30. Oktober 2019 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Es sieht fast danach aus, dass die Oberliga Niederrhein in der Meisterschaftspause nur einen richtigen Anlauf genommen hat, denn nach der Unterbrechung durch die Herbst-Schulferien geht es mit einem sechsten Spieltag weiter, der aufregend werden dürfte. Erstens: Es ist Derbyzeit. Zweitens: Es gibt ein Verfolgerduell. Drittens: Unten steht ein klassisches Kellerduell auf dem Programm. Um die Gunst der Stunde zu nutzen und Werbung für den Handball zu treiben, legen der VfB Homberg und der HC Wölfe Nordrhein schon am Donnerstagabend los. Mehr Derby geht in Duisburg einfach nicht. Es ist zugleich das Treffen zweier Klubs, die am Ende der vergangenen Saison gemeinsam den Abstieg aus der Regionalliga hinnehmen mussten – und danach irgendwie trotzdem ganz andere Wege eingeschlagen haben.
Eine ewige Hängepartie erlebten die Homberger, die mit dem 37:37 am letzten Spieltag beim ersten Absteiger DJK Adler Königshof jenen Punkt holten, der sie auf den drittletzten Platz brachte – einen Schleudersitz. Das Schicksal des VfB hing lange Wochen vom Meister MTV Rheinwacht Dinslaken ab, der am Ende in der Aufstiegs-Qualifikation zur 3. Liga scheiterte und damit die Homberger in den Aufzug nach unten setzte. Beim VfB folgten turbulente Tage mit dem Abschied des bisherigen Trainers Achim Schürmann und dem Weggang einiger Spieler. Fürs Unternehmen Neu-Aufbau wurde der Verein in den eigenen Reihen fündig: Sascha Thomas, vorher Coach der Zweiten (Landesliga), übernahm die Chefrolle im Oberliga-Team. Der 38-Jährige richtet den Blick in seiner neuen Rolle konsequent nach vorne: „Wir haben einen Haken hinter dieses Brimborium gemacht.“
In der Vorbereitung konnte zunächst niemand richtig abschätzen, welche Rolle in der nächsten Saison für die veränderte Mannschaft in Frage kommt. Nach zwei Siegen zum Auftakt (25:24 in Königshof, 28:25 gegen Hiesfeld/Aldenrade) und der Niederlage bei Borussia Mönchengladbach (22:27) gab es den überraschenden Erfolg über Mettmann-Sport (27:25) und vor der Pause die deutliche 20:36-Pleite beim Titelkandidaten LTV Wuppertal. Ein Grund: Thomas musste hier auf vier wichtige Leute verzichten. Und Routiniers wie Tobias Reich, der spielende Sportliche Leiter der Homberger, oder Andreas Wink kann das deutlich verjüngte Team einfach nicht ersetzen.
Auch der Trainer hat das Ergebnis schnell abgehakt, zumal die bisher erreichten 6:4 Zähler dem Soll entsprechen – weil es zuerst um nichts anderes als den Klassenerhalt geht und in der allgemeinen Entwicklung durchaus Luft nach oben da ist. „Wir spielen noch keinen besonders schönen Handball“, sagt Thomas, der sich sehr aufs Derby gegen die Wölfe freut und keinerlei Druck zu erkennen vermag: „Ich bin total entspannt. Natürlich wollen wir gerne gewinnen, aber wir müssen nicht.“ Das Verhältnis zu den Gästen ist seiner Ansicht nach normal und er wird keine Probleme haben, sich nachher mit dem einen oder anderen Wolf beim Bier über das Geschehen auszutauschen.
Gäste-Trainer Thomas Molsner und seine Mannschaft haben ihr Ziel mit dem Aufstieg klar definiert und sie sind diesem Anspruch bisher weitgehend gerecht geworden: Bei 9:1 Zählern sind die Wölfe als einziges Team der Klasse ungeschlagen. Was dem HC-Trainer deutlich weniger passte, war der Auftritt im Viertelfinale des Niederrheinpokals beim Regionalligisten SG Ratingen – der ohne die urlaubende Familie Molsner eine derbe 19:35-Pleite brachte. Neben den Söhnen Felix Molsner und Max Molsner fehlte auch Chef-Coach Thomas. Er hätte sich doch etwas mehr Widerstand gewünscht und konnte nicht recht verstehen, dass die Spieler aus der zweiten Reihe so wenig Eigenwerbung betrieben.
Die Schlussfolgerung ist klar. „In Homberg müssen wir wieder eine bessere Leistung bringen“, betont Molsner, der die Arbeit seines Trainer-Kollegen Thomas sehr schätzt: „Er macht das gut da. Sie haben zum Beispiel gegen Mettmann gezeigt, was sie bewegen können. Die Mannschaft kommt unfassbar über ihre Emotionen.“ Das gilt erst recht für die Glückauf-Halle, in der sich seiner Ansicht nach der Derby-Charakter besonders stark bemerkbar machen wird. Tatsächlich: Viel mehr Nähe zwischen zwei Kontrahenten geht nicht, weil die Halle der Wölfe an der Krefelder Straße nicht mal zehn Kilometer entfernt liegt. Duisburg ist diesmal das Zentrum des Oberliga-Handballs am Niederrhein.
Der Tabellenzweite Mettmann tritt zum Duell zweier Wölfe-Verfolger am Samstag bei den punktgleichen Adlern aus Königshof an (beide 8:2). Logisch: Beide warten auf einen Ausrutscher des Spitzenreiters, den sie im Falle eines eigenen Sieges auf Platz eins ablösen könnten. Auch der langsam in Schwung kommende Fünfte LTV Wuppertal (6:4) hat sich inzwischen in Lauerstellung gebracht, während es für den aktuellen Überraschungsdritten TV Lobberich (8:2) weiter „nur“ um den Klassenerhalt geht.
Zwei Enttäuschte stehen sich im Tiefparterre der Tabelle gegenüber, denn der Letzte TSV Aufderhöhe (0:10) erwartet den Vorletzten HSG Düsseldorf II (2:8). Aufderhöhe will nach dem Rücktritt von Elmar Müller mit neuen Leuten an der Seite versuchen, die Talfahrt zu stoppen: Heino Kirchhoff, zuletzt beim Verbandsligisten Solinger TB tätig, und Aki Ktenidis, gleichzeitig Männer-Spielwart im TSV, sollen das Ruder als gleichberechtigtes Trainer-Duo herumreißen.
Zu den Klubs, denen die Pause nur sehr eingeschränkt geholfen hat, gehört der Elfte TV Angermund, der ohnehin bereits unter personellen Problemen litt. Trainer Eric Busch und seine Mannschaft mussten nun sogar eine weitere Hiobsbotschaft hinnehmen: Eine genaue Untersuchung ergab, dass die anhaltenden Kniebeschwerden bei Daniel Plöger durch einen Knorpel- und Meniskusschaden verursacht wurden. Plöger wurde bereits operierte und muss nun mehrere Monate pausieren. Der TV ist deshalb gegen Wuppertal noch klarer in der Außenseiterrolle als ohnehin schon. Busch macht sich jedenfalls keinerlei Illusionen: „Wir wollen versuchen, möglichst lange gegenzuhalten.“