26. Mai 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Aus dem Zufall ist längst eine Ehe voller Leidenschaft geworden. Gewonnen haben beide: Birger Dittmer, weil er sich im Rheinland sehr wohlfühlt, und der TuS 82 Opladen, weil er mittlerweile in der 3. Liga angekommen ist. Beim Aufsteiger nennen sie ihn hin und wieder „Nordlicht“. Es klingt wie ein Ehrentitel und Dittmers ganz große Liebe ist tatsächlich die Heimat, in die es ihn immer wieder zieht – sofern es der Sport und das Studium zulassen. Fast logisch: Birger Dittmer studiert Sport (Management). Glückstadt an der Unterelbe musste er so vor zwei Jahren verlassen, um seine beruflichen Pläne in Köln voranzutreiben. Weil sie ihm beim Longericher SC nach Probetraining und Gesprächen eher einen Platz in der zweiten Mannschaft anboten, ging die Suche weiter. Dittmer bekam einen Insider-Tipp: Versuch es doch in Opladen. Die Erst-Kontakte über Manager Volker Leisner und Trainer Fabrice Voigt brachten ziemlich schnell Klarheit: „Wir versuchen es miteinander.“ Bereut hat es bis heute keiner – im Gegenteil. Und demnächst wollen sie zusammen das Abenteuer 3. Liga stemmen. „Wir sind alle heiß drauf“, sagt Birger Dittmer, der nach dem Abitur nicht nur eine Entscheidung treffen musste.
Die erste: Sport ist mein Leben. Die zweite: Weil mein Abi-Durchschnitt nicht reicht, überbrücke ich die Zeit mit einer Ausbildung zum Bankkaufmann. Die hat Dittmer natürlich abgeschlossen – und doch bald gemerkt, dass darin auf Dauer eher nicht sein Lebensinhalt liegen würde. Die dritte war ebenfalls ungewöhnlich: Wie halte ich es mit meinen beiden Lieblings-Sportarten? Relativ lange hatte Dittmer es tatsächlich geschafft, ein Doppelleben zu führen – mit den Fußballern von Fortuna Glückstadt in der Kreisliga West und mit den Handballern des MTV Herzhorn in der Schleswig-Holstein-Liga, wo er in der Saison 2017/2018 mit einem Schnitt von fünf Treffern pro Partie durchaus überdurchschnittlich erfolgreich war. Durch das Studium in Köln war danach klar: „Mit dem Fußball ist Schluss, ich höre auf mit dem Fußball.“ Dittmer wusste wohl damals schon, dass er das so nicht durchhalten kann. Oder will?
Im Sommer 2019 passierte dann, was passieren musste. Die Fortuna hatte erstens mitbekommen, dass Birger erneut auf Heimat-Urlaub war, und zweitens personelle Probleme – was in diesem Fall ungünstig war, weil im Juli ein paar Spiele des Kreispokals Westküste auf dem Programm standen. Frage des Vereins: Kannst du uns helfen, wenn die Not zu groß ist? Antwort des Spielers: Ja sicher, auf die Bank setzen schadet nix.
Keine große Überraschung: Bei der Rolle des Zuschauers blieb es nicht. Direkt beim Comeback durfte/musste Birger im Spiel beim TSV Buchholz in den letzten 30 Minuten ran. Im Viertelfinale gegen den Marner TV waren es bereits 35 Minuten – plus die 30 aus der folgenden Verlängerung, die ebenfalls keinen Sieger hervorbrachte. Es ging ins Elfmeterschießen. Den entscheidenden Strafstoß zum 9:6-Endstand verwandelte? Birger Dittmer, der anschließend beim 2:0 im Halbfinale gegen den Landesligisten BSC Brunsbüttel sogar die kompletten 90 Minuten auf dem Platz stand. Zweieinhalb Monate später verlor die Fortuna das Finale gegen den SC Geest 05 (ebenfalls Landesliga) mit 0:2 – ohne Dittmer, der an jenem 3. Oktober 2019 (Donnerstag) mit den Opladenern gerade den Grundstein für den späteren Aufstieg gelegt hatte. Zum 24:23 des TuS 82 im Spitzenspiel am 28. September (Samstag) beim TV Korschenbroich steuerte der Rückraumspieler zwei Treffer bei, zum 36:31 beim TV Aldekerk am 5. Oktober (Samstag) sogar zehn.
Dabei sind persönliche Statistiken für den 24-Jährigen nicht gar so wichtig – wobei es natürlich trotzdem das Selbstbewusstsein fördert, wenn die eigene Leistung stimmt. „Aber wie viele Tore ich mache, ist mir total wumpe“, betont Birger, „ich spiele auch supergerne mit dem Kreis zusammen und für die anderen. Für mich ist es wichtig, wenn ich meine Schnelligkeit einbringen und der Mannschaft helfen kann.“ Das hört unter anderem sein Trainer Fabrice Voigt besonders gerne, denn für den Coach ist der Teamgeist die wesentliche Voraussetzung für sportlichen Erfolg. Während Voigt in diesem Punkt beim Neuen offene Türen einrannte, musste er auf einem anderen Gebiet als echter Handball-Lehrer tätig werden – weil Dittmer früher eine extrem starke Abneigung fürs Abwehrspiel pflegte. Es war für ihn höchstens ein notwendiges Übel. Die Einstellung dazu hat sich in der gemeinsamen Zusammenarbeit komplett gewandelt und Dittmer gilt hinten längst als wichtiger Stabilitätsfaktor: „Ich hole mir da auch die Aggressivität für den Angriff.“
Im Juni stößt Birger Dittmer, der aus einer sportverrückten Familie stammt, sich gerade noch in der Heimat aufhält und individuelles Training betreibt, wieder zur Opladener Mannschaft, die ab dann in die gezielte Vorbereitung auf die 3. Liga einsteigen will/wird. „Ich glaube, dass wir durch unsere Pläne in den vergangenen Wochen fit sind wie nie“, meint Dittmer, „und das ist alles schön und gut.“ Was er sich darüber hinaus wie alle wünscht: Es darf langsam wieder der Ball etwas mehr Raum im Training einnehmen, weil sonst das Salz in der Suppe fehlt. Danach hoffen die Opladener sehr, dass Ende August/Anfang September die Saison 2019/2020 losgeht – wobei der DHB die vier Gruppen bisher nicht festgelegt hat.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Gruppe Nord/West im Kern unverändert bleibt. Und Birger Dittmer weiß längst, was für den TuS 82 ein Spiel der Spiele wäre: Jenes gegen den Nachbarn Leichlinger TV. Im Großen und Ganzen geht es aber nicht nur aus seiner Sicht vor allen Dingen um den Klassenerhalt. Sollte sich der Außenseiter Opladen tatsächlich im Konzert der Größeren behaupten können, wäre die Ehe zwischen dem Nordlicht und seiner Zufalls-Bekanntschaft wohl noch leidenschaftlicher. Gewonnen haben sowieso schon beide.