Oberliga Niederrhein
Trainer-Coup: In Ronny Rogawska brennt das Feuer
Der Ex-Coach der HSG Krefeld und des TV Korschenbroich bekommt in Mönchengladbach auch starke Neuzugänge.

Wir machen das in diese Richtung: Ronny Rogawska hat ganz klare Vorstellungen vom künftigen Kurs der Mönchengladbacher Borussia. (Foto: Michael Jäger)

Er kommt aus dem Land des Weltmeisters und fiebert auch immer mit, wenn seine Dänen bei einer großen Veranstaltung unterwegs sind: „Natürlich bin ich mit dem Herzen dabei.“ Da hatte Ronny Rogawska kürzlich allerdings einiges wegzustecken, weil die Skandinavier bei den aktuell laufenden Europameisterschaften als einer der ganz heißen Titelanwärter bereits in der Vorrunde ausschieden. „Ich glaube, die EM ist eins der schwierigsten Turniere überhaupt“, sagt Rogawska, „da kannst du dir keine zwei schwächeren Leistungen erlauben.“ Genau das war aber bei den Dänen gegen Island (30:31) und Ungarn (24:24) der Fall – das Aus. Weil Rogawska (50) vor ziemlich genau 20 Jahren erst des Sports wegen ins Rheinland kam und dort später der Liebe wegen blieb, kennt er sich längst auch im deutschen Handball aus. Dass er seine Expertise jetzt bald dem Niederrhein-Oberligisten Borussia Mönchengladbach zur Verfügung stellen wird, ist definitiv eine Überraschung, aber kein Rückzug in Raten – im Gegenteil.

Für den von Ehrgeiz angetriebenen Ronny Rogawska gibt es nur die Richtung nach oben: „Ich kenne Mönchengladbach seit vielen Jahren. Ich denke, man kann dort sehr viel bewegen. Für mich passt da alles.“ Deshalb kann es aus seiner Sicht nur die Option geben, die Borussia um ein oder zwei Ligen nach oben zu bringen – was dann, vom aktuellen Stand, der Aufstieg in die 3. Liga wäre. Dass es in dieser Saison bereits zum Sprung in die Regionalliga Nordrhein reicht, ist seit dem vergangenen Wochenende ein bisschen schwieriger geworden, weil die zuvor sieben Mal hintereinander siegreichen Mönchengladbacher beim TV Krefeld-Oppum eine 24:29-Niederlage hinnehmen mussten und nun am Ende der Hinrunde mit 19:7 Zählern vier Zähler hinter dem Spitzenreiter HC Wölfe Nordrhein liegen (21:3). Der Tabellenführer musste sich bisher erst ein einziges Mal geschlagen geben – am 7. Dezember 2019 in Mönchengladbach (18:27).

Der Emotionale: Als Trainer leistet Ronny Rogawska manchmal auch körperlich ein erstaunliches Pensum ab. (Foto: Michael Jäger)

Rogawskas deutsche Karriere begann bei der damaligen HSG Düsseldorf, mit der er als Spieler (2004) und Trainer (2009) den Sprung in die Bundesliga schaffte. Es folgten sechs Jahre als Chefcoach beim TV Korschenbroich (3. Liga) und zur Saison 2018/2019 der Wechsel zur HSG Krefeld. Der von beiden Seiten erhoffte Erfolg stellte sich tatsächlich ein, denn die HSG sicherte sich zuerst die Meisterschaft in der 3. Liga und erlebte dann in der Qualifikation für die Zweite Liga gegen Empor Rostock einen unvergesslichen Höhepunkt: Nach dem 23:24 in der Glockenspitzhalle führte die HSG kurz vor Schluss in Rostock mit 23:22 – doch Empor wäre über die auswärts erzielten Treffer durch gewesen. Fürs Happy End zugunsten der Krefelder sorgte Kevin Christopher Brüren, der in der letzten Sekunde vor 4600 Zuschauern das 24:22 erzielte.

Das Glück war auf dem Höhepunkt – und wenig später trotzdem vorbei, denn praktisch mit dem Beginn der Vorbereitung auf die nächste Serie kam es zur Trennung, über die sich Rogawska ein gutes halbes Jahr danach nicht mehr äußern mag.  Gewünscht hätte er sich trotzdem, dass die Eagles gut in der 2. Liga ankommen. Nach 18 von 34 Spieltagen deuten 2:34 Punkten und mehr als zehn Zähler Differenz zum rettenden Ufer jedoch an, dass es bei einem Ein-Jahres-Ausflug nach oben bleiben wird. „Es ist schade, das zu sehen“, meint der Ex-Coach.

