Oberliga Mittelrhein
Jugend forscht: Was die HSG ohne ihren Kapitän ist
Trainer Mario Jatzke fehlt derzeit sein verlängerter Arm auf dem Spielfeld: Jonny Benninghaus. Niklas Funke geht ins Ausland.

Chefrunde: Trainer Mario Jatzke (rechts) und sein verletzter Kapitän Jonathan Benninghaus scheinen zu überlegen, was sie für die HSG tun können. (Foto: Thomas Schmidt)

Das ist die Theorie. Die HSG Refrath/Hand hat eine ganz gute Mannschaft beisammen – die gegenüber dem Vorjahr sogar besser geworden ist, weil in Michael Wittig ein starker Kreisläufer vom Drittligisten Longericher SC kam. Und das ist die raue Wirklichkeit: Das Team von Trainer Mario Jatzke hängt als Neunter mit 2:4 Punkten im unteren Mittelfeld fest. Nach dem souveränen 23:32-Auftaktsieg beim TV Birkesdorf gab es zur Heimpremiere mit dem 30:31 gegen den Aufsteiger HC Weiden II einen herben Rückschlag. Mit dem folgenden 22:28 beim Pulheimer SC, das etwas zu hoch ausfiel, konnten sie in Bergisch Gladbach sogar halbwegs leben, weil der Tabellenführer zu den Titelkandidaten gehört. Die bittere Nachricht dahinter: Jonathan „Jonny“ Benninghaus musste zusehen. Und er steht den Refrathern derzeit wegen einer Bänderverletzung (umgeknickt) nicht zur Verfügung. „Er hat uns an allen Ecken und Enden gefehlt“, sagt Jatzke, „ohne ihn haben Struktur und Cleverness gefehlt.“ Klar: Die Aufgabe am Freitagabend gegen die gut gestartete Fortuna aus Köln wird ohne den Kapitän nicht einfacher. Was die HSG mittelfristig hoffen lässt: Eine eingehende Untersuchung ergab jetzt, dass der Ex-Profi nicht so schlimm verletzt ist wie zunächst befürchtet. Jatzke: „Ich hoffe, dass er in ein bis zwei Wochen wieder mitwirken kann.“

Die Niederlage gegen abgeklärtere Pulheimer hatte eine Menge damit zu tun, dass Refrath im Rückraum wie eine Unter-Abteilung des Wettbewerbs „Jugend forscht“ aussah. Moritz Merz (19), Lennart Niehaus (20), Niklas Funke (22) und Jan Schallenberg (18) ergeben im Schnitt eine U-20-Auswahl – mit allen Chancen für eine vielversprechende Handball-Zukunft. Auf der anderen Seite mangelt es den jungen Leuten naturgemäß an jener Erfahrung, die etwa Benninghaus (29) oder Michael Wittig (30) im Laufe ihrer Karriere gesammelt haben. Trainer Jatzke nimmt seine Spieler deshalb massiv in Schutz: „Wir haben einen guten Kader. Man muss der Mannschaft Zeit zur Entwicklung geben.“ Keine Entschuldigung lässt er allerdings dann zu, wenn die notwendige Einstellung fehlt – wie bei der Heimpleite gegen Weiden II.

Die Ausbeute von 2:4 Punkten aus den ersten drei Spielen finden alle bei der HSG unbefriedigend. „Das ist nicht unser Anspruch“, bestätigt Jatzke, „daran müssen wir hart dran arbeiten.“ Gleichzeitig sieht sich der Coach darin bestätigt, vor der Saison vor zu hohen Erwartungen gewarnt zu haben. Zu den ausgemachten Titelfavoriten hatte er seine Refrather – anders als manche Kollegen – ohnehin nie gerechnet, sondern deutlich eher die Pulheimer, den TuS Derschlag und den TSV Bayer Dormagen II. Außerdem muss sich die Mannschaft wohl tatsächlich erst auf die veränderten Gegebenheiten einstellen, denn nicht nur der Benninghaus-Ausfall trifft das Team. Der im Rückraum vielseitig verwendbare Niklas Funke steht wegen eines längeren Auslands-Aufenthaltes vorläufig gar nicht mehr zur Verfügung.

Logisch: Die Kölner Fortuna wird auf die Refrather Probleme wenig Rücksicht nehmen, zumal das Team um Trainer Stephan Schulze selbst die eine oder andere Personalsorge plagt. „Wir hatten keine gute Trainingswoche und werden wieder mit einem fast komplett neu zusammengewürfelten Kader spielen müssen“, sagt Schulze. Der Coach hat Respekt vor den Gastgebern und weiß, dass sein Team alles in die Waagschale werfen muss: „Refrath ist zwar nicht optimal in die Saison gestartet, hat aber dennoch einen wirklich starken Kader. Wenn wir unsere Deckung vom letzten Wochenende spielen und die technischen Fehler abstellen, wird es ein spannendes Spiel.“

Letzte Besprechung: Trainer Kelvin Tacke (Fünfter von links) und Co-Trainer Manfred Zybarth (Dritter von rechts) haben bisher mit ihren Pulheimern viel richtig gemacht. (Foto: Thomas Ellmann)

Derschlag und Pulheim bilden bislang ein Duo aus zwei ungeschlagenen Teams mit jeweils 6:0 Zählern. Direkt dahinter lauert Gelpe/Strombach, das nur gegen Birkesdorf einen Punkt abgab und nun den SC zur Top-Begegnung des vierten Spieltages erwartet. Die wenigstens auf den ersten Blick deutlich einfachere Hürde wartet auf die Derschlager um Trainer Ralph Weinheimer, die sich nach einer nicht unproblematischen Vorbereitung bisher auch selbst überrascht haben und nun beim sieglosen Klassen-Neuling TuS 82 Opladen II ihre weiße Weste wahren wollen. Geht dieser Wunsch in Erfüllung, wäre der Boden bereitet fürs nächste Spitzenspiel. Am 11. Oktober steht das Treffen zwischen Derschlag und Refrath/Hand auf dem Programm.

Auffällig in der unteren Tabellenhälfte: Ganz im Keller steht der TK Nippes, der bereits in der vergangenen Saison lange um den Klassenerhalt bangen musste. Ebenfalls noch gar keine Punkte haben knapp davor die Aufsteiger TuS 82 Opladen II und BTB Aachen II. Ein bisschen freundlicher sieht die Lage für Longerichs Zweite aus, die immerhin beim Saisonstart gegen den MTV Köln gewinnen konnte (25:22). Nun folgt das Kölner Derby in Nippes, das für beide Seiten wichtige Weichen stellt. In der vergangenen Saison konnte sich die Nachbarn allerdings zweimal auf keinen Sieger einigen – 28:28, 25:25.