Regionalliga Nordrhein
Familienbande: René Lönenbach ist wieder zu Hause
Der Regisseur des TV Rheinbach geht zurück zu seinem Heimatverein TV Palmersheim. Dort spielt er in der Verbandsliga mit seinem Onkel Stephan Sodies zusammen.

Könnte wohl die halbe Welt umarmen: René Lönenbach freut sich riesig auf die Rückkehr zu seinem Heimatklub TV Palmersheim. (Foto: Thomas Schmidt)

Das ist nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Da ist zunächst einer, der macht mehr als einen Schritt zurück. René Lönenbach, zuletzt als Regisseur der Dreh- und Angelpunkt des TV Rheinbach, verlässt den Regionalligisten. Und René gibt damit die Chance auf den höherklassigen Handball wenigstens vorerst auf – obwohl er erneut gute Angebote aus anderen Klubs hatte, obwohl er nach Einschätzung aller, die ihn kennen, mindestens den Sprung in die 3. Liga hätte schaffen können (oder sogar sollen), obwohl er das Prädikat „Straßenfußballer“ wie kaum ein anderer in den Handball transportiert und diese Auszeichnung dort lebt. Auf den zweiten Blick allerdings hat Lönenbach für sich persönlich den Jackpot geknackt: Der 27-Jährige, der sich gerade im besten Sportleralter befindet, kehrt zurück zum TV Palmersheim. Der ist gerade aus der Landesliga in die Verbandsliga aufgestiegen, was aber nicht der entscheidende Punkt war. René Lönenbach ist einfach wieder zu Hause – dort, wo er geboren wurde und als Dreijähriger zum ersten Mal einen Ball in die Hand nahm. Die Familie hat ihn wieder.

Einer der Gründe für die Entscheidung ist die hohe zeitliche Belastung durch den Beruf. Lönenbach, Garten- und Landschaftsbauer, steht in diesen Tagen mitten in den Vorbereitungen für die Abschluss-Prüfungen seiner Meister-Ausbildung. „Ich will nicht mehr diesen Aufwand treiben“, betont René, „und ich habe gemerkt, dass es für mich keine Ziele mehr gibt.“ Weil das schnell missverstanden werden kann, hilft eine kleine Übersetzung weiter: Selbstredend bleibt er einer, der sich mit Herz und Leidenschaft für seine Projekte einsetzt, beruflich wie sportlich. Und die fehlenden Ziele: Ganz weit nach oben zieht es ihn nicht mehr, zumal eine höhere Klasse als die Regionalliga für die Rheinbacher ohnehin kein Thema war/ist. René Lönenbach braucht weder sich selbst noch anderen zu beweisen, zu welcher Spielklasse er in der Lage gewesen wäre.

Nicht nur Schönspieler: René Lönenbach (mit Ball) sucht durchaus auch die Orte auf, an denen Handballer mehr Schmerzen abbekommen. (Foto: Tobias Swawoll).

Klar: In Palmersheim sind sie superglücklich, dass sie Lönenbach für das Projekt Palmersheim gewinnen konnten. „Ich bin schon seit drei Jahren immer an ihm dran“, sagt Trainer Peter Trimborn, „er hat doch auch wirklich lange genug hoch gespielt. Wir freuen uns riesig. Er ist ein Ausnahmespieler.“ In der Saison 2018/2019 bestätigte das auf besonders beeindruckende Art die offizielle Statistik der Regionalliga Nordrhein, in der René mit 206 Treffern der erfolgreichste Torjäger war – und natürlich erneut maßgeblich am Klassenerhalt der Rheinbacher beteiligt. Da wissen sie sehr genau, was ihnen demnächst fehlen wird, zumal in Oliver Dasburg (zum Drittliga-Aufsteiger TuS 82 Opladen) eine zweite extrem wichtige Stütze nicht mehr zur Verfügung steht. Logisch: Die Trainer Dietmar Schwolow und Jan Hammann sind sich einig. „Mit Olli und René verlieren wir beide Spielmacher und unsere Haupttorschützen, das ist mega bitter und nur schwer zu kompensieren“, betont Hammann. „Renés Abgang ist sportlich und menschlich ein herber Verlust und trifft uns hart“, bestätigt Schwolow. Am Ende hatte René Lönenbach allerdings unschlagbare Argumente.

