08. Juni 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Der Juni ist gut eine Woche alt und der letzte Regelspieltag in den meisten Klassen wäre vor fast genau einem Monat gewesen. Im Mai hätten sich dann vermutlich mindestens sehr viele Mannschaften aufgemacht, um auf einer bekannten Insel der Balearen das Erreichte zu feiern oder den Frust wegzuspülen. Mallorca war da nie ein Ort für Enthaltsamkeit. Nach der Rückkehr hätte sich noch die übliche Pause angeschlossen, ehe Teil eins der Vorbereitung auf die nächste Serie angelaufen wäre. Diesmal ist coronabedingt fast alles anders. Erstens: Die Saison 2019/2020 wurde Mitte März erst unter- und später abgebrochen. Als Ersatz für Mannschafts-Touren gab es virtuelle Zusammenkünfte vor dem Rechner und sehr bald die ersten digital erarbeiteten Pläne für Spieler: Bewegt euch zu Hause. Daran scheinen sich die meisten wirklich gehalten zu haben und eine stichprobenartige Umfrage hatte vor Kurzem ein klares Ergebnis: „Ich bin so fit wie nie.“ Gemeint ist allerdings der allgemeine körperliche Zustand und nicht der speziell auf den Handball bezogene. Genau jener Punkt beschäftigt in diesen Wochen auch den DHB, der dabei natürlich in erster Linie seine Profis aus der 1. und 2. Liga im Auge hat. Kein Zufall: Für die beiden obersten deutschen Klassen gibt es bisher keinen genauen Starttermin. Eine Etage darunter sind in der 3. Liga bislang nicht einmal die vier jeweils 18 Mannschaften umfassenden Gruppen im Detail bekannt. Also wissen aus dem Harzhelden-Gebiet zum Beispiel weder die Bergischen Panther noch der Longericher SC oder der Aufsteiger TuS 82 Opladen, wann und gegen wen sie loslegen sollen/dürfen. Da haben es die Vereine aus Regionalliga Nordrhein, Oberliga Niederrhein oder Oberliga Mittelrhein etwas einfacher. Ihnen liegen längst die Spielpläne vor. Danach beginnt die Serie am letzten August-Wochenende – und die Ansetzungen riefen nach Auskunft der spielleitenden Stellen keinerlei Proteste hervor.
Noch sind in Nordrhein-Westfalen Großveranstaltungen mit mehr als 1000 Zuschauern bis einschließlich 31. August verboten – was mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aber keinen der betreffenden Vereine berühren wird, denn keine der zur Verfügung stehenden Hallen erreicht ein Fassungsvermögen in dieser Größenordnung. Eine andere Frage ist, wann was in der Halle überhaupt wieder möglich sein wird. Manche sind inzwischen drin, anderen warten auf das Ja der Kommune und hoffen, dass sie im Juli zurückdürfen. Das Problem ist allerdings dasselbe wie bei den Profis, deren Stand der DHB in einem weiteren Positionspapier skizziert hat: „Einige Spielerinnen und Spieler sind seit dem 10. März ohne jegliche handballspezifische Belastung. Die Strukturen müssen erst einmal wieder aufgebaut werden. Es muss jetzt anders trainiert werden als zum Start einer normalen Vorbereitung.“ Dr. Patrick Luig, der Bundestrainer Wissenschaft und Bildung, nennt als Mitglied der „DHB-Taskforce“ einen wesentlichen Punkt neben den konkreten Vorschlägen für die Profis: „Unsere Empfehlung kann natürlich, angepasst an die individuellen Trainingsumfänge, auch von anderen leistungsorientierten Mannschaften übernommen werden.“ Nur konsequent: In die die Vorbereitung ist eine Vor-Vorbereitung eingebaut. Da werden sie möglicherweise beim Drittliga-Aufsteiger TuS 82 Opladen besonders aufmerksam zuhören, weil Luig vor einigen Jahren als Trainer in der Bielerthalle gearbeitet hat. Sein für den Bereich Athletik zuständiger Bundestrainer-Kollege David Gröger sieht den gesamten Ansatz naturgemäß genauso: „Die richtige Belastbarkeit kommt doch erst in wettkampfähnlichen, handballspezifischen Situationen. Das Verhältnis aus Athletik und handballspezifischem Training muss sich wieder einpendeln.“ Das gesamte Papier mit allen Vorschlägen findet sich auf der offiziellen Seite des DHB unter dem Stichpunkt: „Eine Richtschnur für den Neustart.“
Vom 30. April stammt das Positionspapier „Return to play“ mit den verschiedenen denkbaren Stufen für den Wieder-Einstieg. Demnach gilt seit dem 1. Juni die Stufe 5: Handballspezifisches Training ohne Zweikämpfe in Kleingruppen – in der Halle. Einer der Bestandteile: Pass, Wurf und Kleingruppentaktik. Der Pferdefuß, der viele noch an der Umsetzung hindern dürfte: „Indoor-Aktivitäten nur in privaten oder öffentlichen Trainingseinrichtungen, die eine exklusive Nutzung oder räumliche Trennung der Trainingsgruppen während der Durchführung ermöglichen.“ Ab dem 1. Juli sollen Zweikämpfe hinzukommen (Stufe 6) und ab dem 1. August der Testspiel- und Wettkampf-Betrieb ohne Publikum. Etwas später könnte tatsächlich die Saison 2020/2021 beginnen – falls nötig, mit Einschränkungen: „Der Spielbetrieb kann eventuell zunächst mit reduzierter Zuschauerzahl und eingeschränkten Bewirtungs- und Restaurationsmöglichkeiten durchgeführt werden, um größere Schlangen, Gedränge oder Ähnliches zu vermeiden.“ Diesen Rahmen würden nach dem jetzigen Stand vermutlich die meisten der Beteiligten unterschreiben – so, wie sie in der Meisterschaft „Geisterspiele“ vor ganz leeren Rängen einheitlich ablehnen.
Handball Nordrhein, der Niederrhein und der Mittelrhein sind zuversichtlich, dass sich die Termine Ende August/Anfang September halten lassen. „Die Pläne stehen“, sagt Michael Girbes, der Vorsitzende der Technischen Kommission im HVN. Einzige Unwägbarkeit: Die politischen Entscheidungsträger nehmen Lockerungen zurück oder Einschränkungen vor. Ansonsten können die Vereine mittlerweile sogar präzise Terminwünsche eintragen – was in einigen Fällen bereits geschehen ist. In der Regionalliga beispielsweise ist der MTV Rheinwacht Dinslaken dafür bekannt, in der Douvermannhalle am liebsten am Sonntagmorgen um 11 Uhr anzutreten. Das hat er offiziell auch in der Serie 2020/2021 vor. Ebenfalls der Tradition verpflichtet scheint der Regionalliga Aufsteiger OSC Rheinhausen zu sein, der den Sonntag-Nachmittag und 16 Uhr bevorzugt. In der Oberliga Mittelrhein nimmt der TK Nippes die Spätvorstellung am Samstagabend um 20 Uhr, während in der Oberliga Niederrhein offensichtlich noch keiner der Klubs seine Wünsche abgegeben hat. Hier bleibt ja tatsächlich etwas mehr Zeit, weil es sich nur um eine 14er-Gruppe handelt und der Startschuss hier erst am 5./6. September fällt. Und was wissen die Opladener und die Leichlinger? Im Prinzip nicht mal hundertprozentig, ob sie überhaupt derselben Gruppe in der 3. Liga angehören werden.