17. Januar 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Die Oberliga Niederrhein sieht kurz vor dem Ende aus wie eine Drei-Klassen-Gesellschaft. Vorne haben sich die Wölfe Nordrhein (21:3 Punkte) und Borussia Mönchengladbach (19:5) ein Stück vom Rest der Liga abgesetzt. Ab Rang drei folgen bereits jene Mannschaften, die mit der Vergabe der Meisterschaft nichts mehr zu tun haben – beginnend beim LTV Wuppertal (16:8), der sich nach der 28:32-Niederlage gegen die Wölfe selbst aus dem Rennen sieht. Der Vierte DJK Adler Königshof (16:8) will in dieser Saison vor allem die Basis für eine gute Zukunft legen (was ihm bisher gut gelingt) und der Fünfte TV Lobberich (15:9) strebt eher an, so schnell wie möglich die für den sicheren Klassenerhalt nötigen Zähler auf dem Konto zu sehen. Über den Sechsten SG Langenfeld II (14:10) geht die Reihe der nicht am Titelrennen beteiligten Teams weiter bis zum Zwölften VfB Homberg (12:12). Dahinter bilden die HSG Hiesfeld/Aldenrade (6:18), der TV Angermund (5:19), der TSV Aufderhöhe (5:19) und die HSG Neuss/Düsseldorf II (3:21) ein Quartett, das an einem ziemlich heftigen Ausscheidungs-Rennen beteiligt sein wird. Eine durchaus nicht ausgeschlossene Variante: Aufgrund der Entwicklungen oben (3. Liga, Regionalliga) könnte es zu einem erhöhten Abstieg kommen. Das hieße dann: Es erwischt mehr als die vorgesehenen zwei Mannschaften. Ein Sonderfall ist dabei das aktuelle Schlusslicht – was unter anderem mit den turbulenten Ereignissen rund um die Erste (Rhein Vikings) zu tun hat, die nach dem Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr in der 3. Liga antreten wird.
Ob sich daraus für die über sehr weite Strecken der Hinrunde personell sehr dünn ausgestattete HSG-Zweite die Gelegenheit ergibt, den Kader aufzustocken, wird erst am Samstag gegen 16.30 Uhr feststehen, wenn der Spielbericht zur um 17 Uhr beginnenden Partie gegen den LTV Wuppertal ausgefüllt ist. Hundertprozentig fest steht allerdings, wer nicht mehr auf der Bank sitzt: Der bisherige Trainer Uli Richter, der erst vor der Saison nach vielen Jahren beim Oberliga-Konkurrenten TV Angermund gekommen war, ist seit Mitte dieser Woche nicht mehr im Amt. „Wir sind nach intensiven Gesprächen gemeinsam zu der Auffassung gekommen, dass es die richtige Entscheidung ist“, sagt Richter, der ursprünglich bis zum Saisonende weitermachen und dann aufhören wollte – was er so auch weitergegeben hatte. Zu den turbulenten Ereignissen rund um die Rhein Vikings wollte er sich lieber weniger äußern – was insgesamt ohnehin nicht notwendig ist, weil manche Dinge für sich sprechen. An Richter und seinen (wenigen) Spielern lag es am wenigsten, dass die Mannschaft sportlich in größte Not geraten ist. Nach dem Ausstieg des ART Düsseldorf aus der alten HSG mit dem Neusser HV nahm der neue HC „Rhine“ Vikings dessen Stelle in der neuen HSG ein. Für den Spielbetrieb der ersten Mannschaft in der 3. Liga entstand jene HC Rhein Vikings UG, die nun zahlungsunfähig ist.
Richter und sein Oberliga-Team unterlagen einem groben Irrtum, als sie vor der Saison an Wettbewerbsfähigkeit glaubten. Sie kämpften vielmehr von Beginn an mit ziemlich stumpfen Waffen: Es gab eben nicht die in Aussicht gestellte Mannschaft. Wie irrwitzig die Ideen der Verantwortlichen waren, belegt ein Blick in die dritte Mannschaft, die in die Gruppe 4 der Landesliga einsortiert war – und schon nach dem zweiten Spieltag mit dem Datum 26. September zurückgezogen wurde. Die Ursache: Keine Spieler. Die HSG-Zweite holte ihre drei Punkte am vierten Spieltag mit dem 29:28 beim TV Krefeld-Oppum und kurz vor Weihnachten mit dem 23:23 im Kellerduell gegen Angermund. Selbst die massive Abstellung von Torhüter Paul Dreyer (18), Sebastian Schön, Moritz Görgen und Paul Skorupa (alle 20) aus dem Drittliga-Aufgebot brachte damals keinen Erfolg.
Die erste Mannschaft, die nun die „neue“ HSG Düsseldorf in Augenschein nehmen wird, sind die Wuppertaler. „Das juckt uns alles nicht. Wir wollen ein gutes Spiel abliefern und gewinnen. Alles andere zählt nicht“, sagt der erfahrene LTV-Spielertrainer David Kreckler. Für ihn ist ein Erfolg gegen den Letzten erstens eine Pflicht und zweitens die Voraussetzung dafür, die Wölfe und die Mönchengladbacher nicht komplett aus den Augen zu verlieren. Beide Top-Teams stehen allerdings vor nicht ganz einfachen Aufgaben – was zuerst für die Borussia gilt. Das Team von Trainer Tobias Elis, das zuletzt sieben Mal in Folge gewann, tritt beim TV Krefeld-Oppum an, der an guten Tagen durchaus zu einer Partie auf Augenhöhe gegen Spitzenmannschaften in der Lage ist. So war es etwa beim 28:28 gegen Wuppertal, beim 26:26 als Gast der Wölfe und beim 38:31 gegen Königshof. Die Borussia wird entsprechend gewarnt sein und alles in die Waagschale werfen, um den Wölfen weiter im Nacken zu sitzen und im Fall der Fälle sogar einen Ausrutscher des Tabellenführers zum Sprung an die Spitze zu nutzen.
Der Plan der Wölfe sieht selbstredend etwas anderes vor, obwohl Trainer Thomas Molsner vor der Aufgabe und den Gästen mit ihrem Spielertrainer Christopher Liedtke viel Respekt hat. „Wir müssen mit der gleichen Einstellung ins Spiel gehen wie gegen Wuppertal. Lobberich ist eine sehr homogene Mannschaft und kommt stark über die Geschlossenheit. Da müssen wir unbedingt gegenhalten“, findet Molsner. Sein eigenes Team sieht er beim Versuch, in die Regionalliga zurückzukehren, auf dem richtigen Weg, zumal es in den bisherigen zwölf Spielen nur anderthalb Ausrutscher gab – das 29:29 von Ende September 2019 gegen Krefeld-Oppum und das schmerzhafte 18:27 vom 7. Dezember bei Borussia Mönchengladbach. Anschließend kehrte der Titelkandidat jedoch mit dem 25:19 gegen Mettmann-Sport zum Abschluss des vergangenen Jahres und besonders mit der jüngsten Gala in Wuppertal in die alte Spur zurück. Molsner: „Obwohl du dir nichts dafür kaufen kannst, wäre es schön, wenn wir die Halbzeit-Meisterschaft holen. Und wenn wir unsere Aufgaben erledigen, können die anderen machen, was sie wollen.“ Dem werden sie selbst in Mönchengladbach nicht widersprechen (können).