Auf-/Abstiegsregelung
Thema Abstieg: Gefahr steckt im Kleingedruckten
Die Durchführungsbestimmungen der Verbände bergen einige versteckte Risiken.

Was wird aus uns? Auch Trainer Olaf Mast und der Regionalligist Köln-Wahn müssen noch mehr aufpassen. (Foto: Burkhard Kasan)

Die Dinge sind komplizierter, als sie auf den ersten Blick aussehen. Und sie werden dem einen oder anderen im weiteren Verlauf der Saison vermutlich noch Kopfzerbrechen bereiten. Außerdem wird sich mancher zum Beispiel bei den Regionalligisten MTV Rheinwacht Dinslaken oder HG Remscheid überlegen müssen, ob er fortan nicht lieber den Drittligisten Leichlinger TV oder VfL Gummersbach II die Daumen drückt. Oder vorsichtshalber lieber beiden. Ähnliches gilt für den TV Jahn Köln-Wahn und die HSG Siebengebirge. Alles zusammen könnte sich auf die Oberliga auswirken. Sowohl am Niederrhein als auch am Mittelrhein. Zwei Absteiger aus der Regionalliga und zwei aus der Oberliga? Wenn das alles so einfach wäre. Die Lage ist derart verzwickt, dass den Verantwortlichen kurz vor dem Ende der Hinrunde und im weiteren Verlauf der Rückrunde einiges Mitrechnen bevorsteht. Wir versuchen im Folgenden ein paar Modell-Rechnungen. Basis sind die Durchführungsbestimmungen des Deutschen Handball-Bundes für die 3. Liga, jene für die Regionalliga Nordrhein sowie die der Verbände Niederrhein und Mittelrhein für ihre jeweiligen Oberligen.

Beispiel 1 In der 3. Liga sind unter anderem der VfL Gummersbach II (Rang 13), der Leichlinger TV (14), die Ahlener SG (15) und die SG Menden Sauerland Wölfe (16) akut gefährdet. Vorgesehen sind drei Absteiger. Nur die Gummersbacher und die Leichlinger würden aber bei einem Abstieg der Regionalliga Nordrhein zugeschlagen. Erwischt es weder den LTV noch den VfL – eigentlich perfekt (weniger natürlich für die anderen Betroffenen), weil dann nur die vorgesehenen zwei Teams aus der Regionalliga in die Oberliga absteigen – zurzeit also Remscheid und Dinslaken. Damit blieben beim Aufstieg des Meisters in die 3. Liga elf Regionalligisten übrig und es gäbe sogar einen Bonus: Aus den beiden Oberligen Niederrhein und Mittelrhein würde ein dritter Verein aufsteigen dürfen.

Das wird haarig: Trainer Eric Busch und seine Angermunder  wären in der Oberliga Niederrhein nach dem Jetzt-Stand gerade noch gerettet. (Foto: Burkhard Kasan)

Beispiel 2 Aus der 3. Liga steigt entweder Gummersbach oder Leichlingen ab. Dann wäre die Regionalliga 15 Teams stark – und nach dem Abzug des in die 3. Liga aufsteigenden Meisters wieder bei 14 angekommen. Bei zwei Absteigern in die Oberliga kommen von dort zwei Aufsteiger hinzu, sodass erneut die Sollstärke von 14 Vereinen erreicht wird.

Beispiel 3 Aus der 3. Liga steigen Leichlingen und Gummersbach ab. Dann ergäbe sich folgende Rechnung: 14 (Ist) +2 (Absteiger) -1 (Aufsteiger) = 15. Zusammen mit den beiden Aufsteigern aus den Oberligen wären das 17 Vereine – drei zu viel. Daraus ergäbe sich in diesem Fall, dass es einen dritten Regionalligisten erwischen würde. Das wäre nach dem Jetzt-Stand die HSG Siebengebirge, die unten vor Remscheid (beide 7:17) und dem MTV Rheinwacht Dinslaken (5:19) liegt. Der Elfte Wahn (8:16) wäre ebenfalls dabei in der Verlosung. Selbst die SG Langenfeld und der HC Weiden (beide 11:13) auf den Rängen neun und zehn müssten aufpassen.

