Aufstieg und Abstieg
Warum der LTV und Siebengebirge so viele Fans haben
Vor dem Saison-Endspurt ist nur eins klar: Ein erhöhter Aufstieg fällt aus. Unten geht es dafür richtig rund.

Nur die Ruhe, wir schaffen das! Spielmacher Bastian Willcke (Nummer 18) und Trainer Fabian Zächerl (links daneben) sind in der Regionalliga fest vom Klassenerhalt der HSG Siebengebirge überzeugt. (Foto: Thomas Schmidt)

Alles hängt mit allem zusammen. Die Entscheidung zum Beispiel darüber, wer aus der Oberliga in die Regionalliga aufsteigt oder aus der Regionalliga runter muss, beginnt schon in der 3. Liga. Und da geht der Blick zum Beispiel immer wieder zum Leichlinger TV, dessen Schicksal auf vieles Einfluss nimmt – weil der eine Absteiger, der für die weiteren Rechnungen unschädlich ist, in den Rhein Vikings bereits feststeht. Der Rückzug des zahlungsunfähigen Ex-Zweitligisten vor einigen Wochen wirkt sich noch weiter aus, weil die Verantwortlichen inzwischen offiziell erklärt haben, wie sie sich die Zukunft dieser Mannschaft vorstellen. Christian Körbes, Abteilungsleiter Männer der HSG Neuss/Düsseldorf (existiert ab Sommer nicht mehr) und des Neusser HV, drückt es mit dem Blick auf die Saison 2020/2021 so aus: „Ich kann hiermit bestätigen, dass die erste Mannschaft in der Nordrheinliga spielt. Die zweite Mannschaft spielt in der Bezirksliga und übernimmt den Platz der ehemaligen dritten Mannschaft.“ Daraus wären dann sicher zwei Konsequenzen zu ziehen. Erstens müssten ab sofort sämtliche in den Abstiegskampf verwickelten Regionalligisten fest den Leichlingern die Daumen drücken, dass sie die Klasse halten. Zweitens wird es in der Oberliga keinen erhöhten Aufstieg geben – weder am Niederrhein noch am Mittelrhein.

Die 3. Liga Der LTV hat zunächst ein eigenes Interesse daran, die extrem anstrengende Saison zu einem guten Ende zu führen – was nach dem 32:29-Erfolg über den TuS Volmetal auch wieder ein Stück wahrscheinlicher geworden ist. Das Team von Trainer Lars Hepp liegt mit 15:29 Punkten auf dem zwölften Platz, sodass er jeweils sechs Zähler mehr hat als die Ahlener SG (9:35) und die SG Menden Sauerland Wölfe (9:37). Ebenfalls zu beachten bleibt natürlich, was der VfL Gummersbach II (13:29) auf der Zielgeraden der Saison anstellt – weil er als Drittliga-Absteiger ebenfalls in die Regionalliga Nordrhein käme. Viele gehen allerdings davon aus, dass der Traditionsverein aus dem Oberbergischen personell alles tut, um seine als U 23 firmierende Mannschaft in der Liga zu halten. Spätestens das Nachholspiel am 25. März bei der Ahlener SG dürfte zeigen, ob der VfL tatsächlich ganz unten hineinrutscht. Nach dem Stand von heute spricht nahezu alles dafür, dass Leichlingen und Gummersbach am rettenden Ufer bleiben. Dann könnten eine Etage tiefer zwei der vier besonders gefährdeten Regionalligisten aufatmen. Theoretisch denkbar sind jedoch selbst zwei Absteiger (neben den Vikings der LTV oder der VfL II) und sogar drei (Vikings, LTV und VfL II). Beides würde massiv nach unten durchschlagen.

Wohin gehen wir? Trainer Olaf Mast (Offizieller B) und seine Wahner werden wohl bis zum Ende der Saison um den Klassenerhalt in der Regionalliga zittern müssen. (Foto: Thomas Schmidt)

Regionalliga Nordrhein Die heiße Gefahrenzone beginnt hinter dem Zehnten HC Weiden (17:17 Punkte), der zuletzt zweimal pausieren musste (Spielausfall wegen Coronavirus) und sein Konto in Nachholspielen vielleicht aufstocken kann. Dahinter hat sich die HSG Siebengebirge (15:21) durch 10:4 Zähler in diesem Jahr auf den zwölften Platz vorgearbeitet und sie wirkt inzwischen derart gefestigt, dass sie trotz eines schwierigen Restprogramms ganz gute Chancen zur Rettung haben müsste. Nach menschlichem Ermessen wird der Viertletzte allgemein in der Regionalliga bleiben – was etwas weniger deutlich selbst für den Drittletzten TV Jahn Köln-Wahn gilt (13:25), da die Mannschaft von Trainer Olaf Mast die richtige Leidenschaft und Mentalität für den Abstiegskampf mitbringt. Die Kölner werden sich in den kommenden Wochen einen Kampf auf Biegen und Brechen mit der HG Remscheid (11:27) und dem MTV Rheinwacht Dinslaken liefern (9:29). Zusammengefasst: Momentan müssten zwei Vereine vom Niederrhein in die Oberliga absteigen – und keiner aus dem Mittelrhein. Das schlägt ebenfalls nach unten durch.

