Regionalliga Nordrhein
Erfahrung und Jugend forscht: Zehn Aldekerker für die erste Mannschaft
Trainer Nils Wallrath hat in seinem Kader eine interessante Mischung beisammen. Obwohl der Saisonstart mit Platz fünf gelungen ist, bleiben alle auf dem Teppich.

Der mit dem klaren Blick: Trainer Nils Wallrath verfolgt mit Aldekerk einen festen Plan. (Foto: Thomas Ellmann)

Für Träume haben sie in der 13000-Einwohner-Stadt Kerken in der Nähe der Grenze zu den Niederlanden durchaus etwas übrig. Träumereien, denen jeder Bezug zur Wirklichkeit fehlt, kommen aber nicht vor beim TV Aldekerk. Es ist eher eine Mischung aus Leidenschaft für den Handball und dem festen Plan, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Optimale zu machen. Und da darf es natürlich gerne ein bisschen mehr sein als in der vergangenen Saison, als am Ende mit 22:30 Zählern der achte Platz heraussprang. Erstaunlich damals: Der TVA stellte bei 809 Toren den erfolgreichsten Angriff der Klasse und erzielte als einziges Team einen Schnitt von über 30 Treffern pro Partie. „Wir hatten relativ lange mit dem Abstiegskampf zu tun“, sagt Trainer Nils Wallrath, der sich nun etwas weiter nach oben orientieren möchte: „Wir wollen unter die ersten fünf.“ Da liegen die Aldekerker momentan exakt im Zielkorridor: Platz fünf und 10:6 Punkte sind es nach acht Spielen – gar nicht schlecht nach 4:6 Zählern vor der ersten Meisterschafts-Unterbrechung aufgrund der Herbst-Schulferien.

Wallrath war vor seinem Trainer-Engagement in der Aldekerker Ersten dort bereits als Spieler tätig und später sechs Jahre als Trainer der Zweiten – und er wäre beinahe in sein siebtes Jahr gegangen. Nun stieg allerdings der Kollege Matthias Sommer aus und der Verein stand mitten in der Vorbereitung vor einem Riesenproblem. Schnell war Nils Wallrath in der Verlosung: „Du musst uns helfen, bei uns brennt der Baum.“ Der heute 39-Jährige zögerte nicht lange, zumal ihn die Aufgabe reizte, sich in der Regionalliga zu beweisen: „Mein Ziel war es immer, irgendwann die Erste zu trainieren.“ Seine allgemeine Idee vom Handball: Tempo und eine solide Abwehr. „Ich versuche, viel im Dialog zu sein und die Spieler mitdenken zu lassen“, betont Wallrath, „sonst verschwenden wir Ressourcen. Ich bin ein Spielerfreund.“ Stolz ist er darauf, das Aldekerker Konzept mit Erfolg vorantreiben zu können: „Seit vielen Jahren ist es unser Plan, mit jungen Spielern zu arbeiten und die aus den eigenen Reihen nach oben zu holen. Zehn Leute aus der aktuellen Ersten kommen aus Aldekerk.“

Wir sind ein Team: Christoph Kleinelützum (rechts) ist in der Mannschaft unter den Feldspielern der „Alterspräsident“. (Foto: Thomas Ellmann)

Aus der Abteilung „Jugend forscht“ könnten etwa Julian Mumme und Maxi Tobae (beide 22) sowie Daniel Zwarg (20) oder Torhüter-Talent Joscha Schoemackers (19) stammen. Robin Appelhans (21) ist ein Beispiel dafür, wie einer aus der Jugend über die Zweite den Weg in die Erste schafft. Die Abteilung Erfahrung bilden Handballer wie Keeper Benedikt Köß (38), Can Greven (30), Thomas Plhak (29) oder Thomas Jentjens (27). Ältester Feldspieler: Christoph Kleinelützum (37), der 2002 von der TS Grefrath kam – und nach 16 Jahren längst als echter Aldekerker gilt. An Kleinelützum schätzt Wallrath dessen einzigartige Solidarität und die Bereitschaft, einen enormen Routine-Schatz an die Jüngeren weiter zu geben: „Er ist ein Vorbild.“ Die Rolle des klassischen Sprachrohrs auf dem Feld überlässt Kleinelützum dabei gerne anderen. Und der Coach wiederum registriert mit Genugtuung, dass etwa Julian Mumme und Zwarg durchaus schon jetzt den Ton angeben.

