15. Januar 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Die Angelegenheit ist kompliziert und das ganze Konstrukt kaum durchschaubar. Sicher ist in diesem Zusammenhang aber eins, was durchaus noch wichtig werden könnte: Insolvenz stammt aus dem Lateinischen und ist abzuleiten von solvere – was schlicht zahlen bedeutet. Wer insolvent ist, kann demnach seine Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen. Im Mittelpunkt der Geschichte stehen die Rhein Vikings. Mal wieder. Erst Mitte Februar 2019 war das damalige Projekt Vikings, das den kühnen Weg in die Bundesliga ins Visier genommen hatte, mit dem Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens krachend gescheitert. Die damals um den Klassenerhalt in der 2. Liga kämpfende Mannschaft verlor einige Spieler und bekam acht Punkte abgezogen. In der 3. Liga sollte danach ein Neuanfang folgen – der sportlich durchaus gelang, weil die Mannschaft mit ihrem Trainer Jörg Bohrmann vernünftig in der tieferen Klasse angekommen ist. Trotzdem steht das künstlich wirkende Produkt erneut aus wirtschaftlichen Gründen vor dem Aus.
Zunächst passierte im Juni 2019 das Folgende: Die Handball-Verbindung zwischen dem Neusser HV und dem ART Düsseldorf unter dem Namen HSG Neuss/Düsseldorf, die in der 2. Liga als Marke HC Rhein Vikings unterwegs war, ging nach zwei Jahren zu Ende – weil der ART die Spielgemeinschaft verließ. In der Nachfolge für die SG entstand ein neuer Verein mit dem Namen HC Rhein Vikings – mit Sitz in Düsseldorf übrigens. Und in der 3. Liga ging ab August 2019 die neue HSG Rhein Vikings in die Meisterschaft – in der Halle Hammfeld des Neusser HV. Bereits ein paar Wochen vor Weihnachten wollten ein paar Kenner der Szene wissen: Da stimmt etwas nicht. Am Anfang dieser Woche verdichteten sich die Nachrichten: Die Vikings haben nicht geringe finanzielle Probleme. Die Mannschaft wurde am Montagabend informiert und mittlerweile ist eigentlich nur offen, wie es weitergeht.
Martin Eggert ist erstens Vorsitzender des Neusser HV, den er als einen der Gesellschafter der Rhein Vikings UG nennt. UG meint in voller Länge Unternehmer-Gesellschaft – eine Einrichtung, die haftungsbeschränkt arbeitet. Eggert ist inzwischen gleichzeitig Geschäftsführer der UG. Auf Nachfrage legt er Wert auf diese Feststellung: „Die HC Rhein Vikings UG hat bisher keinen Insolvenzantrag gestellt. Wir werden in Abstimmung mit der Mannschaft am Donnerstag eine offizielle Darstellung der gegenwärtigen Situation insbesondere bezüglich der zukünftigen Ausrichtung verlautbaren.“ Sollte es allerdings am Ende doch so passieren, wie viele vermuten, wären ziemlich unangenehme Folgen möglich.
Manche gehen davon aus, dass die Rhein Vikings bei einem Insolvenz-Antrag „nur“ acht Punkte abgezogen bekommen. Diese Variante ist zunächst in §8b der Satzung für die Bundesliga vorgesehen: „Wird gegen einen Lizenznehmer beziehungsweise gegen den wirtschaftlichen Träger eines Lizenznehmers während eines laufenden Spieljahres ein Insolvenzverfahren eröffnet oder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt, so werden dem Lizenznehmer am Ende der laufenden Spielsaison acht Pluspunkte aberkannt.“ Passiert das, hätte das Team von Trainer Bohrmann nur noch elf statt der bisherigen 19 Zähler – und fände sich plötzlich mitten im Abstiegskampf wieder. Noch drastischer fiele die Strafe aus, die das eigens für die 3. Liga geschaffene Statut vorsieht. Dort heißt es in § 4,1: „Wirtschaftliche Insolvenz des Vereins zieht den Zwangsabstieg des Vereins in der laufenden Saison nach sich.“
Da wäre wohl zu klären, was wirklich betroffen ist: Verein, UG – oder gar unbekannte Dritte? Die Rhein Vikings selbst tragen über ihre seltsame Vorstellung von Öffentlichkeitsarbeit nicht viel bis fast gar nichts bei. Die Homepage der HSG und des Neusser HV? Maximal Stückwerk. Wer sich zu den Vikings durcharbeiten will, landet irgendwann auf einer Seite im Wartungsmodus. Wie ein missratener Scherz sieht die offizielle Facebook-Seite aus, auf der im Impressum tatsächlich noch Daniel Pankofer als Geschäftsführer geführt wird – der allerdings seit dem 1. Januar 2020 beim Zweitligisten VfL Lübeck-Schwartau unter Vertrag steht, zu dem er aus privaten/persönlichen Gründen gewechselt ist. In dieser verworrenen Situation hätten die Wikinger am Samstag ein Heimspiel gegen die um den Klassenerhalt kämpfende Ahlener SG zu bestreiten gehabt, aber die Partie fällt zunächst aus. Genau am Samstag sind Beerdigung und Trauerfeier für den vor zwei Wochen im Alter von nur 31 Jahren gestorbenen Ahlener Torhüter Andreas Tesch, sodass der gesamten SG überhaupt nicht der Sinn nach Handball steht.
Andere gefährdete Mannschaften werden dafür im Einsatz sein und der Leichlinger TV steht erneut vor einer extrem wichtigen Aufgabe. Nach dem 24:28 gegen den TSV GWD Minden II muss die Mannschaft von Trainer Lars Hepp bei der SG Menden Sauerland Wölfe eigentlich gewinnen, um nicht viel stärker als ohnehin schon unter Druck zu geraten. Die Wölfe (8:28 Punkte) sind Letzter und wären bei einem Erfolg bis auf einen Zähler dran an den auf Rang 14 stehenden Leichlingern (11:25), die unbedingt den direkten Kontakt zum VfL Gummersbach II (11:23), den Mindenern (13:23) und dem TuS Volmetal (13:21) halten wollen. Da sich Gummersbach und Volmetal zum direkten Duell treffen und vermutlich einer von beiden Federn lassen muss, wäre ein Erfolg doppelt wertvoll für den LTV – der natürlich die Entwicklung bei den Vikings aus eigenem Interesse sehr aufmerksam beobachten wird. Deutlich entspannter können nach dem 31:24 über die Vikings die Bergischen Panther (Achter) ins Wochenende gehen, obwohl beim Spitzenreiter Wilhelmshaven die höchste mögliche Hürde wartet. Der aktuelle Fünfte Longericher SC kann bei LiT Tribe Germania (Zehnter) seine Position im vorderen Tabellendrittel festigen.