Beispiel 4 Wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht vorkommen, weil drei Absteiger aus der 3. Liga in den Bereich der Regionalliga Nordrhein nahezu ausgeschlossen sind. Die Bergischen Panther auf Rang acht und die HSG Rhein Vikings auf Platz neun sind bei jeweils 19:17 Zählern derart weit von der Gefahrenzone entfernt, dass sie eher nichts mit dem Kampf um den Klassenerhalt zu tun haben werden. Das galt schon immer für den Fünften Longericher SC.

Beispiel 5 In den Durchführungsbestimmungen des HV Niederrhein ist es für die Oberliga nachzulesen: Wird durch den Abstieg (von oben) die Gruppenstärke von 14 Mannschaften überstiegen, erhöht sich der Abstieg (nach unten) entsprechend. Daraus ergibt sich wieder eine Fülle an Möglichkeiten. Bei einem Absteiger aus der Regionalliga in die Oberliga Niederrhein passiert wenig: 14 (Ist) minus 1 (Aufsteiger in die Regionalliga) plus 2 (Aufsteiger aus der Verbandsliga) gleich 15; plus 1 (Absteiger aus der Regionalliga) minus 2 (Absteiger in die Verbandsliga) gleich 14. Der Abstieg der HG Remscheid etwa wäre für alle zu verkraften – natürlich nicht so sehr für die Remscheider selbst.

Suchender: Trainer Frank Berblinger und die HG Remscheid stehen in der Regionalliga unter Druck. (Foto: Herbert Mölleken)

Beispiel 6 Es trifft sowohl Remscheid als auch Dinslaken – die ja nach dem aktuellen Stand tatsächlich als Vorletzter und Letzter runter müssten. Beide kämen in die Oberliga Niederrhein, die dann zwei Mannschaften mehr aufnehmen müsste – und schließlich über der Sollstärke läge. Dann träfe es dort außer dem Letzten HSG Neuss/Düsseldorf II und dem Vorletzten TSV Aufderhöhe zusätzlich den TV Angermund. Der Kampf um den Klassenerhalt könnte ein Hauen und Stechen werden.

Beispiel 7 Was nach dem Jetzt-Stand für die Oberliga Niederrhein ziemlich hart wäre, hätte einen überraschenden Charme für den Mittelrhein. In der Regionalliga hätten es ja, falls sofort Schluss wäre, der TV Jahn Köln-Wahn und die HSG Siebengebirge geschafft – es käme also kein Absteiger aus dem Verband Mittelrhein. Formel: 14 minus 1 (Aufsteiger in die Regionalliga) plus 3 (Aufsteiger aus der Verbandsliga) minus zwei (Absteiger in die Verbandsliga) ergibt 14. Nach Lage der Dinge könnte aber auch exakt das Gegenteil passieren: Der Mittelrhein leidet und der Niederrhein profitiert. Dazu müsste es zum Beispiel Wahn und Siebengebirge erwischen, während Remscheid und Dinslaken drinblieben.

Für alle Vereine, die in den Kampf um den Klassenerhalt verstrickt sind oder sich für alle Eventualitäten vorbereiten wollen, ergeben sich Chancen und Risiken zugleich. Die Niederrhein-Oberligisten HC Wölfe Nordrhein und Verfolger Borussia Mönchengladbach werden vielleicht selbst Rang zwei als lohnend ansehen – wenn denn der Titel nicht gelingt. Unten ist zugleich selbst der zunächst nicht prickelnde Platz elf, den zurzeit die HSG Hiesfeld/Aldenrade einnimmt, einiges (mehr) wert. Am Mittelrhein gewinnt der Titel-Fünfkampf zwischen dem Pulheimer SC, dem HC Gelpe/Strombach, dem TSV Bayer Dormagen II, der HSG Refrath/Hand und dem TuS Derschlag zusätzliche Dynamik. Unten müssten sie eigentlich ab Rang zehn den Rechenschieber bereithalten: Der HC Weiden II (9:15 Punkte), der MTV Köln (8:16) und der BTB Aachen II (6:18) dürfen momentan nicht sicher davon ausgehen, dass sie drinbleiben. Für die besonders stark gefährdeten TuS 82 Opladen II und TK Nippes wird deshalb alles noch komplizierter. Nahezu nichts ist so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht.