Regionalliga Nordrhein
Klein, aber fein: Wie Korschenbroich seine Chancen sieht
Der Drittliga-Absteiger will auf jeden Fall oben mitmischen. Sven Bartmann und Max Hartz sind Top-Zugänge, aber der Kder ist mit nur 13 Spielern (noch) zu klein.
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Geschichte: Auch Frank Berblinger ist ziemlich handball-verrückte. Weitere Einsätze als Spieler des TV Korschenbroich schließt er aber zu fast einhundert Prozent aus. (Foto: Sven Frank)

An jenem 4. Mai 2024 war der TV Korschenbroich mit dem Unternehmen Aufstieg endgültig durch und mit dem 30:25 über die SG Langenfeld verabschiedete sich das damals von Dirk Wolf trainierte Team am Ende einer sehr abwechslungsreichen Saison aus der Regionalliga in die 3. Liga – als Meister vor dem TSV Bayer Dormagen II und der TSV Bonn rrh., deren Coach Frank Berblinger anschließend den beizeiten angekündigten Wechsel in die Waldsporthalle vollzog. Die gemeinsame Hoffnung aller: Der TVK werde sich eine Etage höher behaupten, zumindest drei Mannschaften hinter sich lassen und so das Thema Klassenerhalt relativ glatt bearbeiten können. Dabei war die Welt nach dem zweiten Spieltag der Saison 2024/2025  auch völlig in Ordnung, weil Korschenbroich sein Konto durch ein 27:24 über den Mit-Aufsteiger VTV Mundenheim aus Ludwigshafen ausglich und gleichzeitig die allgemeine Ligatauglichkeit unter Beweis stellte. Was da noch niemand ahnte: Diesem Erfolg konnte der TVK in der Hinrunde nur einen weiteren hinzufügen – am 26. Oktober beim 26:24 gegen die Bergischen Panther. Die vier Zähler aus der ersten Halbserie gaben anschließend keine tragfähige Basis für den Kampf gegen den Abstieg ab und trotz der Steigerung im zweiten Teilstück gab es 2025 ebenfalls immer wieder Rückschläge, sodass es in der Summe bei 13:47 Zählern blieb. Korschenbroich musste als Vorletzter zusammen mit dem Drittletzten TV Aldekerk (14:46) und dem Letzten Mundenheim (9:51) zurück in die Regionalliga.

„Es war von vornherein klar, dass es schwer wird, in der 3. Liga zu bestehen“, sagt Frank Berblinger im Rückblick, „wir haben uns nichts vorzuwerfen.“ Ob es ohne die zahlreichen personellen Ausfälle, die den TVK regelmäßig erwischten und zu vielen ungewöhnlichen Maßnahmen zwangen, ein Happy End gegeben hätte, lässt sich kaum mit letzter Gewissheit feststellen. Sicher ist dafür, dass es ohne die permanent zu stopfenden Lücken im Kader kein Spieler-Comeback des Trainers Berblinger auf der Platte gegeben hätte – wie am 6. April 2025 im Spiel bei der HSG Rodgau Nieder-Roden (32:32) und am 11. April 2025 gegen den TV Aldekerk (28:31). Dass sich Ähnliches wiederholt, schließt der 48-Jährige aus: „Man soll zwar nie nie sagen, doch das kommt nicht in Frage.“ Der einstige Rechtsaußen gab als Rückraum-Aushilfe gar keine schlechte Figur ab und er trug sich durchs 27:30 in der 53. Minute in die Torschützenliste ein, als der Ball nach einem Wurf in übersichtlichem Tempo den Weg über die Linie fand. Was aus Berblingers Sicht bei solchen Einsätzen fehlt, sind etwa der unverstellte und umfassende Blick aufs Geschehen oder einfach die Chance, gezielter Maßnahmen im Sinne der Mannschaft zu ergreifen.

„In der Rückrunde waren wir viel besser drin“, findet Berblinger, „aber natürlich haben wir den einen oder anderen Big Point nicht gemacht.“ So hätte Korschenbroich zu Hause weder gegen das HLZ Friesenheim-Hochdorf II (26:27) noch später gegen den TV Aldekerk (28:31) verlieren dürfen, um auf einen grünen Zweig zu kommen. Auf der anderen Seite wies der TVK mit dem 26:26 gegen den TuS 82 Opladen (Achter), dem 30:30 gegen den TV Gelnhausen (Zweiter) oder eben durchs 32:32 in Rodgau Nieder-Roden (Siebter) sowohl einen hohen Einsatz als auch die allgemeine Klassentauglichkeit nach. Deshalb brachte die Rückrunde insgesamt neun Punkte aufs Konto – nicht überwältigend viel. Wäre aber die Hinrunde ähnlich ausgefallen, wäre die Bilanz insgesamt bei 18:42 Zählern gelandet und hätte in dieser Saison 2024/2025 in der Gruppe Süd-West der 3. Liga für eine Position am rettenden Ufer gereicht. Dort landeten allerdings nicht die Korschenbroicher, sondern die Bergischen Panther (17:43) und die TSG Haßloch (16:44). Ein weiteres Detail aus der Statistik belegt ebenfalls, dass sich der Abstieg kaum vermeiden ließ: Mit 841:980 Treffern (minus 139) verzeichnete Korschenbroich das drittschlechteste Torverhältnis und die 980 Gegentreffer – im Durchschnitt 32,66 pro Partie – waren der schwächste Wert in der Klasse. Mit den 841 selbst erzielten Toren (28,03 pro Spiel) ließ der spätere Absteiger dagegen immerhin fünf Konkurrenten hinter sich.

