Regionalliga Nordrhein/Oberliga Niederrhein/Oberliga Mittelrhein
Der Wahnsinn geht weiter: Auch der Mittelrhein macht dicht
Mit dem Entschluss des Niederrheins, eine Anweisung der Datenschützer umzusetzen, fing alles an. Jetzt veröffentlicht der Mittelrhein ebenfalls keine Spielberichte mehr.

Wenig aussagekräftig: Der offizielle Ergebnisdienst für die Region Nordrhein bietet weiterhin kaum Informationen.

An dieser Stelle war vor ziemlich genau einer Woche viel von Datenschutz die Rede. Genauer: Es ging um die Entscheidung des Handball-Verbandes Niederrhein (HVN), der den bisher üblichen freien Online-Zugriff auf Spielberichte und Statistiken zum Beginn der neuen Saison gesperrt hatte. Darunter litten die Vereine aus der Regionalliga Nordrhein und der Oberliga Niederrhein. Den schwarzen Peter hat nach damaliger Aussage des HVN der Landes-Datenschutz-Beauftragte für NRW, der aufgrund einer einzelnen Beschwerde ein Verbot aussprach. Hinweis: Es handelt sich um die grob vereinfachte Zusammenfassung, die bei den Klubs und Spielern aus dem Verbreitungsgebiet zwei Dinge auslöst: Kopfschütteln und Fassungslosigkeit.  Was sich da wohl niemand ernsthaft vorstellen konnte. Der Wahnsinn geht weiter. Inzwischen hat sich der Handball-Verband Mittelrhein (HVM) dem „Vorbild“ der Kollegen vom Niederrhein angeschlossen. Das ist im Inneren des Systems sogar schlüssig, weil die Vereine in Köln oder Aachen ja irgendwie ebenfalls zu NRW gehören.

Am ersten Spieltag hatte der HVM durch die Veröffentlichung von Spielberichten alle Handball-Freunde wie bisher mit hilfreichen Informationen versorgt. Das führte etwa zur kuriosen Situation, dass ein Oberligaspiel der SG Langenfeld II (Niederrhein) in einem schwarzen Loch steckte, während ein Oberligaspiel des TuS 82 Opladen II (Mittelrhein) nur ein paar Kilometer weiter viel Wissenswertes bot. Jetzt kann niemand mehr nachlesen, wer am ersten Spieltag für die Opladener beim 21:26 als Gast des HC Weiden II die meisten Tore erzielte. Es war übrigens immer noch Timm Kreutzer mit seinen sieben Treffern (zwei davon per Siebenmeter). Zumindest bislang ist er nicht gegen die Verwendung dieser Tatsache vorgegangen.

Ein beinahe doch (aber-) witziges Argument der Datenschützer dafür, dass Liveticker oder Ähnliches ab der 3. Liga und aufwärts zulässig sind: Es läge dort eine Art Profisport vor – anders als in den Klassen ab der Regionalliga und darunter. Wissen sie, wovon sie reden? Der Deutsche Handball-Bund und seine Info-Politik zur 3. Liga sehen derart professionell aus, dass nahezu an jedem Wochenende in irgendeiner Halle jener Liveticker nicht funktioniert – oder hin und wieder seinen Dienst einstellt. In der Gruppe Nord-West mit fünf Vereinen aus der Harzhelden-Region gab es am Samstag die Partie zwischen den Rhein Vikings und dem OHV Aurich. Letzte offizielle Info: Beim Stande von 17:13 nimmt Vikings-Trainer Jörg Bohrmann genau 24 Sekunden vor der Pause eine Auszeit. Damit hat es sich dann, weil sich der Liveticker wohl aufgehängt hat. Möglicherweise hatten die Gäste aus Ostfriesland auch einen eigenen Datenschutz-Beauftragten dabei, der auf einen geheimen Knopf gedrückt hat – auf dass die Kunde von der sich anbahnenden Pleite nicht gar so schnell nach Aurich durchdringe.

Am Ende stand übrigens ein 35:27 für die Hausherren, die das auf der offiziellen DHB-Seite bisher nicht nachlesen konnten. Das ist insofern ziemlich dumm, weil das Resultat derzeit (Montag-Nachmittag) noch nicht ergänzt und konsequenterweise noch nicht in der Tabelle berücksichtigt ist. Also steht Aurich weiter ohne Niederlage mit 6:2 zu gut da und die Vikings schieben auf Rang zwölf mit 2:6 Punkten unverändert Frust. Der Verband hat selbst 48 Stunden später einen Fehler nicht korrigiert, der bei Fortbestehen ein verzerrtes Bild vom Stand der Dinge zeigt.

Seltene Ausnahme: Die 13 Treffer von Simon Bock im Halbfinale des Mittelrheinpokals sind derzeit (noch) im Online-Ergebnisdienst nachlesbar. (Foto: Herbert Mölleken)

Was wenig erstaunt: Verantwortliche und Spieler sind sich in ihrem Urteil zu 99,99 Prozent einig: Das vorliegende Verbot ist unsinnig und sogar kontraproduktiv. Nur mal ein Hinweis: Es gibt bei den Vereinen durchaus Funktionäre, die einfach mal etwas ausprobieren: So hat einer seine Spieler längst gefragt, ob sie mit der Weitergabe von Daten einverstanden seien. Einhellige Antwort: Klar. Ist doch im Grunde nichts Neues. Der HVN hofft, dass die Angelegenheit höchst amtlich bis Ende des Jahres geklärt ist – was abzuwarten bleibt. Der HVM hofft vielleicht, dass eine Tatsache unentdeckt bleibt: Er hat zwar die Meisterschafts-Spielberichte lahmgelegt, aber vermutlich den Mittelrheinpokal vergessen. Da gab es kürzlich zwei Halbfinals: TV Jahn Köln-Wahn gegen TuS Derschlag 17:25, HC Weiden – TV Rheinbach II 40:20. Weidens Simon Bock wird es uns nachsehen, dass wir ihn hier noch einmal hervorheben: Er hat 13 Treffer erzielt.

Und weil man ja nie weiß, wozu es gut sein kann, haben wir den kompletten Spielbericht per Hand abgeschrieben. Wir haben uns einfach nicht getraut, die PDF-Datei auf einem Rechner zu speichern. Vielleicht ist der Bericht bald ebenfalls gesperrt. Wir werden beobachten, ob er das Rennen mit der falschen Drittliga-Tabelle gewinnt oder verliert. Und wir werden beobachten, wie viele Vereins-Mitarbeiter in den Hallen ohne jedes Zögern und wie selbstverständlich eine Kamera aufstellen, um zur Gegner-Beobachtung frisches Bild-Material anzufertigen. Das ist zwar ein anderes Thema, aber vermutlich nicht weniger spannend.

In der Beurteilung des ganzen Vorgangs fallen uns zwei Dinge ein. Zuerst ist es ein Filmklassiker mit James Dean in der Hauptrolle. In Anlehnung an das berühmte Werk von 1955 stellte sich die Frage: „Wissen sie denn, was sie tun?“ Auch der dicke Obelix kommt uns in den Sinn: „Die spinnen, die Römer.“ Er verstand eben nicht alles, was die römischen Legionäre seinerzeit anstellten. Und genau so geht es zurzeit allen, deren Leidenschaft der Handball ist. Keiner kann nachvollziehen, was die ganze Nummer bewirken soll.