Regionalliga Nordrhein
Vorne gefährlich, hinten eine Bank: Hendrik Rachow macht Opladen noch stärker
Der 28-Jährige ist für den Tabellenführer TuS 82 als Kreisläufer und Abwehrspieler zentral wichtig. Außerdem gilt er als perfekter Teamplayer.

Im Anflug: Hendrik Rachow weiß sehr genau, wo das gegnerische Tor steht. (Foto: Thomas Ellmann)

Einer wie er ist der Traum vieler Trainer, die gerne mit folgender Stellenbeschreibung aufwarten: Ein starker Kreisläufer soll es sein und er muss im Innenblock überdurchschnittlich gut verteidigen können. Und Hendrik Rachow ist praktisch ein Prototyp jener begehrten Sorte an Spielern, die bei manchen Vereinen weit oben auf dem Wunschzettel stehen. Seit dem Beginn dieser Saison geht Rachow seiner Leidenschaft wieder beim Regionalligisten TuS 82 Opladen nach – mit durchschlagendem Erfolg. Im Team von Trainer Fabrice Voigt ist der 28-Jährige einer der wesentlichen Führungsspieler und mit verantwortlich dafür, dass der TuS 82 seine ersten fünf Spiele gewonnen hat. Bei 10:0 Punkten und 146:123 Treffern liegen die Opladener als einziges ungeschlagenes Team der Klasse an der Tabellenspitze. Keiner der Konkurrenten hat mehr Tore erzielt und keiner weniger Gegentreffer kassiert. Hendrik Rachow sieht sich trotzdem nur als Teil eines Ganzen: „Bis jetzt machen wir unsere Sache gut.“

Unter anderem dieses „wir“ ist es, das Rachow auszeichnet und ihn für Opladen so wertvoll macht. „Ich sehe uns als Einheit“, betont der Kreisläufer-Abwehrstratege, „was wir erreicht haben, ist ein Zeichen für den Teamgeist. Es wird jeder gebraucht – wenn auch nicht immer zu jeder Zeit.“ Der überzeugende Beleg dafür war gerade jetzt vor der Meisterschafts-Unterbrechung das Spitzenspiel bei TuSEM Essen II, das die Opladener aufgrund einer geschlossenen Leistung der Mannschaft mit 32:28 für sich entschieden. Hendrik Rachow war zuerst nur in der Abwehr daran beteiligt, die Essener in Schach zu halten. Und er hatte damit nicht das geringste Problem. Erstens findet er es ohnehin sportlich vernünftig, sich die Dienste hinten wie vorne in einer Rotation mit Aaron Ellmann und Jan Jagieniak aufzuteilen. Zweitens gilt es weiter zu beachten, dass hinter Hendrik Rachow wegen eines Bandscheiben-Vorfalls eine lange Zwangspause liegt: „Das war eine nicht ganz so schöne Zeit.“ Inzwischen hat er die Verletzung überstanden und beugt durch zusätzliche Übungen aus dem Bereich Stabilisierung und Dehnen vor – zwei Punkte, vor denen sich Handballer sonst ganz gerne drücken.

Die Wand: Die Abwehr des TuS 82 um Hendrik Rachow Mitte/Nummer 3) ist zurzeit nicht so einfach zu überwinden. Foto: Thomas Ellmann)

Der Handball nimmt im Leben des Hendrik Rachow eine zentrale Rolle ein: „Ohne geht eigentlich nie.“ Dass wir ihn jetzt fürs Gespräch in Frankreich erwischen, hat ebenfalls mit seinem Lieblingssport zu tun – und ist gleichzeitig ein Beweis dafür, dass da einer nicht nur an Tore und Punkte denkt. Nach dem Zivildienst wollte Rachow damals unbedingt für ein Jahr ins Ausland, um den Blick in die Welt zu erweitern. In Frankreich schloss er sich dem HC Caen an, mit dem er den Sprung aus der 4. in die 3. Liga schaffte. Noch heute trifft er sich als bekennender Frankreich-Fan im Urlaub mit Freunden, die er damals kennengelernt hat. Nicht ganz unbeteiligt an allem war sein früherer Dormagener Jugend-Trainer Pascal Mahé, der Weltmeister von 1995. Familie Mahé, deren Sohn Kentin 2015 und 2017 ebenfalls Weltmeister wurde und derzeit in Ungarn bei KC Veszprem spielt, stammt aus Caen. Die Verbindung zwischen Rachow und dem Verein war damit lediglich eine Formsache.

Im Jahr eins nach Frankreich schloss sich der 1,94-Meter-Handballer den Opladenern an, mit denen er als bislang größten Erfolg die Meisterschaft in der Oberliga Mittelrhein schaffte. 2017 vollzog Rachow den Umzug in die Nachbarschaft und versuchte sein Glück beim Leichlinger TV: „Ich wollte beweisen, dass ich die 3. Liga kann“, berichtet der Student, der das Verhalten des TuS 82 seinerzeit sehr zu schätzen wusste: „Alle haben das verstanden und keiner war mir böse.“ Gleichzeitig stand damit fest, dass die Türen in der Bielerthalle für ihn im Falle einer möglichen Rückkehr immer geöffnet sein würden. In Leichlingen konnte er sich dann im Frühjahr 2019 wegen des zu hohen Aufwandes eine weitere Saison kaum vorstellen. Außerdem kam die Verletzung hinzu. Keine Überraschung: Als Hendrik Rachow schließlich fragte, ob für ihn vielleicht ein Platz in Opladen frei sei, war die Rückkehr schnell geklärt.

Empfangsbereit: Hendrik Rachow (rechts/links Korschenbroichs Nicolai Zidorn) ist auch im direkten Zweikampf stark. (Foto: Thomas Ellmann)

Aktuell beschäftigt ihn neben dem Sport die Endphase im Studium der Sonderpädagogik für Lehramt, in dem er nach diesem Semester den Master in der Tasche haben will. Master etwa wie Meister? Den Kampf um den Titel in der Regionalliga Nordrhein dürfte nach den Eindrücken aus den ersten fünf Spielen auf jeden Fall nur der für sich entscheiden, der gegen die Opladener gewinnt. Mit den Siegen beim Zweiten TV Korschenbroich (24:23) und beim Dritten Essen II (32:28) hat der TuS 82 ja deutlich angemeldet, dass er selbst zu den sehr ernsthaften Meisterschafts-Kandidaten gehört. Beim Blick nach vorne wird klar, dass die Beteiligten vermutlich Ende November einiges mehr wissen.

Opladen startet nach der Herbstpause am 2. November mit dem Heimspiel gegen den Vorjahreszweiten SG Ratingen. Anschließend wartet die immer reizvolle Aufgabe beim Nachbarn SG Langenfeld (9. November), ehe der starke Aufsteiger HC Weiden in die Bielerthalle kommt (16. November) und der TuS 82 zum Vorjahres-Meister MTV Rheinwacht Dinslaken reisen muss (1. Dezember). Hendrik Rachow und seine Opladener freuen sich auf diese Duelle, weil sie extrem reizvoll sind. Grundsätzlich haben sie allerdings vor jedem Kontrahenten Respekt. „Die Regionalliga ist in diesem Jahr unfassbar ausgeglichen.“ Essen und Korschenbroich seien ganz vorne unbedingt zu beachten, „Ratingen hat jeder auf dem Zettel“ und Langenfeld werde sich noch vom drittletzten Rang nach vorne arbeiten. Hendrik Rachow kann Kreisläufer und Innenblock. Und er kann die Lage der Liga ziemlich realistisch analysieren. Dieser Spielertyp muss ein Traum für jeden Trainer sein.