07. November 2019 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Das sieht zuerst mal nicht so besonders aus. Der Neunte der Tabelle in der Oberliga Mittelrhein erwartet den Siebten. Mittelfeld und Mittelmaß. Doch der Schein trägt und hinter diesem Duell verbirgt sich zumindest für den MTV Köln vielleicht sogar das Heimspiel des Jahres, denn am Sonntag um 15.15 Uhr trifft er auf die HSG Refrath/Hand. Von der Halle am Wiener Platz bis zur Halle Steinbreche, der Spielstätte der HSG in Bergisch Gladbach, sind es keine 13 Kilometer. Bei normalem Verkehr dauert die Fahrt vom einen zum anderen kaum 15 Minuten. „Das ist sehr prestigeträchtig, absolut ein echtes Derby“, sagt MTV-Trainer Moritz Adam, der sonst eher nicht so oft zu Superlativen greift – und lieber immer das große Ganze im Blick hat. In seiner Handball-Philosophie geht es schließlich weniger um die Meisterschaft, die bei realistischer Einschätzung tatsächlich andere unter sich ausmachen dürften. Adam hat sich auf die Fahne geschrieben, jeden Spieler seines Teams weiterzuentwickeln. Und in der Summe geht es ihm seit dem Start in die Vorbereitung um einen fest definierten Bereich: „Wir wollen das schnellste Team der Oberliga werden.“ Das ist dann auf seine Art ebenfalls ein ziemlich hoher Anspruch.
Die Kölner unterliegen nach Adams Ansicht trotz einer hervorragenden Trainingsbeteiligung noch vielen Schwankungen. Verwundern kann das den Coach, der immer auf der Suche nach guten Ideen ist, allerdings nicht: „Wir verfolgen eine komplett neue Ausrichtung. Das braucht einfach seine Zeit. Da lassen wir uns nicht aus der Ruhe bringen.“ Der Verein legt Wert darauf, dass er den Spielern viel anbietet – womit allerdings ausdrücklich nicht Geld gemeint sei. Üblich sind unter anderem drei Trainingseinheiten pro Woche, die nicht alle Vereine in der Oberliga konsequent durchführen. Von Leistungs-Diagnostik über individuelle Trainingspläne reicht das Spektrum, das den Spielern eine persönliche Steigerung ermöglich soll.
Eine fast logische Konsequenz: Jeder Gegner tut sich schwer, den MTV auszurechnen. „Wir sind eine homogene Mannschaft“, betont Adams. Auf der anderen Seite weiß er jedoch, dass es ohne den einen oder anderen Führungsspieler nicht gehen wird. Und daraus ergibt sich direkt die nächste Aufgabe: In diese Rolle soll der eine oder andere Stück für Stück hineinwachsen. Der Blick zum Kontrahenten zeigt, dass der Derby-Gegner genau über diesen Typ Handballer verfügt. Jonny Benninghaus, der frühere Bundesliga-Profi, ist der verlängerte Arm seines Trainers Mario Jatzke. Darin liegt gleichzeitig ein Problem: Weil Rückraum-Allrounder Niklas Funke den Refrathern längerfristig fehlt (Auslands-Aufenthalt), steht und fällt eine gute Leistung der HSG oft mit der Form von Benninghaus.
Insgesamt haben die Kölner nicht nur wegen Jonny Benninghaus viel Respekt vor den Gästen. „Es ist stark, was sie in den vergangenen Jahren aufgebaut haben. Das muss man neidlos anerkennen. Das ist gut für den Handball hier in der Gegend“, sagt MTV-Coach Adam, in dessen Augen die Gäste zu den Titelkandidaten gehören und ihre Ziele etwas zu defensiv darstellen. An der Einstellung der Hausherren fürs Treffen am Sonntag-Nachmittag soll das jedoch rein gar nichts ändern: „Wir sind heiß darauf, denen zu zeigen, dass das ein echtes Derby ist.“ Mit welcher Aufstellung Adams beginnt, weiß er übrigens gerade selbst noch nicht. Es gehört zum guten Ton beim MTV, dass er die erste Sechs praktisch permanent umbaut: „Da sind wir nicht klar festgelegt.“
Mit bislang 6:6 Punkten liegen die Mülheimer ziemlich genau im Zielkorridor. Die Siege gegen den BTB Aachen II (Drittletzter/25:24) und TK Nippes (Letzter/26:21) waren wertvoll, ehe am vergangenen Wochenende noch das sehr glücklich erarbeitete 23:21 beim TuS 82 Opladen II (Vorletzter) hinzukam. Daraus folgt, dass der MTV seine Hausaufgaben auf dem Weg zum Klassenerhalt grundsätzlich gemacht hat – was ihn ruhiger an den vorhandenen Schwächen arbeiten lässt. „Wir haben da zum Beispiel eine riesige Agenda in der Abwehr“, erläutert Adam. Sein Traum: „Irgendwann werden wie einen megageilen Tempo-Handball spielen.“ Sollte davon etwas gegen die HSG Refrath/Hand zu sehen sein, hätte er natürlich wenig dagegen. Die Gäste, die in den vergangenen drei Partien ungeschlagen blieben (5:1 Punkte), werden das nachvollziehen können – und ihrerseits die entsprechenden Mittel suchen.
Den dritten Spieltag eröffnet bereits am Donnerstagabend der Dritte TSV Bayer Dormagen II (10:2 Zähler), der fürs Heimspiel gegen den sieglosen Letzten Nippes der haushohe Favorit ist. Tabellenführer Pulheim will/muss seine Spitzenposition beim BTB Aachen II verteidigen, während der punktgleiche Zeit TuS Derschlag (beide 11:1) den Sechsten TV Birkesdorf erwartet. Der Vierte HC Gelpe/Strombach und der Fünfte SSV Nümbrecht halten den Kontakt zum Spitzentrio nur dann, wenn sie ihre Aufgaben beim Longericher SC II und gegen Opladen II lösen.