Oberliga Niederrhein
Spitzenspiel ist Nebensache: Wölfe trauern mit Alex Grefer
Der Tabellenführer tritt beim Dritten LTV Wuppertal an, obwohl ihm nicht der Sinn danach steht. Ein Teamkollege und Freund hat seinen Bruder verloren.

Zupackend: Alexander Grefer (Mitte/rechts Teamkollege David Kryzun, links Langenfelds Tobias Kolletzko) ist bei den Wölfen nicht nur auf dem Feld und als Spieler ein zentraler Fixpunkt. (Foto: Burkhard Kasan)

Gewöhnlich wäre es das gewesen, was in die Kategorie „Spiel der Spiele“ gehört. So ist das immer, wenn der Tabellendritte den Spitzenreiter erwartet und beide zu den heißen Titelkandidaten gehören. Plötzlich ist aber das Duell zwischen dem LTV Wuppertal und dem HC Wölfe Nordrhein am Sonntag nichts mehr, auf das sich die Beteiligten irgendwie freuen könnten. Vor allem die Wölfe sind im Moment mit Herz und Verstand ganz woanders – bei ihrem Mitspieler Alexander Grefer, der zusammen mit Thomas Molsner das perfekt harmonierende Trainer-Duo des Spitzenreiters bildet. Der Kreisläufer und Abwehrchef des Tabellenführers hieß früher Tesch, bis er den Namen seiner Frau annahm. Alexander ist der Zwillingsbruder von Andreas Tesch, der vor einer Woche nach dem Training des Drittligisten Ahlener SG zusammenbrach und im Alter von nur 31 Jahren starb. „Es gibt Momente und Ereignisse, da wird ein Spiel zur Nebensache“, sagt Molsner, „ich glaube, wir können nicht annähernd beurteilen, wie es Alex und seiner Familie geht.“

Andreas Tesch war für die Wölfe mehr als „nur“ der Bruder eines Mitspielers – gerade für Molsner, der mit beiden Teschs vor Jahren gemeinsam für den VfL Gladbeck auf der Platte stand: „Da waren sie noch sehr jung und ich praktisch auf dem absteigenden Ast.“ Bei den Wölfen saß Andreas oft auf der Tribüne und er kümmerte sich mit Hingabe um das Training der Torhüter. Ganz nebenbei war er als Fotograf unterwegs, der die Mannschaft immer vor dem Beginn einer Saison ins rechte Bild setzte. Kurzum: Andreas Tesch war ein Freund der Wölfe, die sich momentan im Grunde noch gar nicht in der Lage sehen, in den sportlichen Alltag umzuschalten. Weil sich aber eine erhoffte Verlegung der Partie in Wuppertal nicht realisieren ließ, werden sie trotz einer anderen Gefühlswelt antreten. „Wir müssen spielen und wir werden das probieren“, erklärt der Wölfe-Coach. Wie der Auftritt ausfallen wird, vermag er nicht annähernd abzuschätzen. Trainerstab und Spieler würden gerne die Meisterschaft (Saisonziel) wegschenken – wenn es denn jemandem etwas bringen würde.

Die Wölfe Nordrhein liegen mit 19:3 Punkten vor Borussia Mönchengladbach (17:5) und dem LTV Wuppertal (16:6). Der Spitzenreiter erlaubte sich nur am vorletzten Spieltag einen dicken Ausrutscher, als er bei der Borussia mit 18:27 unter die Räder kam. Die Mönchengladbacher sind mit 12:0 Punkten aus den vergangenen sechs Partien die Mannschaft der Stunde in der Oberliga Niederrhein, während sich der ambitionierte LTV Wuppertal um Spielertrainer David Kreckler nach einem schleppenden Saisonstart Stück für Stück in Richtung Spitze vorgearbeitet hat. Plus für die Borussia, die auf den Sechsten SG Langenfeld II trifft: Das Team von Trainer Tobias Elis hat in der Hinrunde, die jetzt in den Endspurt geht, sowohl gegen die Wölfe als auch in Wuppertal gewonnen (30:28).

Wir sind dabei! Moritz Krumschmidt (beim Wurf) und die Mönchengladbacher Borussia haben sich in der Tabellenspitze der Oberliga festgesetzt. (Foto: Carsten Feld)

Ein schwieriges Finale des Jahres 2019 liegt hinter Mettmann-Sport, das nach vier Niederlagen in Folge gegen die ersten vier Teams der Tabelle nicht zuletzt wegen personeller Probleme über ein negatives Konto verfügt (10:12 Punkte) und auf den zehnten Rang abgerutscht ist. „Wir wollen endlich wieder in die Erfolgssur zurückkehren“, sagt Trainer Jürgen Tiedermann, dessen Mannschaft es mit dem Letzten HSG Neuss/Düsseldorf II zu tun bekommt: „Da zählen keine Ausreden, obwohl man nie weiß, mit welcher Unterstützung aus der Drittliga-Mannschaft sie in die Partie gehen.“ Tiedermann hofft einerseits, dass sich die vielen vor der Weihnachtspause angeschlagenen Spieler ausreichend erholt haben. Andererseits lief die Vorbereitung nicht optimal, weil ME-Sport erst in dieser Woche zwei Hallen-Einheiten zur Verfügung standen. Dennoch geht der Coach von einem Sieg aus, falls sein Team das komplette Potenzial abruft: „Wir dürfen uns im Angriff nur wenige Fehler erlauben und müssen versuchen, selber über eine kompakte Abwehr zum Erfolg zu kommen.“

In den direkten Abstiegskampf sind im Moment neben dem Schlusslicht (3:19 Zähler) die HSG Hiesfeld/Aldenrade, der TV Angermund und der TSV Aufderhöhe verwickelt (alle 4:18). Logisch: Im direkten Duell zwischen Angermund und Aufderhöhe kann sich eigentlich keiner eine Niederlage erlauben. Unabhängig vom Ergebnis wird der Vierer-Zirkel unten relativ exklusiv bleiben – erst recht dann, wenn sich die Mettmanner gegen die HSG II durchsetzen. Das Mittelfeld mit Unitas Haan, dem TV Krefeld-Oppum (beide 12:10), dem VfB Homberg (11:11) und ME-Sport gehört beinahe schon zu einer anderen Welt.