Oberliga Niederrhein Ein erhöhter Aufstieg ist vom Tisch, weil es nach der Entscheidung des Neusser HV mindestens einen Absteiger aus der 3. Liga in der Regionalliga gibt – und nur bei null Absteigern ein zusätzlicher Platz frei wäre, den die Zweiten der Oberligen ermittelt hätten. So bleibt den Verfolgern des Tabellenführers HC Wölfe Nordrhein (33:5 Punkte) vermutlich nur, es im kommenden Jahr wieder zu versuchen. Als Verfolger sind inzwischen ohnehin bloß der LTV Wuppertal (27:9) und Borussia Mönchengladbach übrig (26:10). Dramatischer geht es am Ende der Tabelle zu, wo alleine die HSG Neuss/Düsseldorf II (3:33) abgeschlagen ist. Diese Mannschaft hat keine Chance mehr auf den Klassenerhalt – und sowieso keine sportliche Perspektive. Nach der Mitteilung des Vereins wird ja die alte Dritte künftig die Zweite sein und die aktuelle Zweite damit von der Bildfläche verschwinden.

Beim zweiten Absteiger spricht sehr viel für den Aufsteiger TSV Aufderhöhe (6:30), doch davor müssen sich durchaus ein paar Mannschaften einige Gedanken machen. In der Theorie umfasst das Feld der mehr oder weniger Gefährdeten die SG Langenfeld II (16:22), die HSG Hiesfeld/Aldenrade, den VfB Homberg (beide 14:22) und den TV Angermund (11:27), der gerade auf dem ersten Zusatzstuhl im Aufzug nach unten sitzt. Weil zurzeit Remscheid und Dinslaken aus der Regionalliga in die Oberliga Niederrhein kämen, würde es dort noch den Drittletzten erwischen.  Trifft es lediglich einen von beiden, bleibt es in der Oberliga bei zwei Absteigern. Dass aus der Regionalliga drei Niederrhein-Klubs absteigen, ist ausgeschlossen – weil es dafür zusätzlich den Siebten TV Aldekerk (19:17) oder den Achten SG Ratingen (19:19) treffen müsste. Beides ist nicht mehr als reine Theorie.

Wir sind dran: Trainer Dennis Breuer und der stark gefährdete TuS 82 Opladen II haben in der Oberliga Mittelrhein tatsächlich den Kontakt zum rettenden Ufer gefunden. (Foto: Thomas Ellmann)

Oberliga Mittelrhein Es gilt dasselbe wie in der Oberliga Niederrhein: Ein erhöhter Aufstieg ist vom Tisch. Der Titel wird höchstwahrscheinlich an den HC Gelpe/Strombach gehen, der die Liga seit ein paar Wochen fast nach Belieben beherrscht (34:4 Punkte). Hinter dem Pulheimer SC (28:6), der selbst nicht (mehr) an die Meisterschaft denkt, liegen die HSG Refrath/Hand (25:13), der TSV Bayer Dormagen II (24:10) und der TuS Derschlag (24:12) erst recht zu weit zurück. Wesentlich enger geht es auch hier auf den hinteren Rängen zu. Wenn sofort Schluss wäre, gäbe es im abgeschlagenen Schlusslicht TK Nippes (2:36) und dem Vorletzten TuS 82 Opladen II (9:29) zwei Absteiger – und nicht mehr, weil „oben“ die HSG Siebengebirge und der TV Jahn Köln-Wahn soeben über dem Strich stehen. Rutscht lediglich einer von beiden ab – kein Problem für die Oberligisten, da es für diesen Fall bei einem Absteiger bliebe. Rutschen beide gemeinsam ans Ende, erhöht sich die Zahl der Absteiger auf drei. Der größte anzunehmende Unfall für den Mittelrhein: Sollte es in der Regionalliga tatsächlich – was höchst unwahrscheinlich ist – als dritten Mittelrhein-Absteiger den HC Weiden treffen, gäbe es tatsächlich vier Absteiger in die Verbandsliga.

Den Blick nach unten können sich alle Teams ab dem neunten Platz nicht sparen: MTV Köln (16:22 Punkte), HC Weiden II (15:21), Longericher SC II (14:24) und BTB Aachen II (11:25) liegen schließlich keine Welten besser als Opladen II. Am stärksten nach unten zeigt der Trend bei Longerichs Zweiter (2:14 Punkte in diesem Jahr, kein Sieg), die Mitte Februar selbst gegen den Letzten Nippes nicht gewinnen konnte (20:20). Aufgeben ist dabei für niemanden eine Option und Aufsteiger Aachen II wird versuchen, zumindest den drittletzten Rang zu behalten. Gleichzeitig werden sie beim BTB – und nicht nur da – permanent einen Blick zumindest in die Regionalliga richten. Siebengebirge und der TV Jahn Köln-Wahn haben auf diese Art plötzlich ganz viele Fans am Mittelrhein. Weil alles mit allem zusammenhängt.