Oberliga Niederrhein
Noch neun Spiele: Die Wolfsjagd geht weiter
Die Verfolger müssen aber auf Ausrutscher des Tabellenführers hoffen. Hinten gibt der Tabellenletzte HSG Neuss/Düsseldorf II manche Rätsel auf.

Noch Gegner, bald Teamkollegen: Moritz Krumschmidt (beim Wurf), der seine Tore zurzeit für Borussia Mönchengladbach erzielt, spielt in der nächsten Saison in einer Mannschaft zusammen mit Keeper Björn Otterbach bei den Wölfen Nordrhein. Hannes Hombrink (Mitte) wird er dann aber nicht mehr treffen, weil der Wölfe-Kapitän aus beruflichen Gründen geht. (Foto: Carsten Feld)

Irgendwie sieht das nicht danach aus, dass die Wölfe Nordrhein in der Oberliga vom Weg zur Rückkehr in die Regionalliga abkommen könnten – trotz der 23:27-Heimniederlage vor Karneval gegen Unitas Haan. Da hatte der Tabellenführer ausnahmsweise zu viele Baustellen (auch personell) und zu wenige gute Lösungen. Ähnliches war ihm vorher nur einmal passiert, als es im Dezember 2019 eine 18:27-Niederlage beim Verfolger Borussia Mönchengladbach gab. Die Mannschaft von Trainer Thomas Molsner antwortete darauf mit sechs Siegen hintereinander, ehe sie das Duell gegen Haan verlor. Die damals 17:3 Punkte und die folgenden 12:2 ergeben in der Summe jene 27:5 Zähler, die als sehr ordentliche Basis für den weiteren Kampf um den Aufstieg taugen. Der Spitzenreiter hat alles selbst in der Hand und er will natürlich probieren, die Entscheidung zu seinen Gunsten so früh wie möglich unter Dach und Fach zu bringen. Kleiner Vorteil: Die Wölfe blieben trotz der Meisterschaftspause über Karneval im Wettkampf-Rhythmus, weil sie im Kreispokal ein Pflichtspiel absolvierten und ihr Viertelfinale mit dem 29:22 (15:9) über den Bezirksliga-Ersten DJK Adler 07 Bottrop auch klar gewannen. Ebenfalls Favorit sind die Wölfe am kommenden Samstag, denn es geht zum stark gefährdeten Vorletzten TSV Aufderhöhe (6:28 Punkte). Molsners Team wird wohl nicht den Fehler begehen, den Kontrahenten auf die leichte Schulter zu nehmen – was der Konkurrenz dahinter natürlich viel Freude bereiten würde.

Der Zweite LTV Wuppertal (23:9) liegt auf den ersten Blick nur vier Punkte zurück, nimmt allerdings als zusätzlichen Ballast das 28:32 aus dem Hinrunden-Spiel in eigener Halle gegen die Wölfe mit ins letzte Drittel der Saison. Die Mannschaft um den erfahrenen Spielertrainer David Kreckler setzt die Serie nun zwar mit den wohl machbaren Aufgaben am Samstag beim VfB Homberg (Zehnter) und am 8. März gegen den TV Angermund (Zwölfter) fort, muss die restlichen Vergleiche mit den übrigen Top-Teams aber komplett auswärts bestreiten – am 14. März bei der DJK Adler Königshof, am 28. März in Mönchengladbach und am 2. Mai bei den Wölfen Nordrhein. Auf der anderen Seite muss sich erst zeigen, wie groß dieser örtliche Nachteil wirklich ist. Heimspiele sind 2019/2019 bislang eher eine Achillesferse der Wuppertaler, die aus neun Auftritten in eigener Halle gerade mal 10:8 Punkte einfuhren. Auswärts ist der LTV dagegen bei 15:1 Zählern aus acht Partien ungeschlagen.

Auf einen Ausrutscher der Wölfe oder der Wuppertaler müssen der Dritte DJK Adler Königshof und der Vierte Borussia Mönchengladbach hoffen (beide 24:10). Den Abstand zu verkürzen, wird jetzt zumindest für einen von beiden ziemlich schwierig: Königshof erwartet die Borussia am Samstagabend zum direkten Verfolgerduell. Die Adler können das Ganze relativ gelassen sehen, weil sie den Aufstieg vor der Saison nicht mal in ihren kühnsten Träumen zum Thema gemacht hatten – und sie sind wohl auf die Distanz sowieso noch nicht stabil genug, wie zuletzt das 31:38 bei der gefährdeten HSG Hisefeld/Aldenrade zeigte. Kapitän Sebastian Bartmann bescheinigte dem Team danach schlicht ein „kollektives Versagen“. Mönchengladbach nahm sich seit Mitte Januar mit drei Spielen in Folge ohne Sieg praktisch selbst aus dem Rennen, fand jedoch zuletzt mit zwei Erfolgen zurück in die Spur. Was das 32:27 in Homberg und das 31:25 gegen Angermund wirklich wert sind, dürfte sich in Krefeld gegen die Adler zeigen.

