Regionalliga Nordrhein
Die Frage der Perspektive: Olaf Mast verlässt Wahn
Trainer geht „im Reinen" und sucht eine neue Aufgabe: "Der Handball wird mich nie los."

Ich bin dann mal weg: Olaf Mast bereut aber keine Sekunde, dass er vor zweieinhalb Jahren das Traineramt beim TV Jahn Köln-Wahn übernahm. (Foto: Thomas Schmidt)

Das ist mal sicher: Einer wie er wird nie genug vom Handball bekommen. Manchmal ist die Zeit aber reif für eine Entscheidung, die beiden Seiten durchaus schwerfällt. Ganz bestimmt hat sich Olaf Mast lange genug überlegt, wie seine sportliche Zukunft aussehen soll – und was das gleichzeitig für den Regionalligisten TV Jahn Köln-Wahn bedeutet. Unter dem Strich kam zunächst ein klarer Standpunkt heraus: „Ich habe meine Möglichkeiten in Wahn ausgereizt.“ Die logische Schlussfolgerung daraus war, die Tätigkeit zu beenden, die vor knapp zweieinhalb Jahren begonnen hatte, als der Verein mitten in der Saison 2017/2018 sportlich unter Druck stand. Dass die Wahner mit Mast dreimal hintereinander den Klassenerhalt schafften, dürfen alle zusammen als gemeinsamen Erfolg feiern. Dazu passt, wie Verein und Ex-Coach das Ende der Handball-Ehe sehen. „Wir gehen absolut im Reinen“, betont Mast, „ich werde mit hier jederzeit gerne auf der Tribüne ein Spiel ansehen.“ Kölns Abteilungsleiter Tobias Carspecken bedauert die Entscheidung zwar, hat jedoch Verständnis: „Wir sind Olaf zu großem Dank verpflichtet für die hervorragende Arbeit, die er geleistet hat. Wir lassen ihn nur schweren Herzens ziehen, obwohl wir seine Beweggründe nachvollziehen können. Er wird bei uns immer willkommen sein.“

Mast, der bereits als Spieler (unter anderem mit dem THW Kiel Deutscher Meister und Teilnehmer an der Champions League) eine ungewöhnliche Vita vorweisen konnte, war nach der aktiven Karriere auch als Trainer erfolgreich – zuletzt bei der HSG Krefeld, die er vor dem Aufstieg in die 2. Liga verließ, weil sich die zunehmenden Belastungen durch den Sport mit Familie und Beruf nicht mehr in Einklang bringen ließen. Es kam das Werben des TV Jahn Köln-Wahn, der dem anerkannten Fachmann das Gesuchte bieten konnte: Handball mit Niveau bei gleichzeitig reduziertem Aufwand. Olaf Mast zögerte damals nicht lange und ließ sich auf das Abenteuer ein. Über Rang sechs aus dem ersten halben Jahr, den elften Platz aus der Serie 2018/2019 und Rang zwölf in der vor einigen Wochen abgebrochenen Saison 2019/2020 reichte es jeweils zum Klassenerhalt. „Wir haben das erreicht, was möglich war“, meint Mast. Dass der Verzicht auf Absteiger eine Hilfe war, streitet der 51-Jährige nicht ab – obwohl er nach wie vor felsenfest von einem Happy End überzeugt ist: „Wir hätten es geschafft.“ Nicht unwichtig für die Wahner Seele: Zum Zeitpunkt des Saison-Abbruchs stand die Mannschaft über dem Strich. Trotzdem hätten es alle lieber auf dem Feld zu Ende gebracht und anschließend auf kölsche Art ausgiebigst gefeiert. Das wollen sie nun in möglichst nicht so ferner Zukunft nachholen.

Hör mal: Unter anderem bei Gregor Pohl kamen die Hinweise von Trainer Olaf Mast immer gut an. Der Kapitän, der seine Karriere beendet, hinterlässt ebenfalls eine große Lücke in Wahn. (Foto: Thomas Schmidt)

Die Wahner betreiben Regionalliga-Handball unter sehr speziellen Bedingungen – unter anderem mit eingeschränkten Möglichkeiten im Training mit nur zwei festen Einheiten pro Woche. Mast stellte sich trotzdem oder vielleicht gerade deshalb der neuen Herausforderung: „Du musst akzeptieren, dass die Uhren hier anders gehen.“ Seine Ideen von professionell ausgerichtetem Arbeiten wären bei den Kölnern tatsächlich sowieso nicht zu verwirklichen gewesen. Der Spagat gelang über weite Strecken eigentlich ganz gut, ehe zuletzt die nicht optimale Trainings-Beteiligung aus verschiedenen – und für Mast durchaus nachvollziehbaren Gründen – manches doppelt schwierig machte. Nicht nur einmal hätte der Coach während eines Spiels sehr gerne etwas verändert und die Taktik angepasst, doch immer wieder musste er feststellen: „Kannst du nicht machen. Er war ja diese Woche nicht beim Training.“ Kapitän Gregor Pohl bestätigt die besondere Qualität seines ehemaligen Trainers: „Unfassbar, wie er in einem Spiel reagieren und richtige Lösungen finden kann.“ Dass Trainer und Team insgesamt auf einer Wellenlänge sendeten, ermöglichte am Ende des Tages nach einer langen Durststrecke erst das Verlassen der beiden letzten Plätze im Tabellenkeller. Insbesondere der Februar 2020 mit drei Spielen ohne Niederlage beim TV Rheinbach (27:27), gegen die TSV Bonn rrh. (27:20) und bei der HG Remscheid (26:25) verlief sehr ertragreich.

Stichwort Pohl: Der Kopf der Mannschaft hatte bereits am Anfang des Jahres verkündet, dass er nach dieser Saison aufhören wird. Sein Entschluss reiht sich ein in die Kette der besonders wichtigen Leute, die den Verein verlassen haben – wie Regisseur Christoph Gelbke im Sommer 2018 und Rückraumspieler Alexander Senden im Sommer 2019. „Du kriegst es nicht hin, Jahr für Jahr solche Leistungsträger zu ersetzen. Du kannst nicht immer zaubern“, betont Mast, der im ständigen personellen Aderlass eines der größeren Probleme des Vereins sieht – und einen der Gründe, die eigene Mission jetzt für abgeschlossen zu erklären: „Es ist in Wahn traditionell schwierig, neue Spieler zu bekommen.“ Mast drückt Abteilungsleiter Carspecken auf jeden Fall die Daumen für die richtigen personellen Entscheidungen und er hofft, dass sich die Mannschaft mit Leidenschaft der bevorstehenden Aufgabe stellt: „Vielleicht wächst sie ja noch mehr zusammen.“

Die eigene sportliche Zukunft ist im Mai 2020 ungeklärt. Natürlich gab es längst entsprechende Anfragen von Vereinen, ob sich Mast eine Zusammenarbeit vorstellen könne. Die Dinge sind maximal in einem Stadium des Kennenlernens und eine Antwort ist (noch) meilenweit entfernt: „Es muss passen.“ Olaf Mast kann sich dabei sogar etwas anderes als das Trainerdasein vorstellen. Sein Leitsatz: „Der Sport hat mir zu viel gegeben, als das ich damit aufhören könnte. Der Handball wird mich nie loswerden.“ Damit hat Mast selbst festgelegt, dass er wahrscheinlich weitermacht. Irgendwann wird da wieder die Zeit für eine Entscheidung reif sein.