Regionalliga Nordrhein
Der Abstiegskampf: Ein Drama mit vier Hauptdarstellern
Nach drei Siegen in Folge geht es der HSG Siebengebirge besser als Köln-Wahn, Remscheid und Dinslaken.

Lang, länger, Geske: Ob Torhüter Tobias Geske und der Klassen-Neuling  Remscheid die Klasse halten können, steht in den Sternen. Es scheint eine Zittersaison zu werden. (Foto: Herbert Mölleken)

Klar: Vorne sieht alles nach einem Zweikampf um die Meisterschaft zwischen dem TuS 82 Opladen und dem TV Korschenbroich aus – aktuell mit klaren Vorteilen bei den Opladenern, die aber von einem Alleingang nicht das Geringste wissen wollen. Der Dritte BTB Aachen und der Vierte TSV Bonn rrh. dürften in erster Linie selbst überrascht davon sein, dass sie mit einer derart günstigen Position in die Rückrunde starten können. Ambitionen in Richtung 3. Liga haben beide nicht – anders als die SG Ratingen, die trotz eines hochkarätig besetzten Kaders lediglich das fünfte Rad am Wagen ist und schon eine ausgeprägt lange Schwächephase der Opladener braucht, um vorne noch einmal den Anschluss zu finden. Ein Beleg für die verblüffende Ausgeglichenheit der Regionalliga in dieser Saison: Den Dritten Aachen (16:10 Zähler)  trennen nur drei Punkte vom Zehnten TuSEM Essen II (13:13). Nur durch das Torverhältnis von Essen getrennt sind die SG Langenfeld, der TV Aldekerk und der HC Weiden (ebenfalls 13:13), die allesamt ziemlich sicher nichts mehr mit dem Kampf um den Klassenerhalt zu tun bekommen. Der beginnt aber auf Rang elf und er wird die Beteiligten womöglich bis zum letzten Spieltag am 9. Mai 2o20 beschäftigen. Dann treffen zum Beispiel die HSG Siebengebirge und der MTV Rheinwacht Dinslaken aufeinander – zwei Hauptdarsteller im Abstiegskrimi.

Die HSG Siebengebirge ist unten definitiv die Mannschaft der Stunde. Unter der Regie der neuen Trainer Lars Degenhardt und Fabian Zächerl hat sich das einstige Schlusslicht deutlich stabilisiert. Das Unternehmen Rettung ging mit zwei knappen Niederlagen los – 29:30 bei TuSEM Essen II, 32:34 gegen Ratingen. Kurz vor Weihnachten gelang der HSG mit dem 31:29 bei der SG Langenfeld eine Art Befreiungsschlag, auf den beim Start ins neue Jahr ein Happy End beim 26:25 gegen Weiden gelang. Höhepunkt aus Sicht des Trainerduos Degenhardt/Zächerl war am vergangenen Wochenende das 23:22 nach einem dramatischen Kampf in Dinslaken. Die drei Siege hintereinander hievten Siebengebirge mit jetzt 9:17 Punkten auf den elften Rang, der zum Klassenerhalt reichen würde – wenn denn jetzt die Saison zu Ende wäre.

