Regionalliga Nordrhein
Geschlossene Gesellschaft: Die vier Spitzenteams sind unter sich
Der Zweite TuSEM Essen II erwartet den Tabellenführer TuS 82 Opladen zum Gipfeltreffen und der Dritte TV Korschenbroich den Überraschungs-Vierten Bonn.

Dichtes Gedränge: Viel Platz werden die Opladener Vincent Gremmelspacher (mit Ball) und Johannes Sonnenberg (rechts) in Essen wohl kaum vorfinden. (Foto: Thomas Ellmann)

Es hört sich an wie der Countdown bei einer Versteigerung. Drei wie 31:28 gegen die SG Ratingen. Zwei wie 28:26 bei der SG Langenfeld. Eins wie 28:27 gegen den HC Weiden. Null wie 29:29 beim MTV Rheinwacht Dinslaken. Der Regionalligist TuSEM Essen II wird wohl ein bisschen erstaunt auf diese Entwicklung schauen, aber die Bilanz weist am Ende erst einmal vier Spiele ohne Niederlage mit 7:1 Punkten aus. Es ist die zweitbeste Marke in der ganzen Klasse – nach der des TuS 82 Opladen, der von seinen makellosen 8:0 Zählern ebenfalls ein bisschen überrascht zu sein scheint. Wieder mal gehören diese beiden Teams zur Elite und es ist fast wie im vergangenen Jahr. Damals hatte am Ende jeder 35:17 Punkte auf dem Konto, sodass die Ränge drei und vier heraussprangen. Im Torverhältnis lagen die Opladener seinerzeit zwar klar vorne, aber TuSEM hatte den bei Punktgleichheit entscheidenden direkten Vergleich auf seiner Seite (32:30, 30:30). Zurzeit sind die Zweite des Zweitligisten und der TuS 82 alleine das Maß der Dinge, weil sich der Meister MTV Dinslaken und der Vizemeister SG Ratingen sehr vornehm im Mittelfeld der Tabelle zurückhalten. Also ist das Duell zwischen TuSEM II und Opladen am Sonntagabend ein klassisches Gipfeltreffen, das passenderweise auf der Margarethenhöhe stattfindet.

Der junge TuSEM-Trainer Nelson Weisz sieht sich und seine Arbeit einerseits immer als Zulieferer für die eigene erste Mannschaft, die am vergangenen Wochenende in Eisenach ihre erste Saison-Niederlage erlitt, aber in der 2. Bundesliga weiter zur Spitzengruppe gehört. Ein wichtiger Bestandteil bei der Zweiten: Es geht um die Ausbildung von Talenten, die den Sprung nach oben schaffen sollen. Gleichzeitig hat das Team aber seine eigenen Ziele, sodass es sich für jedes vernünftige Ergebnis reinhängt: „Wir wollen wie in der letzten Saison wieder zeigen, dass wir oben mithalten können. Wir wollen uns oben etablieren.“ Gut verzichten könnte Weisz dabei allerdings auf die höchste mögliche Spannung, die sein Team in jüngster Zeit zu erzeugen pflegt. „Ich würde mir wünschen, dass wir den Sack früher zumachen, wenn wir die Chance dazu haben“, sagt Weisz, „solange wir dabei immer noch einen Punkt holen, ist aber alles in Ordnung.“  Dass im Duell mit dem TuS 82 im Grunde jeder Durchhänger zur Niederlage führen kann, ist ihm klar: „Das ist eine gute Mannschaft, die sich noch einmal verstärkt hat.“ Hier meint er besonders Torhüter Eric Prützel, Außen Peer Pütz und Kreisläufer Hendrik Rachow.

