Harzheld 2019
Axel Sierau: Jetzt träumt der „alte Mann“ von Hamburg
Der Torhüter des Mittelrhein-Oberligisten TuS Derschlag hätte die Auszeichnung auch jedem seiner Mitbewerber gegönnt.

Hier ist die Wand: Axel Sierau im Tor des TuS Derschlag lässt oft genug die eigenen Mitspieler wie Michael Romanov (links) staunen. Alternativ bringt der Keeper gegnerische Angreifer wie Wahns Yannick Denis (Nummer 22) zur Verzweiflung. (Foto: Burkhard Kasan)

Er ist ganz sicher ein würdiger Harzheld 2019. Und es zeichnet Axel Sierau aus, dass er zunächst an die Kollegen denkt: „Ich hätte es allen anderen auch gegönnt.“ Der 49 Jahre alte Torhüter des Mittelrhein-Oberligisten TuS Derschlag hat den höchsten Respekt davor, wie sich Weidens Marcel Habisch nach einer Halswirbel-Verletzung zurückgekämpft hat, wie sich Königshofs Sebastian Bartmann bei der Zukunfts-Gestaltung einbringt, wie sich Leichlingens Fynn Natzke aus der Kreisliga nach oben gearbeitet hat. Sein Wahl-Favorit war Habisch: „Ich dachte, dass Marcel es macht.“ Keiner der drei war für ihn ein Konkurrent, sondern jeweils ein beeindruckender Beweis dafür, wie vielfältig der Handball und seine Hauptdarsteller sind.

Es scheint so zu sein, dass Axel Sierau Grenzen verschieben oder aufheben kann. Mit 49 hütet er den Kasten immer noch exzellent. Dass er locker der Vater des einen oder anderen Mitspielers sein könnte – kein Problem. Sierau scheint keine Grenzen zwischen Generation zu kennen: „Es kommt immer darauf an, wie du mit den Menschen sprichst und wie viel Wertschätzung du für sie hast.“ Obwohl der Keeper, den viele Freunde und gute Bekannte gerne mal „alter Mann“ nennen (dürfen), im Laufe seines Handballer-Lebens so viel erlebt hat, ist er angesichts mancher Kommentare zur Wahl fast überwältigt und bekommt immer wieder eine Gänsehaut. „Er ist nicht nur ein richtig guter Torwart, sondern auch menschlich einfach nur mega nett, fair, absolut freundlich und kein bisschen abgehoben“, sagt etwa Christin Ufer, „von dir habe ich schon viel gelernt und werde immer noch mehr dazulernen.“ Christin stammt aus der B-Jugend des TuS Derschlag und konnte bereits bei den ersten Damen mitmischen – unter der Regie von Axel Sierau.

Den vielleicht treffendsten Kommentar hat wohl Keno Knittel hinterlassen, der früher unter anderem den Regionalligisten TV Jahn Köln-Wahn trainiert hat: „Axel auf Position eins, die anderen kurz dahinter. Alles tolle Lebensgeschichten.“ Logisch: Der Harzheld 2019 denkt auf absehbare Zeit nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Und es ist gut so, dass er dem Handball erhalten bleibt – als Nachwuchs-Förderer, als Schulsport-Unterstützer, als Mitarbeiter im Vorstand, als Ideengeber für Verbände, als Aktiver. Für den sportlichen Teil auf dem Feld hat er natürlich Nahziele. Erstens will er mal sehen, was sich aus Platz vier zur Winterpause in der Oberliga und vier Punkten Rückstand auf die Spitze noch machen lässt. Und zweitens wartet auf alle Derschlager nach dem Triumph im Mittelrheinpokal mit der Qualifikation für den Deutschen Amateurpokal ein echtes Highlight.

Wenn es nach Sierau geht, führt der Weg des TuS geradewegs ins Finale nach Hamburg. Dass die Mannschaft dafür zunächst einen Marsch durch die Runde der letzten 16 schaffen muss, interessiert ihn gerade höchstens am Rande. Die Tatsache, dass er im nächsten Frühjahr 50 wird, wirkt ebenfalls fast nebensächlich: „Auf mir klebt kein Verfallsdatum.“ Axel Sierau ist definitiv ein würdiger Harzheld 2019. Und seine Reaktion auf die Wahl klingt kein bisschen künstlich: „Das bedeutet mir viel, ich fühle mich echt geehrt.“