Oberliga Mittelrhein
Stresstest im Spitzenspiel: TuS Derschlag erwartet ungeschlagene Pulheimer
Das Team von Trainer Ralph Weinheimer hat ein bisschen mehr Druck als der Tabellenführer, der eine überraschend starke Saison spielt. Der TSV Bayer Dormagen II will dranbleiben.

Netzwerk: Lennart Niehaus (hinten) und seine Refrather haben nach acht Runden noch nicht so oft wie andere die Erwartungen erfüllt. (Foto: Thomas Schmidt)

Für Kelvin Tacke ist der Fall klar. „Das ist wie David gegen Goliath“, sagt der Trainer des Mittelrhein-Oberligisten Pulheimer SC. Beim TuS Derschlag sieht er die deutlich besseren Bedingungen – auch finanziell. Wenn sich denn alles so zugetragen hat, wie es die Bibel im Alten Testament erzählt, könnte die Pulheimer allerdings mit dem Ende der Geschichte auch ganz gut leben: David, der Außenseiter, besiegt ja Goliath, den Riesen. Das passt nach bisher acht Spieltagen sogar perfekt zur aktuellen Lage, denn die Spitze halten mit 15:1 Punkten die alleine noch ungeschlagenen Pulheimer. Erste Verfolger sind der TSV Bayer Dormagen II (14:2) und Derschlag (13:3), das den Tabellenführer am Sonntag (17 Uhr) zum Spitzenspiel erwartet. TuS-Trainer Ralph Weinheimer kommt die Ansetzung auch gelegen: „Das ist eine sehr reizvolle Aufgabe. Ich bin sehr glücklich mit der Terminierung.“

Der Grund für diese Einschätzung ist eine Woche alt, denn am vergangenen Samstag entschieden die Derschlager das Finale des Mittelrhein-Pokals beim Regionalligisten HC Weiden dank einer überzeugenden Leistung verdient mit 32:29 für sich und sie können deshalb am Deutschen Amateurpokal teilnehmen. Danach wäre vielleicht ein Spannungsabfall denkbar gewesen, der jetzt nach Weinheimers Ansicht so nicht eintreten wird – weil die Mannschaft für einen Erfolg über den Tabellenführer eine ähnlich gute Leistung wie in Weiden braucht. Dass die Gäste derart weit oben stehen, kommt trotzdem für Derschlag ebenfalls ein Stück weit überraschend: „Für die Meisterschaft hatten wir sie nicht auf dem Zettel.“ Inzwischen hat sich der SC allerdings den Respekt der Konkurrenz in der Klasse erarbeitet. „Es wird schwer, sie zu schlagen“, vermutet der TuS-Coach, „Pulheim spielt Männer-Handball.“ Der Kader der Hausherren ist nach wie vor relativ klein, aber zugleich relativ komplett. Lediglich der gesperrte Russe Yuri Pishchukhin fehlt.

Spitzenreiter Pulheim nimmt den aktuellen Stand der Dinge natürlich mit Genugtuung zur Kenntnis, leitet daraus aber immer noch keine Ansprüche auf die Meisterschaft ab. „Was wir bis jetzt erreicht haben, ist eine Kombination aus Glück und harter Arbeit“, sagt Tacke. Sein unveränderter Standpunkt: „Dass wir gerade da oben stehen, ist eine Moment-Aufnahme.“ Der Hinweis, es seien einige Siege über Gegner aus der unteren Hälfte dabei gewesen, zieht dabei nur teilweise. Der Klassen-Primus gewann unter anderem gegen die vier Mannschaften auf den letzten vier Plätzen (Fortuna Köln, Aachen II, TuS 82 Opladen II, TK Nippes), holte jedoch auf der anderen Seite beim Vierten HC Gelpe/Strombach einen Punkt (27:27) und setzte sich gegen die deutlich höher eingeschätzte HSG Refrath/Hand am Ende klar durch (28:22).

Richtungsweisend: Für Trainer Kelvin Tacke und den Pulheimer SC ist klar: „Wir müssen nicht gewinnen.“ Trotzdem würde der Tabellenführer in Derschlag gerne beide Punkte holen. (Foto: Thomas Schmidt)

Ob Trainer Mario Jatzke und die HSG überhaupt noch einmal für die vorderen Plätze in Frage kommen, dürfte sich nach einer bisher ziemlich durchwachsenen Saison mit Rang sechs und 9:7 Punkten am Sonntag zeigen – vielleicht endgültig, denn die Refrather treten beim Zweiten Bayer Dormagen II an. Während der TSV lediglich am zweiten Spieltag mit dem 28:30 gegen Derschlag verlor, löste er seine sieben anderen Aufgaben weitgehend souverän. Das Ergebnis-Barometer der Gäste: Sieg, Niederlage, Niederlage, Sieg, Unentschieden, Sieg, Sieg, Niederlage. Die konstanteste Größe im Team um Kapitän Jonathan Benninghaus ist gerade ein Mangel und Konstanz. Viele Überraschungen wie das jüngste 22:24 in eigener Halle gegen den SSV Nümbrecht dürfen sich die Refrather nicht mehr erlauben, zumal die bisherige Ausbeute nur Mittelmaß ist und nicht wirklich zum personellen Potenzial passt.

Alle aus der Spitzengruppe werden nicht nur auf die Refrather schauen, sondern mindestens ebenso intensiv auf das Derby zwischen dem auf Rang fünf liegenden HSG-Bezwinger SSV Nümbrecht und dem Vierten HC Gelpe/Strombach. Beide verfügen aktuell über 12:4 Punkte und bewerten die Lage trotzdem total unterschiedlich. Der HC, der mit Trainer Michiel Lochtenbergh eher nach oben schaut, kann mit der bisherigen Ausbeute vielleicht soeben noch leben – mehr nicht. Dass die Nümbrechter um Trainer Dirk Hepp mit der identischen Bilanz viel mehr anfangen können, machte es für die Strombacher eher komplizierter.

Eine erste Entscheidung dürfte auch im Keller der Tabelle fallen, denn der Letzte TK Nippes erwartet den Vorletzten TuS 82 Opladen II, der ebenfalls noch keinen einzigen Zähler auf dem Konto hat (beide 0:16). Klarer Fall: Der Verlierer aus dem direkten Duell dürfte fast keine Chance mehr auf den Klassenerhalt haben der selbst für den Gewinner ein hartes Stück Arbeit bleibt. Relativ entspannt wirkt dagegen die Lage des Aufsteigers HC Weiden II, der als Neunter (6:10 Punkte) beim Tabellen-Nachbarn Longericher SC II antritt (Achter/8:8). „Wir stehen weiterhin da, wo wir uns sehen wollen – mit einem kleinen Polster zu den Abstiegsplätzen“, erklärt Trainer Philipp Havers, „damit wir uns dort halten können, wird es nötig sein, in der Hinrunde noch vier bis fünf Punkte einzufahren.“ Ob es nun gelingt, bei der LSC-Zweiten etwas Zählbares mitzunehmen, wagt Havers aber nicht vorherzusagen. Ihm fehlen einige wichtige Stammkräfte aus dem ohnehin in der Breite nicht besonders großen Kader.