Der mit dem klaren Blick: Torhüter Sven Bartmann will mit dem TV Korschenbroich viel erreichen. (Foto: Thomas Schmidt)

Der mit dem klaren Blick: Torhüter Sven Bartmann will mit dem TV Korschenbroich viel erreichen. (Foto: Thomas Schmidt)

Aus dem bisherigen Kader sind Lucas Feld, Milan Müller, David Ghindovean, Melle van Katwijk und Mika Schoolmeesters nicht mehr an Bord. Die Liste der Zugänge ist kürzer, bietet dafür aber Top-Qualität und die Verpflichtung von Sven Bartmann geht wohl als das durch, was hier und da den Titel „Königstransfer“ trägt. Der 38 Jahre alte Keeper, der jüngst noch maßgeblich am Aufstieg der HSG Krefeld Niederrhein aus der 3. Liga in die 2. Bundesliga beteiligt war, bringt eine starke Mischung aus Leidenschaft für den Handball und enormes Können mit nach Korschenbroich, wo er von 2010 bis 2012 in den frühen Jahren seiner Karriere schon einmal zwischen den Pfosten stand. Durch Bartmann und Felix Krüger (28), der seit 2016 und damit bereits neun Jahre beim TVK ist, geht der Wieder-Regionalligist im Tor ungewöhnlich gut besetzt an den Start. Und beim Blick aufs komplette zur Verfügung stehende Personal zeigt sich Trainer Berblinger ebenfalls sehr zufrieden: „Unser Kader ist sicher nicht schlechter geworden, da sind wir gut bis sehr gut dran.“ Ein Grund für die Einschätzung: In  Max Hartz (28/zuletzt HSG Saarbrücken) kam für die linke Seite und die Mitte ein Rückraumspieler mit Drittliga-Erfahrung – was die Korschenbroicher ebenfalls voranbringen sollte, jedoch ein anderes Themenfeld nicht lösen kann. „Unser Problem ist die Quantität“, sagt Trainer Berblinger, dem bis jetzt nur 13 Spieler zur Verfügung stehen, also neben den beiden Torhütern lediglich elf Feldspieler. Zu kurz sieht die personelle Decke dabei auf der rechten Seite aus, wo in Henrik Schiffmann für den Rückraum und Florian Krantzen für die Position Rechtsaußen bloß zwei Linkshänder dabei sind.

Dass sich Team und Trainer nicht als den heißesten Kandidaten für den (Wieder-) Aufstieg in die Regionalliga betrachten, hat allerdings weniger damit zu tun, sondern eher mit dem Respekt vor der Konkurrenz. „Gibt es diesen einen großen Favoriten überhaupt?“, fragt Berblinger, der vom Vizemeister TSV Bonn rrh. und dem Dritten HC Weiden bis hin zu den Aufsteigern Borussia Mönchengladbach und HG am Hallo Essen ausreichend starke Konkurrenz erkennt. An der grundsätzlichen Ausrichtung rund um die Waldsporthalle lässt er auf der anderen Seite trotzdem keine Zweifel aufkommen, denn der Weg soll über kurz oder lang zurück in die 3. Liga führen: „Wir haben da Blut geleckt und wir wollen so weit wie möglich oben mitspielen.“ Vermutlich werden die Korschenbroicher mit diesem Ziel erneut einer der wenigen Regionalligisten sein, die sich relativ mutig äußern. Vor einem Jahr und dem Beginn der Saison 2024/2025 herrschte in diesem Bereich die totale Ebbe und niemand traute sich aus der Deckung. Vor zwei Jahren war es im Übrigen schon einmal Korschenbroich, das eine klare Idee verfolgte und sie letztlich mit der Meisterschaft in die Tat umsetzte. Das muss jetzt nicht wieder so eintreten, könnte aber passieren. Und auf keinen Fall kann die Konkurrenz davon ausgehen, dass der TVK noch irgendwie mit dem Abstieg allgemein oder ungünstigen Umständen hadert. Der Blick geht längst komplett nach vorne und die Auftaktpartie am 20. September gegen die HSG Refrath/Hand wird erste Hinweise darauf geben, wie der Korschenbroicher Weg durch die Serie bis zum Saisonfinale am 16. Mai 2026 gegen den HC Gelpe/Strombach vielleicht aussehen wird. Möglicherweise ist er dann ja mit dem Unternehmen Aufstieg wieder durch.