Aldekerk begann die Serie 2019/2020 mit einem 24:22 über den Drittliga-Absteiger SG Langenfeld und brachte kurz darauf vom Aufsteiger HC Weiden ein 23:23 mit, ehe es den ersten Rückschlag gab. Das 29:32 gegen den MTV Rheinwacht Dinslaken bescherte dem Vorjahresmeister MTV, der plötzlich um den Klassenerhalt kämpfen muss, den bislang einzigen Erfolg. Anschließend ging der TVA in Duellen mit zwei aktuellen Spitzenteams ebenfalls leer aus – 31:36 beim TuS 82 Opladen (Zweiter), 24:24 gegen den TV Rheinbach (Dritter). Nach den Herbstferien behielt Wallraths Team dafür dreimal klar die Oberhand, denn es gewann beim TSV Bonn rrh. mit 30:26, gegen den Aufsteiger HG Remscheid mit 32:27 und bei der stark gefährdeten HSG Siebengebirge mit 32:29.

Dynamiker: Daniel Zwarg gehört zur nicht mal kleinen Fraktion der starken Nachwuchsspieler in Aldekerk. (Foto: Thomas Ellmann)

Klar: Die Aldekerker hätten die Saison am liebsten fortgesetzt und den Schwung lieber in die Aufgaben bis Weihnachten mitgenommen: „Uns kommt die Pause gar nicht gelegen.“ Weil am nächsten Wochenende aber erneut meisterschaftsfrei ist (Totensonntag), bleibt „nur“ die intensive Vorbereitung im Training. Weiter geht es dann am 30. November in der Vogteihalle in Nieukerk gegen den TV Jahn Köln-Wahn, mit dessen Coach Olaf Mast den Aldekerker Wallrath einiges gemeinsam hat. Beide kennen sich von früher – unter anderem aus der Zeit bei der DJK Adler Königshof. Dort war Wallrath vor rund zehn Jahren noch als Kreisläufer unterwegs und Mast praktisch sein dienstlicher Vorgesetzter. Falls es nach den Resultaten der Saison 2018/2019 geht, hat Aldekerk einen hauchdünnen Vorsprung im Rücken: In Wahn gab es einen hohen 31:24-Erfolg und zu Hause – nicht weniger überraschend – eine 29:31-Pleite.

Nils Wallrath versichert glaubwürdig, dass er sich ungerne mit diesem Blick zurück beschäftigt, weil sich daraus keine Schlüsse für die Lage heute schließen ließen. Und für ihn steht ohnehin immer wieder der TVA im Mittelpunkt: „Wir beschäftigen uns nur mit uns.“ Dennoch ist auch für die Aldekerker klar, dass vorne der TV Korschenbroich und der TuS 82 Opladen zu den aussichtsreichsten Kandidaten auf die Meisterschaft gehören. Und im Grenzgebiet versteht darüber hinaus niemand, warum die personell von der Einzelspielern her überragend besetzte SG Ratingen nicht deutlich weiter oben zu finden ist. Was die Konkurrenz aus dem oberen Drittel insgesamt draufhat, bekamen die Aldekerker in Opladen und Rheinbach bereits zu spüren. Beim Spitzenreiter TV Korschenbroich eröffnet Wallraths Mannschaft dann am 6. Dezember den Jahres-Endspurt, bevor es am 14. Dezember den Vierten BTB Aachen erwartet und anschließend das Jahr 2020 am 11. Januar gegen TuSEM Essen II sowie am 18. Januar bei der SG Ratingen beginnt. In Aldekerk träumen sie natürlich von möglichst vielen Punkten, doch 10:0 Zähler aus den nächsten fünf Spielen bis zum Ende der Hinrunde halten sie natürlich für eine Träumerei. Ganz realistisch wollen sie allerdings ihre offensichtlich perfekt funktionierende Mischung einsetzen: Leidenschaft, Jugend forscht, Erfahrung.