3. Liga
Nachsitzen: „Es gibt nichts Geileres als solche Spiele“
Aldekerks Trainer Tim Gentges freut sich trotz zusätzlicher Belastung sogar auf den Start in die "Klassenverbleibsrunde" beim TV Bissendorf-Holte.

Der aus dem Nebel kommt: Kapitän Jonas Mumme wünscht sich für sein bevorstehendes Karriereende nichts so sehr wie den Klassenerhalt seiner Aldekerker. (Foto: Carsten Wulf)

Nachsitzen ist ja unter anderem definiert als Erziehungs- oder Ordnungsmaßnahme einer Schule. Ein Grund könnte sein, dass ein Schüler vielleicht Unterricht versäumt hat. Beliebt ist das Instrument sicher gerade bei den Betroffenen nicht und in manchen Bundesländern sogar heftig umstritten. Nicht wenige stellen sich da die Sinnfrage. Das Verfahren lässt sich trotzdem auf eine besondere Weise auch auf die 3. Liga herunterbrechen, das nun bei einem Teil der Vereine weitere Wochen mit Training und Vorbereitung erfordert – weil das sonst garantiert nichts wird mit einem positiven Ende. Der Unterschied zur reinen Strafe: Als vor Kurzem herauskam, dass es weitergeht, war das wie aus heiterem Himmel eine unverhoffte Chance – die durchaus unerwartete Gelegenheit, in den vergangenen Monaten Versäumtes auf die Schnelle auszubügeln. Im Rückblick: Weil zwei Landesverbände des DHB keine Aufsteiger aus der Regionalliga in die 3. Liga gemeldet hatten, waren dort plötzlich noch zwei Plätze für die Saison 2025/2026 frei und als Instrument zur Ermittlung der relativ Glücklichen stand bald eine  „Klassenverbleibsrunde“ fest. Einer der Teilnehmer dort ist der TV Aldekerk, der als Drittletzter der Gruppe Süd-West auf den TV Bissendorf-Holte trifft, den Drittletzten der Gruppe Nord-West. Setzen sich die Aldekerker in der Addition aus dem Hinspiel am Sonntag  (17 Uhr) in Niedersachsen und dem Rückspiel am 24. Mai (19.30 Uhr) in der Vogteihalle durch, haben sie ein Ticket für die Drittliga-Saison 2025/2026 gelöst. Dasselbe gilt für den Gewinner aus den beiden Duellen zwischen dem SV Plauen-Oberlosa (Gruppe Süd) und dem HC Burgenland (Gruppe Nord-Ost).

Massiven Druck oder Bedenken, dass alles zu viel sein könnte, sind bei TVA-Trainer Tim Gentges trotz der zusätzlichen Strapazen und trotz der Bedeutung der Partie vor der Dienstreise in der Landkreis Osnabrück nicht zu erkennen – eher ist das Gegenteil der Fall. „Natürlich haben wir den vollen Fokus auf diese beiden Spiele und wir sollten uns in erster Linie darauf freuen“, sagt Gentges, „es sind Endspiele und es spielt keine Rolle, ob es eins um den Titel ist oder eins um den Klassenerhalt. Wir haben uns diese Spiele am Ende des Tages verdient und es gibt doch nichts Geileres als solche Spiele. Wir müssen sehen, dass wir in Bissendorf einen klaren Kopf bewahren und ein gutes Ausgangs-Ergebnis erzielen. Wir haben gut trainiert, wir haben gut analysiert. Meine Jungs sind gewappnet, meine Jungs sind heiß – und wollen es natürlich auch beenden. Wir fahren gut vorbereitet hin zur ersten Halbzeit dieses Endspiels und dann sehen wir, dass wir das bestmögliche Ergebnis an diesem Tag rausholen, um im besten Fall natürlich zu Hause den Sack zuzumachen.“ Was keine Überraschung ist: Kollege Andrej Kurchev wird das für sein Team aus dem Landkreis Osnabrück ganz ähnlich sehen. Auch der TV Bissendorf-Holte hofft auf eine randvolle Halle, auf maximale Unterstützung durch seine Fans, auf ein Happy End in dieser langen und herausfordernden Saison.

Ein Favorit lässt sich vor dem Start in die Extraschichten nicht ausmachen und der TV Aldekerk kann rein statistisch wenig Argumente für sich in die Waagschale werfen. Seine 14:46 Punkte sind sogar die geringste Ausbeute aus den 30 Spielen der Normalrunde – hinter dem HC Burgenland (22:38), der mit seiner Bilanz in der Aldekerker Gruppe relativ sicher die Klasse gehalten hätte, sowie hinter Bissendorf-Holte (17:43) und dem SV Plauen-Oberlosa (17:43), die beide in der Gruppe Süd-West mit ihrem Konto ebenfalls am rettenden Ufer gewesen wären. Deutliche Unterschiede bietet der Blick auf Abwehr und Angriff: So hat der TVA nur 814 Tore erzielt, was einem Durchschnitt von fast genau 27 Treffern pro Partie entspricht, während sich Bissendorf-Holte mit 944 Toren bei einem ordentlichen Schnitt von 31,4 bewegt. Hinten liegen dafür ziemlich überraschend ein paar Vorteile auf der Seite des TVA: Seine 972 Gegentreffer (32,4) waren in der Gruppe Süd-West zwar der zweitschlechteste Wert, sind allerdings immer noch besser als die 1044 (34,8) des TVBH. Daraus folgt erstens: Bei beiden kann es insgesamt nicht als Zufall durchgehen, dass die Versetzung gefährdet ist. Daraus folgt zweitens: Es könnte richtig spannend werden. Wie sich das Nachsitzen in echt anfühlt, hängt dann wohl einfach vom Ergebnis ab.