Lange untätig konnte er natürlich nicht bleiben. Und da passte es ganz gut, dass sein einstiger Verein TV Korschenbroich die Nachfolge für die bisherige Jugend-Koordinatorin Pia Kloeters regeln musste (aus beruflichen Gründen ausgeschieden). „Auf diesem Gebiet musst du langfristig denken“, weiß Rogawska, der sich mit Leidenschaft in die neue Aufgabe stürzte und dies bis zum Ende der Saison 2019/2020 weiter tun wird. Im Laufe der Zeit spürte der Däne trotzdem zuletzt immer stärker, dass ihm etwas fehlt – die verantwortliche Arbeit mit einer an Leistung orientierten Mannschaft: „Ich brenne und spüre, dass ich wieder Trainer sein will.“ Also ging er auf die Verantwortlichen des TVK zu, erklärte ihnen seine Überlegungen und bekam am Ende grünes Licht. Klar: Bald stand fest, wo Rogawska auf den Trainerstuhl zurückkehren würde. Sein Ja-Wort gab er der Mönchengladbacher Borussia – was eine durchaus mutige Entscheidung für einen ist, der mit seiner Familie mitten in Korschenbroich lebt. Klaus Weyerbrock, der Sportliche Leiter des TVK, bestätigt allerdings gerne, dass Rogawska selbst nach dem Ausscheiden als Jugend-Koordinator ein jederzeit gerne gesehener Gast sein wird: „Wir gehen im Guten auseinander.“

Spaß muss sein: Ronny Rogawska fordert von den Spielern die nötige Ernsthaftigkeit, geht aber zum Lachen nicht in den Keller. (Foto: Michael Jäger)

Sicher ist, dass die Borussia einen in der Szene gut vernetzten Trainer bekommt, der menschlich wie fachlich hohe Anerkennung genießt. Sein Credo: „Du kannst als Spieler nur gute Leistungen bringen, wenn du dich auf jedes Training freust.“ Gleichzeitig fordert er eine passende Portion Ernsthaftigkeit, ohne die ein höheres Niveau nicht zu erreichen sei. Nur aus Jux zu trainieren, wäre nichts für Rogawska, der reinen Spaß-Handball dennoch nicht grundsätzlich ablehnt: „Das hat alles genauso seine Berechtigung.“ Nun wird er sich ab dem Sommer am Projekt Handball in Mönchengladbach beteiligen, das dadurch vermutlich noch mal eine ganz neue Dynamik erfährt. Theoretisch denkbar: Die Borussia schafft den Aufstieg doch und der TVK kommt in der Regionalliga in der Rückrunde nicht am Spitzenreiter TuS 82 Opladen vorbei. Dann träfen beide Nachbarn im direkten Duell aufeinander und Rogawska, ein Freund des schnellen Handballs mit hohem Einsatz, fände es klasse: „Das wäre ein echt cooles Derby.“ Das gab es bereits 2004/2005 in der damaligen Regionalliga West: Aus der Hinrunde stammt das 24:24 (26. November 2004) und aus der Rückrunde das 31:30 der Korschenbroicher in Mönchengladbach (16. April 2005).

Es versteht sich von selbst, dass der Demnächst-Coach den zurzeit mit Erfolg amtierenden Kollegen Tobias Elis bis zum Saisonende in Ruhe weiterarbeiten lässt. Auf der anderen Seite drehen sich bei der Borussia längst viele Gedanken darum, wie sich die neuen hohen Ziele möglichst bald realisieren und durch neues Personal stützen lassen. Zu Namen will Rogawska zwar nichts sagen, aber drei starke Neue dürften sicher sein: Vom Zweitligisten TSV Bayer Dormagen soll Heider Thomas (31/linker Rückraum, zugleich ein starker Abwehrspieler) kommen und beim insolventen Drittligisten Rhein Vikings ist die Borussia offensichtlich ebenfalls fündig geworden. Niklas Weis (29/rechter Rückraum) und Dennis Aust (35/Linkshänder und Allrounder) haben ebenfalls eine Menge handballerisches Können und viel Erfahrung vorzuweisen. Ronny Rogawska und Rückzug in Raten? Sicher nicht. Alles zusammen ist einfach eine glasklare Kampfansage an die Konkurrenz.