Regionalliga Nordrhein
Frischzellenkur: Remscheid glaubt an die Rettung
Der Aufsteiger ist Tabellenletzter, hat sich aber deutlich verstärkt. Auch die Kellerkonkurrenten stehen vor einem weiten Weg.

Im neuen Trikot: Ex-Viking Felix Handschke (rechts) überzeugte zwar bei der Premiere für die HG Remscheid, konnte aber die knappe Niederlage in Rheinbach (Nummer 37 Florian Genn) nicht verhindern. Foto: Tobias Swawoll

Die Gelegenheit war da. Und deshalb griff der Aufsteiger HG Remscheid auch zu – was jeder andere in einer vergleichbaren Situation beim Vorhandensein entsprechender Mittel einigermaßen sicher genauso gemacht hätte. Und die Lage des Aufsteigers im Kampf um den Klassenerhalt ist ja tatsächlich ernst, denn nach der knappen 31:32-Niederlage beim TV Rheinbach ist die Mannschaft von Trainer Frank Berblinger sogar ans Tabellenende gerutscht. Zusammen mit dem Elften HSG Siebengebirge (10:18 Punkte), dem Zwölften TV Jahn Köln-Wahn (8:20) und dem MTV Rheinwacht Dinslaken (7:21) bilden die Remscheider (ebenfalls 7:21) jenes Quartett, aus dem vermutlich die zwei (mindestens) oder eventuell drei Absteiger (abhängig von der Entwicklung in der 3. Liga) kommen werden. Dass die Remscheider trotz der Zwangs-Übernahme der roten Laterne und der 1:11 Punkte aus den vergangenen sechs Spielen ohne Sieg durchaus nicht nur Trübsal blasen oder sich einfach ergeben, war ohnehin klar. Was ihnen im weiteren Verlauf der Saison allerdings richtig auf die Beine helfen könnte, ist eine personelle Frischzellenkur, denn die Verantwortlichen konnten bei der Ideensuche schnell Kontakt zu Spielern aufnehmen, die nach der Insolvenz des Drittligisten Rhein Vikings plötzlich ohne Anschluss-Beschäftigung zumindest für den Rest der laufenden Saison waren. Der Versuch klappte tatsächlich, denn im Bergischen sagten zuerst die beiden Rückraumspieler Felix Handschke (29/bisher Kapitän der Vikings) und Niklas Weis zu (29). Inzwischen kam in Sebastian Schön (20/früher eher Außen, gilt nun als Allrounder) ein dritter ehemaliger Wikinger hinzu, sodass Berblinger praktisch aus dem Vollen schöpfen kann – was sich seiner Ansicht nach sowohl auf das Training auswirkt als auch jüngst in Rheinbach bezahlt machte: „Das war im Angriff ein Quantensprung.“ Dass trotz des Mitwirkens von Weis (acht Tore) und Handschke (sechs) kein Sieg heraussprang, bewies eins der bisherigen Kernprobleme des Klassen-Neulings: Die Mannschaft zeigt zu selten Konstanz über 60 Minuten und sie musste wegen einer zu hohen Fehlerquote in entscheidenden Phasen schon einige Punkte unnötig abgeben.