Allmählich immer tiefer in den Keller ist der TV Jahn-Köln Wahn gerutscht, der von Anfang an „nur“ das Ziel Klassenerhalt ausgegeben hatte und zunächst auch auf einem guten Kurs unterwegs war. Nach dem 24:23 am 12. Oktober 2019 gegen die HG Remscheid stand das Konto bei 6:4 Zählern – und es sah damit zum bisher letzten Mal positiv aus. In den acht folgenden Partien ging das Team von Trainer Olaf Mast bloß zweimal nicht als Verlierer vom Platz: Das 26:26 gegen den TV Aldekerk und das 22:22  bei TuSEM Essen II waren allerdings nicht mehr als kleine Hoffnungsschimmer. Weil Mast die Dinge aufgrund seiner langen Erfahrung im Geschäft realistisch einschätzt, redet er längst nicht mehr um die Tatsachen herum. „Dinslaken ist für uns das nächste Endspiel“, sagte Mast im Anschluss ans 24:29 beim HC Weiden, „wir  müssen in jedem Spiel an unsere Leistungsgrenze kommen, um eine Chance zu haben. Das ist uns in der Hinrunde nicht immer geglückt. Wir müssen irgendwie sehen, dass wir 20 Punkte bekommen, um überhaupt am Klassenerhalt schnuppern zu dürfen. Ob das in dieser ausgeglichenen Regionalliga reicht, weiß ich nicht.“ Natürlich haben sie in Wahn trotz eines kleiner gewordenen Kaders (Trennung von Davidson Idahosa/disziplinarische Gründe) nicht vor, frühzeitig die Segel zu streichen: „Wir wussten von vorneherein, dass es eine Herkules-Aufgabe wird. Wir müssen sehen, dass wir vielleicht irgendwo mal was reißen, mit dem keiner rechnet.“

Vollversammlung: Trainer Olaf Mast und die Mannschaft des TV Jahn Köln-Wahn suchen nach einem Weg in die richtige Richtung. (Foto: Burkhard Kasan)

Einen Stammplatz im Aufzug nach unten hat seit einiger Zeit der Aufsteiger HG Remscheid, dessen Welt am 16. November nach dem 25:24 über TuSEM Essen II angesichts der damals 6:10 Zähler immerhin ungefähr den Erwartungen entsprach. Anschließend gab es jedoch nur ein Unentschieden und vier weitere Niederlagen – mit dem 26:32 in eigener Halle gegen Dinslaken als schmerzhaftem Tiefpunkt. Zuletzt verkaufte sich das Team von Trainer Frank Berblinger beim TuS 82 Opladen (25:30) wenigstens bis Mitte der zweiten Halbzeit teuer, sodass die Hoffnung auf eine Wende zum Besseren im Bergischen lebt. Spätestens in rund vier Wochen wird sich mit den Aufgaben in Siebengebirge (15. Februar) und gegen Köln-Wahn (29. Februar) herausstellen, ob der Klassen-Neuling das Ruder herumreißen kann.

Ein Drama für sich ist die Saison-Geschichte des MTV Rheinwacht Dinslaken, der immer noch der amtierende Niederrhein-Meister ist und immer noch den Preis für den Parforceritt durch die vergangenen Saison zahlt (Quali-Runde für die 3. Liga eingeschlossen). Das Team von Trainer Harald Jakobs, das in der Hinrunde nicht zuletzt zum Teil erhebliche personelle Probleme zu bewältigen hatte, geriet nach dem Auftakt mit 3:5 Punkten in eine sich zunehmend schneller drehende Abwärtsspirale und ging sieben Mal hintereinander als Verlierer vom Platz. Dann gelang zum Einstieg ins neue Jahr der 32:26-Erfolg in Remscheid, durch den alle Dinslakener neue Hoffnung schöpften. Eine Woche darauf folgte jedoch mit dem 22:23 gegen Siebengebirge im Duell zweier nie aufgebender Mannschaften direkt ein schmerzhafter Rückschlag. Beim MTV ist erneut die Moral gefordert und das Heimspiel gegen die Kölner die vorerst letzte Gelegenheit, gegen einen Tabellen-Nachbarn zu punkten. Anschließend warten durchweg ganz hohe Hürden wie jene in Korschenbroich (1. Februar), gegen den TV Aldekerk (9. Februar), bei TuSEM Essen II (16. Februar) oder in Ratingen (1. März). Erst im Mai wird es wieder „einfacher“: Dinslaken beschließt die Serie mit dem Heimspiel gegen Remscheid (2. Mai) und der Partie in Siebengebirge. Jenen 9. Mai könnten vermutlich alle Beteiligten im Kalender gut sichtbar markieren. Ganz abwegig ist der Gedanke schließlich nicht, dass die Antwort auf die Frage nach den Absteigern erst auf den letzten möglichen Drücker fällt.