Regionalliga Nordrhein
So sehen Meister aus: Opladen bleibt im Chaos cool
Der TuS 82 geht nach dem 32:28 am Sonntagabend im Spitzenspiel bei TuSEM Essen II als verlustpunktfreier Spitzenreiter in die Herbstpause.

Pure Freude: Der TuS 82 Opladen konnte mit dem Feiern in Essen bereits einige Sekunden vor dem Abpfiff beginnen. (Foto: Thomas Ellmann)

TuSEM Essen II – TuS 82 Opladen 28:32 (15:16). Wer solche Duelle gewinnt, muss sich zu den sehr ernsthaften Titelkandidaten zählen lassen. Und es war unter dem Strich nicht mal die spielerische Klasse, die dem Tabellenführer aus Opladen im Gipfeltreffen bei den zuvor ebenfalls ungeschlagenen Essenern die beiden Punkte einbrachte. Weil zwei Unparteiische durch zum Teil bizarre Fehl-Entscheidungen für eine Menge Hektik sorgten, herrschte auf dem Feld bisweilen noch mehr Unordnung – und die Gäste behielten am Ende den Durchblick, obwohl sie mit den Pfiffen der Spielleiter nach der Pause noch deutlich weniger anfangen konnten als zuvor. „Ich muss meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen“, fand TuS-82-Coach Fabrice Voigt, „wir haben selbst in kritischen Situationen unsere Sachen durchgezogen.“ Sein Team, das den hart erkämpften Erfolg fast wie die Meisterschaft feierte, geht als Spitzenreiter mit makellosen 10:0 Punkten in die zweiwöchige Herbstpause. Auf Rang zwei folgt der TV Korschenbroich (8:2), der bislang einmal verloren hat – kürzlich in eigener Halle beim 23:24 gegen Opladen.

Beim Stande von 7:7 (16.) nach einem ausgeglichenen Start mit vielen Fehlern auf beiden Seiten sorgten die Schiedsrichter für den ersten richtigen Aufreger. TuS-82-Keeper Michael Strock und Essens Sezgin Sayin hatten sich nach dem Treffer des Kreisläufers ineinander verhakt – und im Anschluss an die folgende Befreiungsaktion sah Strock plötzlich die Rote Karte. Erstaunlich: In der folgenden Unterzahl, die nicht die einzige blieb, gelang den Gästen durch zwei Tore von Vincent Gremmelspacher die 9:7-Führung (18.). Überhaupt zeigte der TuS 82 einen ganz  besonderen Umgang mit Zeitstrafen-Situationen, denn nach den zwei Minuten gegen Essens Mathis Stumpf (24.) machten Hendrik Rachow (24.), Markus Sonnenberg (25.) und Birger Dittmer (26.) schnell das 14:11, das aber noch lange keine Sicherheit brachte. Der zweite Abschnitt hielt alle mindestens genauso in Atem, zumal die Spielleiter permanent ins Geschehen eingriffen.

Nicht zu halten: Johannes Sonnenberg setzte sich immer wieder stark gegen die TuSEM-Abwehr durch. (Foto: Thomas Ellmann)

Kurios wurde es zunächst beim 19:17 (36.) für die Opladener, als Strock-Nachfolger Arne Fuchs ebenfalls mit einer Zeitstrafe bedacht wurde – ebenfalls nach einem Kontakt mit Essen Sayin (37.). Vincent Gremmelspacher erhöhte trotzdem auf 20:17 (38.), bevor der große Auftritt von Birger Dittmer kam, der sich das Torhüter-Trikot von Strock übergestreift hatte und nun als Feldspieler ein ungewohntes Arbeitsfeld beackern musste. Keeper-Qualitäten bewies er besonders bei der Parade gegen Essens Stumpf, mit dem er das 21:18 (39.) verteidigte. Noch mehr Stress mussten die Gäste kurz darauf ertragen, weil nacheinander Gremmelspacher und Aaron Ellmann (beide 42.) mit einer Zeitstrafe bedacht wurden – wobei die eine (Gremmelspacher) eine Frechheit und die andere maßlos übertrieben war. Wiederum verblüffend: In doppelter Unterzahl gelang Peer Pütz dennoch das 22:18 (39.). Nächster Höhepunkt in der langen Kette an falschen Pfiffen: Nachdem TuSEM einen Wurf von Dittmer für jeden erkennbar ins Seitenaus geblockt hatte, gab es Abwurf für die Hausherren (44.).

Es spricht für die Qualitäten des Spitzenreiters, dass er trotzdem die Ruhe bewahrte und sich mit Leidenschaft für den eigenen Erfolg einsetzte. So verdiente sich Voigts spielerisch überlegenes und homogener wirkendes Team auch das 24:20 (48.) und das 25:21 (50.), während bei Essen zunehmend die reine Konfusion einsetzte. Wie cool der TuS 82 wirkte, zeigte er bei der Zeitstrafe gegen Regisseur Johannes Sonnenberg (52.), in der Essen den Ball verlor und Peer Pütz den Tempogegenstoß zum 27:23 (53.) ermöglichte. Mit dem 31:24 (57.) des erst spät eingewechselten Kreisläufers Jan Jagieniak schraubte Opladen am Ende einer Vier-Treffer-Serie endgültig den Deckel auf eine durchaus sehr abwechslungsreiche Partie, in der TuSEM nur noch ein bisschen späte Ergebniskosmetik betreiben durfte. Die viel zu hohe Zahl der Zeitstrafen (sechs gegen Opladen sowie die Rote Karte, drei gegen Essen) passte übrigens ganz und gar nicht zu der bei allem Einsatz fair geführten Auseinandersetzung. Dass dieses Missverhältnis später keinen mehr nachhaltig interessierte, lag am unter dem Strich doch klaren Resultat.

Analyse: Opladens Trainer Fabrice Voigt (links) hatte am Ende des Tages deutlich mehr zu Lachen als sein Essener Kollege Nelson Weisz. (Foto: Thomas Ellmann)

Tabellenführer Opladen durfte sich über eine glänzende Mannschaftsleistung freuen, bei der auch die Wechsel meistens gut funktionierten. Zwei Beispiele: Hinter der besonders im zweiten Durchgang erstklassig zupackenden Deckung steigerte sich Keeper Fuchs nach einem mäßigen Beginn von Minute zu Minute und Birger Dittmer, der einen unglücklichen Start gehabt hatte, trumpfte mit einigen wichtigen Aktionen auf.  TuSEM-Coach Nelson Weisz erwies sich später auch als ehrlicher Verlierer: „Opladens Sieg geht klar in Ordnung.“ Bei seinem Team versprühte nur Simon Telohe (neun Treffer) richtige Torgefahr, während sich der Tabellenführer auf ein starkes Kollektiv stützen konnte. Unter anderem deshalb gilt der TuS 82 spätestens ab jetzt als sehr ernsthafter Titelkandidat.

TuSEM Essen II: Lohe, Conrad – Scholten (2), Ingenpass, Kluth, Daamen (2), Schmidt (3), Engels (2), Sayin (2), Stumpf (3), J. Weisz (2), Telohe (9), Kraus, Koenemann (3/1).

TuS 82 Opladen: Fuchs, Strock – Rachow (3), J. Sonnenberg (4), Ellmann (1), Taymaz, Dittmer (4), Barwitzki (3/1), M. Sonnenberg (3), Munkel, Rinke (2), Pütz (5/2), Gremmelspacher (5), Jagieniak (2).