Berblinger sieht sein Team, dem er einen erkennbaren Reife- und Lernprozess bescheinigt, seit einiger Zeit voll in der Regionalliga angekommen: „Es entwickelt sich in die richtige Richtung. Seit Anfang Januar haben wir außerdem hundert Prozent Trainingsbeteiligung.“ Mit der hinzugekommenen Klasse aus der 3. Liga steigen zugleich Qualität und Intensität in den Trainings-Einheiten – was sich bald in Erfolgen zugunsten der HG auszahlen soll. Der ursprüngliche Plan: Die HG solle aus den ersten fünf Spielen im neuen Jahr acht Punkte holen. Weil jedoch die Hoffnungen für Rheinbach nicht aufgingen, bedeutet das für die nächsten vier Aufgaben nur eins: Remscheid braucht möglichst vier Erfolge am Stück. Tatsächlich warten Aufgaben, in denen die Mannschaft die Wende einleiten kann und im einen oder anderen Fall sogar muss. Bereits die Partien am Samstag gegen den TSV Bonn rrh. (Sechster) und am 8. Februar gegen den BTB Aachen (Dritter) sind anspruchsvoll, doch richtig ernst wird es vielleicht erst am 15. Februar bei der HSG Siebengebirge und am 29. Februar gegen den TV Jahn Köln-Wahn. Gewinnt Remscheid gegen die direkten Konkurrenten Siebengebirge und Köln nicht, droht 2019/2020 erst recht eine Zittersaison zu werden. Remscheids Coach ist zuversichtlich, was die Aussichten des Aufsteigers angeht, zumal er keinerlei Eingewöhnungs-Probleme bei den drei Neuen sieht: „Das passt super.“ Am Samstagabend gegen 21 Uhr werden alle etwas mehr wissen. Schon jetzt klar: Bonn und sein Trainer David Röhrig fahren nicht ins Bergische, um die Punkte ohne Widerstand abzugeben.

Wir kriegen das hin: Trainer Frank Berlinger (Mitte) ist einigermaßen fest davon überzeugt, dass seine Remscheider den Zug zum rettenden Ufer erwischen. (Foto: Thomas Ellmann)

Zwei der anderen Abstiegskandidaten stehen vor maximal hohen Hürden, weil sie es mit Meisterschafts-Aspiranten zu tun bekommen. Der Drittletzte TV Jahn Köln-Wahn erwartet den Tabellenführer TuS 82 Opladen und wird alles für das nahezu Unmögliche in die Waagschale werfen. Es ist zugleich das Duell zwischen der besten Abwehr der Liga und dem schwächsten Angriff: Während der Spitzenreiter bisher nur rund 25 Gegentreffer pro Einsatz kassierte, traf die Mannschaft von TV-Trainer Olaf Mast im Schnitt lediglich gut 24 Mal pro Spiel. Opladen ist zudem nach dem 31:31 vom vergangenen Samstag gegen Siebengebirge gewarnt und will die komfortable Ausgangslage gerne behaupten – um damit eine perfekte Basis fürs Gipfeltreffen am 7. Februar gegen den Tabellenzweiten TV Korschenbroich zu haben. Die Korschenbroicher, die zuletzt auswärts erneut nicht zu überzeugen wussten (28:30 beim HC Weiden), treffen auf den Vorletzten MTV Rheinwacht Dinslaken, der ähnlich stark gefährdet ist wie die Remscheider und überhaupt nur durch das 33:30 im Kellerkrimi gegen Wahn den Anschluss halten konnte. Im Stimmungshoch befindet sich inzwischen die HSG Siebengebirge, die mit 7:1 Punkten aus vier Spielen ohne Niederlage auf den sicher rettenden Rang elf geklettert ist und diese starke Serie gegen den TV Rheinbach ausbauen will. Auch das dürfte nicht ganz einfach werden, weil die Rheinbacher zuletzt die verstärkten Remscheid nervenstark abfingen und darüber hinaus keinerlei Druck haben.

Ebenfalls wenig Druck der Überraschungs-Dritte BTB Aachen, bei dem sich Regisseur Simon Breuer mal wieder mit der SG Ratingen misst – von der er vor anderthalb Jahren zu seinem Heimatverein Aachen zurückkehrte. Viel spricht dafür, dass es diesmal deutlich enger zugehen dürfte als am 24. September: Damals verlor die personell ausdünnte Mannschaft von BTB-Trainer Martin Becker bei der SG mit 24:34 und vor allem Ratingens Ex-Profi Alexander Oelze durfte sich mit 17 Toren (davon sieben per Siebenmeter) nach Belieben austoben. Zwei Duelle aus dem breiten Mittelfeld vervollständigen den zweiten Spieltag der Rückrunde: Der Zehnte Aldekerk trifft auf den Siebten Weiden und der Achte TuSEM Essen II auf den Neunten SG Langenfeld.