Sprechzeit: TuSEM-Trainer Nelson Weisz fragt auch schon mal freundlich beim Schiedsrichter nach. (Foto: Thomas Ellmann)

Opladens Trainer Fabrice Voigt lässt die Kirche trotz des nahezu perfekten Starts im Dorf: „Dass es so gut läuft, ist schon überraschend.“ Der neue TuS 82 zeigte unter dem Strich seit dem ersten Spieltag, dass er das Karriere-Ende seines über Jahre bestimmenden Linkshänders Marius Anger gut weggesteckt hat. Dennoch sieht der Coach den aktuellen Platz eins lediglich als dann allerdings sehr schöne Moment-Aufnahme. „Es wird sich im Laufe der Saison noch sehr viel tun“, glaubt Voigt, der gegen flexibel spielende und gut ausgebildete Essener mit einer ausgeglichenen Partie rechnet, in der letztlich vielleicht Kleinigkeiten den Unterschied ausmachen. So war es ja auch kürzlich im Spiel beim Titelkonkurrenten TV Korschenbroich, als Opladen das Duell auf des Messers Schneide durch das späte Tor von Vincent Gremmelspacher mit 24:23 zu seinen Gunsten entscheiden konnte. In der aktuellen Situation empfindet der Tabellenführer so etwas wie „positiven Druck“, der eher beflügelnd wirken sollte. Deshalb ist der entsprechende Ehrgeiz vorhanden: „Wir fahren dahin, um etwas zu holen.“ Für Mathematiker: Ein Unentschieden reicht den Opladenern, um die Spitzenposition zu behaupten.

An derartige Regionen der Tabelle mag der Aufsteiger HC Weiden nicht denken, denn der Klassen-Neuling bleibt trotz des mit viel Leidenschaft erkämpften Erfolges gegen die Ratinger (26:25) auf dem Teppich. Das Ergebnis war aber wenigstens der nächste Nachweis dafür, dass die Mannschaft von Trainer Andreas Heckhausen mittlerweile in der höheren Klasse angekommen und dort vollständig konkurrenzfähig ist. Bis auf die erste Halbzeit im Auftaktspiel beim TV Korschenbroich (25:33) konnten sich die Vorstellungen des HC sehen lassen, denn anschließend gab es das Unentschieden gegen Aldekerk (23:23), das unglückliche 27:28 in Dinslaken und nun den Coup gegen Ratingen. „Wir haben gewonnen, weil wir den Kampf angenommen haben“, erklärt Heckhausen, der mit den Gastgebern auch ohne den verletzen Timo Wolff (Ellbogen) alles in die Waagschale werfen will, um in den Herbstferien zunächst eine Woche Urlaub zu machen und anschließend umso intensiver weiterzumachen. Nach der Meisterschafts-Unterbrechung geht es schließlich am 2. November mit dem Derby gegen den Nachbarn BTB Aachen weiter.

Passt bloß auf: Korschenbroichs Coach Dirk Wolf wird seine Spieler (Nummer 18 Nicolai Zidorn) eindringlich vor Überheblichkeit warnen. (Foto: Michael Jäger)

Ein Verfolgerduell der beiden derzeitigen Spitzenmannschaften bestreiten der Dritte TV Korschenbroich, der ebenfalls sehr ernsthaft für einen der Ränge ganz vorne in Frage kommt, und der Vierte TSV Bonn rrh., für den es „nur“ um den Klassenerhalt geht. Bonn gewann bereits zweimal auswärts – 33:29 beim BTB Aachen, 25:24 in Siebengebirge. Die Mannschaft von TSV-Trainer David Röhrig hat demnach ihre Pflicht-Aufgaben bisher im Wesentlichen erfüllt und TV-Coach Dirk Wolf wird mit seiner Mannschaft sicher nicht den Fehler machen, die Gäste in irgendeiner Form zu unterschätzen. Erstaunlich: Der Meister Dinslaken und der Vizemeister Ratingen stehen sich zu einem Mittelfeldgeplänkel gegenüber, dessen Verlierer die Vereine oben für ganz lange Zeit nur noch schemenhaft erkennen kann. Eine weitere Etage tiefer treffen sich Aachen und Siebengebirge zu einem Kellerduell. Wer da den Kürzeren zieht, verliert vielleicht für längere Zeit das rettende Ufer aus den Augen.