22. Januar 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Mit die meiste Arbeit in der 3. Liga hat zurzeit vermutlich Andreas Tiemann, der für den Deutschen Handball-Bund als Spielleitende Stelle unter anderem auf die Einhaltung des Regelwerks zu achten hat. Jetzt musste er wieder ins Geschehen eingreifen – nicht ganz so krass wie vor einer Woche, als er die Nachricht von der Insolvenz und dem Rückzug der Rhein Vikings erhalten hatte und entsprechend tätig werden musste. Logisches Ergebnis: Die Vikings stehen als erster Absteiger fest, alle bisherigen Resultate sind zu streichen. Davon am meisten betroffen sind die Bergischen Panther, die zwei Siege über die Wikinger und damit vier Punkte einbüßten. Auswirkungen hatte die Entwicklung auch für den um den Klassenerhalt kämpfenden Leichlinger TV, der unfreiwillig zwei Zähler verlor. Am Anfang dieser Woche lag Tiemann dann direkt der nächste zu verhandelnde Fall auf dem Tisch – mit einer weiteren folgenschweren Entscheidung: Der Tabellenzweite SG Schalksmühle-Halver Dragons verliert den hohen 36:22-Sieg vom 11. Januar gegen LiT Tribe Germania, der sich auf Grund der Umwertung vorkommen darf, als sei noch einmal Weihnachten. Auf dem Gabentisch liegen plötzlich zwei Extra-Punkte, die der in Minden ansässigen Spielgemeinschaft aus drei Vereinen im Kampf um den Klassenerhalt deutlich helfen.
Im Mittelpunkt des Geschehens steht – ziemlich unfreiwillig – der A-Jugendliche Christopher Börner. Das Talent der Drachen wirkte am 11. Januar im Drittliga-Spiel gegen LiT Tribe mit und erzielte auch einen Treffer – als zur zweiten Halbzeit nachgetragener Spieler. Vorher war Börner an diesem Samstag bereits über die komplette Distanz für seine A-Jugend im Einsatz gewesen und am Abend zuvor (Freitag) für die Dragons-Zweite – ebenfalls als zur zweiten Halbzeit nachgetragener Spieler. Der Verein war damit der Auffassung, die Forderungen des § 22,2 der Spielordnung erfüllt zu haben: „Jugendliche dürfen innerhalb von 48 Stunden nur in zwei Spielen über die volle Spielzeit mitwirken, ausgenommen sind Turnierspiele mit verkürzter Spielzeit.“ Die Rechnung: 30 Minuten plus 60 Minuten plus 30 Minuten gleich 120 Minuten, also genau die Dauer zweier Spiele und nicht mehr. Der DHB legt die Regel aber anders aus und danach soll ein Jugendlicher maximal an zwei Spielen beteiligt sein dürfen. Obwohl der Verein diese Ansicht nicht teilt, verzichtet er auf die Einlegung rechtlicher Mittel: „Der Weg vors Bundessportgericht wäre möglich, ist aus unserer Sicht aber nicht zielführend und wird daher von uns auch nicht beschritten werden.“ Man wolle sich aber für eine klarere Formulierung einsetzen.
Von der Entwicklung profitiert vorne zunächst der Spitzenreiter Wilhelmshavener HV (33:3 Punkte), der seinen Vorsprung vergrößert. Neuer Zweiter ist jetzt Eintracht Hagen (25:9), das an den Dragons vorbeizieht (jetzt 24:12/vorher 26:10). Auch deutlich weiter unten gerät die Tabelle das nächste Mal in Bewegung, weil LiT Tribe auf den achten Platz klettert (jetzt 16:20/vorher 14:22) und sich damit wohl aus der direkten Gefahr halbwegs verabschiedet hat. Bitter ist die Umwertung zunächst mal wieder für die Bergischen Panther, denen gerade erst vier Vikings-Punkte abhanden gekommen waren – und die plötzlich nur noch Neunter sind (15:19), sodass sie auf einmal zumindest mit einem Auge nach unten blicken müssen. Auch dem TuS Volmetal (14:20), dem TSV GWD Minden II (13:23), dem VfL Gummersbach II und dem Leichlinger TV (beide 11:23) fehlt nun ein zusätzlicher Gegner in Reichweite – was erst recht für die SG Menden Sauerland Wölfe (8:28) und die Ahlener SG gilt (7:25). Stichwort Menden: Die akut gefährdeten Wölfe trennten sich in dieser Woche von ihrem bisherigen Trainer Micky Reiners.
Auf Trainer Marcel Mutz und seine Panther, die zuletzt beim Spitzenreiter Wilhelmshaven hoch verloren (19:33), wartet am Samstag direkt die nächste schwierige Aufgabe, obwohl es diesmal „nur“ zum Schlusslicht Ahlen geht. Die SG, die nach dem tragischen Tod ihres im Training zusammengebrochenen Torhüters Andreas Tesch mit Zustimmung der Konkurrenz eine Meisterschafts-Auszeit nahm und die verlegte Partie beim VfL Gummersbach II nachholen kann, wird aller Voraussicht nach kämpferisch alles aus sich herausholen – obwohl es für die meisten Ahlener im Moment wohl immer noch Wichtigeres als Handball geben dürfte.
Die Leichlinger hoffen, dass ihnen am vergangenen Wochenende mit dem Erfolg bei den Wölfen (26:24) eine Art Befreiungsschlag für die kommenden Aufgaben gelang. Ganz realistisch ist die Mannschaft von Trainer Lars Hepp am Samstag beim Fünften TuS Spenge eher der Außenseiter, der allerdings wenig zu verlieren hat. Gleichzeitig wird der LTV sehr genau beobachten, was die Keller-Konkurrenten TuS Volmetal (gegen Team Handball Lippe II) und VfL Gummersbach II (gegen den neuen Zweiten Hagen) anstellen.
Top-Paarung des 20. Spieltags ist das Spiel zwischen dem Sechsten Longericher SC und den jüngst übers Regelwerk gestolperten Dragons. Unwichtig ist die Paarung für beiden Seiten nicht, obwohl die Meisterschaft so gut wie sicher an Wilhelmshaven vergeben ist. Es geht aber immerhin um die Qualifikation für die erste Hauptrunde des DHB-Pokals, die zuletzt sechs Drittligisten umfasste. Jetzt sind es nur noch drei, sodass es im Rest der Serie auf jede Partie und erst recht auf die direkten Duelle ankommt. Die einfache Rechnung: Durch einen Sieg wären die Longericher (Sechster/21:13) zumindest bis auf einen Punkt an die Dragons herangerückt (24:12). „Wir brauchen eine Top-Leistung und Unterstützung von den Rängen. Dann hoffen wir, das bessere Ende für uns zu haben. Ich erwarte ein knappes Spiel, Kleinigkeiten werden entscheiden. Wir freuen uns auf das Spiel.“ Und Andreas Tiemann, die Spielleitende Stelle, wäre vermutlich froh darüber, wenn er die Wochenend-Ergebnisse einfach abhaken könnte.