„Das war die ganzen letzten Jahre schon in meinem Kopf, dass ich irgendwann zurückgehe“, erzählt René, den mit dem TV Palmersheim nicht nur rein sportliche Dinge verbinden. Sein Vater Kurt war einst sehr erfolgreich für die ersten Herren unterwegs, mit denen er damals sogar den Aufstieg in die Regionalliga schaffte (früher 3. Liga). Nach der aktiven Karriere war das Trikot mit der Nummer 13 intern gesperrt – als besondere Form der Anerkennung für Kapitän und Regisseur Kurt Lönenbach, der sich später als Trainer (Frauen, Männer) mit derselben Leidenschaft für „seinen“ Verein einsetzte. Ebenfalls eine Institution in Palmersheim ist Stephan Sodies. Wie jetzt? Sodies? Handball-Fans werden ihn besser unter einem anderen Nachnamen kennen: Schmitz. „Er hat nach der Hochzeit den Namen seiner Frau angenommen.“ Das ist im Jahr 2020 vielleicht weniger ungewöhnlich, weil Ehepartner da mittlerweile zwischen den verschiedenen Varianten frei wählen können. In Handballer-Kreisen bleibt Stephan trotzdem bis auf Weiteres der „Schmitz-Steff“. So wird es vermutlich auch René Lönenbach handhaben, auf den längst die väterliche Nummer 13 übergegangen ist. Stephan Sodies spielt zudem am Ende des Tages keine unwichtige Rolle rund um den Wechsel nach Palmersheim: Er ist der Onkel von René. Für Sodies geht nun auf der Zielgeraden der Karriere der Traum in Erfüllung, einmal mit dem Neffen gemeinsam auf der Platte zu stehen.

Traditions-Trikot: Trainer Peter Trimborn und die Rheinbacher hatten für René Lönenbach natürlich das Trikot mit der Nummer 13 reserviert. (Foto: Rocco Bartsch)

Es braucht keine große Phantasie und Rechenkunst, um eins festzustellen: Stephan Sodies ist ein etwas älteres Baujahr und mit 50 ein Handball-Oldie – besonders als Feldspieler. In Palmersheim hat er allerdings einen festen Platz, weil er ein paar ganz wichtige Dinge des Handballs immer noch perfekt draufhat: Übersicht, Spielwitz, den Blick für die Nebenleute, immer eine überraschende Idee, die sich kaum verteidigen lässt. Trainer Trimborn fasst es zusammen: „Er hat einen großen Wert für unsere Mannschaft.“ René Lönenbach weiß, wie sein Onkel handballerisch tickt und er fügt etwas sehr Persönliches hinzu: „Er ist für mich eine Vertrauensperson, wie ein großer Bruder.“ Wenigstens in der kommenden Saison wollen die beiden jetzt gemeinsam dazu beitragen, dass ihrem TVP vielleicht der nächste Entwicklungsschritt gelingt.

In der abgebrochenen Serie 2019/2020 kam Palmersheim auf Rang drei über die Ziellinie und wurde dafür mit dem Durchmarsch in die Verbandsliga belohnt – dem zweiten Aufstieg hintereinander. Dass die Erfolge immer so weitergehen, glaubt im Verein keiner. Und Trimborn ist lieber vorsichtig: „Wir backen kleine Brötchen.“  René Lönenbach kann mit der Verbandsliga sowieso einiges anfangen: „Das ist ja auch schon relativ ambitioniert.“ Unter dem Strich freut er sich sehr darauf, im TVP das eine oder andere mit voranzubringen, seine Erfahrung als Spieler und Teil einer nach Handball verrückten Familie einzubringen. Ein nächster Aufstieg irgendwann ist ja nicht verboten. Eigentlich hat da einer, der als sehr erd- und heimatverbunden gilt, das ganz große Los gezogen. René Lönenbach ist wieder zu Hause.