Geht da noch was? Trainer Marius Timofte kann insgesamt auf jeden Fall zufrieden sein mit der Entwicklung bei den Adlern Königshof. (Foto: Herbert Mölleken)

Beim Fünften TV Lobberich (21:13) beginnt jene Zone, die weder nach ganz oben noch nach ganz unten gehört. Unitas Haan (20:14) und der TV Krefeld-Oppum (19:15) liegen als Schlusslichter der oberen Hälfte klar vor dem unteren Teil, der bei Mettmann-Sport und der SG Langenfeld II beginnt (beide 16:18). Der VfB Homberg (14:20) sieht als Elfter ebenfalls relativ sicher aus, zumal er vor Karneval mit dem 31:29 in Mettmann den ersten Sieg in diesem Jahr und zwei enorm wichtige Punkte einfuhr. Leicht entspannt hat sich die Lage für die HSG Hiesfeld/Aldenrade (12:22), die den Schwung vom überraschenden 38:31 über die Adler mit in den Rest der Saison nehmen will. Richtig los geht das Hauen und Stechen im Kampf um den Klassenerhalt bei Rang zwölf – weil alle vorsichtshalber davon ausgehen, dass es nicht nur zwei, sondern eventuell drei Absteiger geben könnte (hängt von der Entwicklung in der Regionalliga ab). Für den TV Angermund (9:25) geht es darum, wenigstens diesen zwölften Platz zu verteidigen und den Abstand zum Vorletzten TSV Aufderhöhe (6:28) zu halten. Sollte der TVA sogar zur HSG Hiesfeld/Aldenrade aufschließen, hätte er einen Bonus auf seiner Seite, denn über die beiden Siege (Hinrunde 23:22, Rückrunde 35:31) liegt er im direkten Vergleich vorne, der am Ende bei Punktgleichheit über die Platzierung entscheidet.

Ein Kapitel für sich ist Schlusslicht HSG Neuss/Düsseldorf II, das bei 3:31 Zählern und desatrösen 398:565 Toren (minus 167) im Durchschnitt jedes Spiel mit zehn Treffern Unterschied verliert. Die Lage ist unübersichtlich. Tatsache: Der (Mini-)Kader war zuletzt gerade eben überhaupt noch spiel-, aber nicht mehr konkurrenzfähig. Für weitere Verwirrung hat die Entwicklung rund um die erste Mannschaft der HSG gesorgt, die unter dem Namen Rhein Vikings bis vor ein paar Wochen in der 3. Liga unterwegs war – ehe die Zahlungsunfähigkeit der Trägergesellschaft einen Rückzug vom Spielbetrieb nach sich zog. Folge: Das Team ist erster Absteiger aus der 3. Liga. Das Rätsel geht weiter: Nach dieser Saison gibt es die HSG Neuss/Düsseldorf nicht mehr, der Neusser HV und der ART Düsseldorf gehen endgültig wieder getrennte Wege – wobei sich der ART auf den Jugend-Handball konzentrieren will. Der Neusser HV überrascht nun auf seiner Homepage mit folgender Nachricht: „Für die Saison 20/21 plant der Neusser HV eine 2. Herrenmannschaft in der Bezirksliga (BZL) an den Start zu bringen.“ Was wird aus der Ersten, die ein Startrecht in der Regionalliga hätte? Man weiß es nicht. Was wird aus der aktuellen Zweiten? Man weiß es nicht. Vielleicht gibt es die alte Erste demnächst gar nicht mehr und die künftige Erste ja als Ersatz für die bisherige Zweite, die nach Lage der Dinge in die Verbandsliga absteigen wird? Man weiß es nicht. Ganz nebenbei: Erster Absteiger aus der Landesliga in die Bezirksliga ist die kurz nach dem Saisonstart zurückgezogene HSG-Dritte. Der Verein scheint im Übrigen trotz Nachfrage wenig bis gar nicht daran interessiert zu sein, etwas Licht ins Dunkel zu bringen. Immerhin: Die Staffel- und Spielleiter des Verbandes werden irgendwann wissen, wer für welche Klasse gemeldet hat. Oder eben nicht.