Regionalliga Nordrhein
Trainer Werner Klöckner und die HSG Sorgengebirge
Der Tabellenletzte hat riesige personelle Probleme. Auch Regisseur Bastian Willcke fällt langfristig aus.

Zug zum Tor: Auf die Erfahrung und die Ideen von Bastian Willcke (beim Wurf) muss die HSG aber vorläufig verzichten, denn den Regisseur hat es heftig an der Schulter erwischt. (Foto: Thomas Schmidt)

Werner Klöckner ist wirklich schon viel rumgekommen im Handball. Und in seinen über drei Jahrzehnten im Trainergeschäft hat er gelernt, mit Schwierigkeiten umzugehen und Frust zu verarbeiten. Vielleicht ist es genau diese Erfahrung, die ihm jetzt bei der HSG Siebengebirge hilft. „So etwas habe ich noch nie erlebt“, sagt Neu-Coach Klöckner, der als Nachfolger des bisherigen Trainergespanns mit Sebastian Hoffmann und Jamal Naji ursprünglich mal ganz andere Ziele verfolgen sollte – und nun einen krassen personellen Mangel verwaltet. Eine Aussage aus der Zeit, als beide Seiten die Zusammenarbeit besiegelten: „Ich sehe mich als Teamspieler und möchte dabei helfen, gemeinsam mit der Mannschaft und dem Verein die mittelfristigen Ziele mit Perspektive auf die 3. Liga zu erreichen.“ Nach drei Spieltagen der Saison 2018/2019 muss die HSG aber erst einmal sehen, dass sie irgendwie überhaupt festen Boden unter die Füße bekommt. Die Voraussetzungen haben sich komplett gedreht.

Mitte August sah alles noch ganz gut aus, als die geschlossen auftretende Mannschaft mit einer starken Abwehr und gutem Gegenstoß-Spiel sogar einen Test gegen den Drittligisten HSG Bergische Panther für sich entscheiden konnte (29:28). Die Verletzungen von Marc Nahry (Bänderriss, Leistenbruch) und Dominik Langer (Schulter) trafen Siebengebirge bereits vor dem Saisonstart gegen den TuS 82 Opladen hart. Andere wie André Kirfel, Bjarne Steinhaus und Samuel Lopes stellen sich angeschlagen in den Dienst der Mannschaft, die jetzt einen weiteren herben Rückschlag erlitt: Im Derby beim TV Rheinbach schied Regisseur Bastian Willcke vor der Pause aus und kam auch nicht mehr aufs Feld zurück. Inzwischen steht fest, dass der Rückraumspieler, auf dessen Erfahrung die HSG kaum verzichten kann, an der Schulter operiert werden und für einige Monate pausieren muss. Es ist der vorläufige bittere Höhepunkt einer Serie, die allen rund um den Sonnenhügel auf den Magen geschlagen und für die tägliche Arbeit der Mannschaft ein echtes Problem ist. „Manchmal haben wir zuletzt nur mit fünf, sechs oder sieben Spielern trainiert“, sagt Klöckner. Dass da die Abläufe nicht (mehr) funktionieren können und taktische Dinge leiden, liegt auf der Hand. Klöckner fasst es knapp zusammen: „Das macht das Tempospiel kaputt, das wir uns vorstellen.“

Drei Faktoren lassen sie bei der HSG hoffen. Erster Pluspunkt: Der Rückhalt bei den Fans ist riesig. Zuletzt bei der dramatischen 24:25-Niederlage im Derby gegen den TSV Bonn rrh. stand die Mehrheit der rund 650 Zuschauer wie eine Wand hinter dem Team. Zweiter Pluspunkt: Siebengebirge kämpft und gibt fast nie auf. Eine Ausnahme war nur das 22:30 am ersten Spieltag gegen den Titelkandidaten TuS 82 Opladen, als nichts klappte. Beim Nachbarn TV Rheinbach gab es zwar ein 22:28, aber bis in die Schlussphase hinein ein Duell auf Augenhöhe (50./20:20). Dritter Pluspunkt: Trainer Klöckner geht zuversichtlich davon aus, dass die Mannschaft nun noch enger zusammenrückt und alle ein Stück mehr Verantwortung übernehmen.

Entschlossen: Michael Heimannsfeld und die HG Remscheid wollen eine Reaktion auf das Debakel gegen Aachen liefern. (Foto: Burkhard Kasan)

Ob der Spielplan günstig für die HSG ist, wird am Samstagabend gegen 20.45 Uhr feststehen, denn es geht zum Aufsteiger HG Remscheid, der sich zuletzt sehr schwankend in seinen Leistungen zeigte. Das Team von Trainer Frank Berblinger startete mit einer 21:24-Heimpleite gegen Rheinbach, als vor allem der Angriff weit unter seinen Möglichkeiten blieb. Mit dem 27:25 beim Siebengebirge-Bezwinger Bonn schien Remscheid in der Klasse angekommen zu sein, doch anschließend leistete sich Remscheid das 24:37-Desaster beim BTB Aachen. Torhüter Tobias Geske war richtig bedient: „Ein absolut desolater Auftritt. Wir haben nichts vom Besprochenen umgesetzt und sind mit minus 13 noch gut bedient.“ Sein Coach geht zwar davon aus, dass es sich in dieser Form um einen einmaligen Ausrutscher gehandelt hat, muss allerdings immer noch mit dem Kopf schütteln. Sein Versuch, durch ein paar klare Worte zur Pause wenigstens in der zweiten Halbzeit einen vernünftigen Auftritt aus seinen Spielern herauszukitzeln, ging ins Leere. Remscheid machte diesmal einfach alles falsch und rannte den Hausherren, die viele Chancen über Tempogegenstöße bekamen, immer wieder ins offene Messer. „Die Jungs sind heiß darauf, eine Reaktion zu zeigen“, meint Berlinger. Dass der Klassen-Neuling eine Top-Einstellung braucht, weiß er: „Siebengebirge kämpft immer.“ Grundsätzlich hält er die Klasse für sehr ausgeglichen: „Du kannst gegen jede Mannschaft gewinnen, aber du kannst auch gegen jede verlieren. Und Fehler werden gnadenloser bestraft als in der Oberliga.“

Im Schatten des Kellerduells wollen die Spitzenteams ihre aktuellen Top-Positionen verteidigen – der Spitzenreiter TuS 82 Opladen zum Beispiel im Heimspiel gegen den TV Aldekerk und der Zweite TuSEM Essen II beim Vorjahresmeister MTV Rheinwacht Dinslaken. Der durchaus mit hohen Ambitionen ausgestattete Dritte TV Korschenbroich steht vor der Bewährungsprobe beim punktgleichen Vierten TV Rheinbach, während die allgemein als Top-Favorit gehandelte SG Ratingen beim Aufsteiger HC Weiden gefordert ist. Nicht uninteressant ist auch das Spiel der SG Langenfeld gegen Aachen, weil SGL-Coach Markus Becker hier auf seinen Aachener Namensvetter Martin Becker trifft – den er von früher kennt und sehr schätzt, zumal beide ausgesprochen entschiedene Anhänger des Tempo-Handballs sind. Für die 60 Minuten hat Langenfelds Trainer trotzdem nicht vor, übertrieben freundlich zu sein. Die SGL wartet schließlich noch auf den ersten Saisonsieg.