine zum Top-Spiel passende Qualität zwischen den Pfosten. Es war trotzdem definitiv nur einer der Gründe.
Am 7. Dezember 2024 hatten sich die Ratinger im ersten Anlauf ebenfalls in Dormagen durchgesetzt – 27:26, doch der Verband hatte dem Einspruch der Gastgeber stattgegeben und die Partie wegen eines in der Schlussphase entstandenen Regelverstoßes durch die Schiedsrichter neu angesetzt. Die Hoffnung der Hausherren: Die Niederlage werde sich korrigieren lassen. Um das hinzubekommen, griff der TSV dabei zu massiver Verstärkung aus dem eigenen Zweitliga-Kader, denn auf dem Spielbericht tauchten in Luca Krist, Kaj Kriescher, Felix Böckenholt, Jan-Christian Schmidt und Sören Steinhaus gleich fünf Spieler auf, die zwei Tage zuvor (24. Februar) in der 2. Bundesliga gegen den Tabellenfüher Bergischer HC auf der Platte gestanden und dort beim 26:35 insgesamt 18 Treffer erzielt hatten. Sören Steinhaus (111 Treffer) und Schmidt (86) belegen zudem in der Torschützenliste der zweithöchsten deutschen Klasse die Ränge drei und 16. Besondere Vorteile ergaben sich daraus allerdings nicht und die Partie lief vielmehr bei wechselnden Führungen und vielen Fehlern auf beiden Seiten zunächst fast immer auf Augenhöhe – 5:3 (7.), 7:7 (12.), 8:10 (15.), 11:11 (19.), 13:12 (22.), 15:15 (27.), 18:19 (30.). Was folgte, war eine außergewöhnliche zweite Halbzeit, in der sich die Gäste zunächst auf 22:19 (35.) absetzen konnten. Vorweggenommen: Dormagen wird sich fragen müssen, was es in seinen Auszeiten abgemacht hat.
Die erste Auszeit nach dem 19:22 hatte direkt einen Ballverlust und das sofortige 19:23 (37.) zur Folge, ehe Interaktiv die Konfusion bei den Gastgebern zu drei weiteren Toren nutzte, auf 26:19 (39.) erhöhte und dafür nur zwei Minuten benötigte. Folge daraus war allerdings noch keine Dominanz der Gäste, die vielmehr vorübergehend komplett den Faden verloren und sich insbesondere bei Keeper Sebastian Bliß bedanken durften, dass sie trotz einer Schwächephase immer vorne blieben – 26:23 (42.), 27:26 (47.), 28:27 (48.), 30:27 (50.). Auf der Zielgeraden war es dann der Torhüter-Kollege Denis Karic, an dem viele Dormagener Versuche scheiterten, bevor die 55. Minute beim Stande von 32:29 alles in klare Bahnen lenkte – obwohl hier zuerst Ratingens Luca Wenzel mit einer Roten Karte (dritte Zeitstrafe) die Platte verlassen musste. Was passierte? Dormagen nahm vier Minuten und 40 Sekunden vor dem Ende seine letzte Auszeit und brachte sich anschließend in einer Mischung aus Pech und Unvermögen um alle Chancen. Zunächst landete der unmittelbar und ohne Vorbereitung abgegebene Wurf bei Karic. Anschließend wirkte der TSV Bayer völlig überfordert und Ratingen wie entfesselt – 33:29 (57.), 34:29 (57.), 35:29 (58.), 36:29 (58.), 37:29 (59.). In der Addition beider Auszeiten ergab sich für die zusammen rund sieben Minuten danach eine 0:9-Serie und im Umkehrschluss aus Ratinger Sicht ein 9:0. Das war unter dem Strich sicher nicht nur eine Torhüterfrage und die Antwort darauf, wer mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Meisterschaft holt, liegt umso deutlicher auf dem Tisch.
TSV Bayer Dormagen II: Borreck, Bach – Landau (5), Stolzenberg (3), Emmerich (1), Bach, Sondermann (3), Szabo (3), Kaysen (2), Böckenholt (2), Adam, Schmidt (4), Kriescher (1), Steinhaus (4), Krist (3/1).
Interaktiv.Handball: Bliß, Karic – Heinrichsmeyer, Schulz (6), Perschke, Kübler (4), Surowka, Yamada (6), Poschacher (2), Koenemann (4), Maric (7/6), Wenzel (5), Sabljic (4).