Regionalliga Nordrhein
Volles Haus: Das Siebengebirge und sein achter Mann
Die HSG hatte 2019/2020 im Schnitt 500 Zuschauer. Die Atmosphäre ist drittliga-tauglich.

Die Antreiber: Auf ihre Fans können sich die Handballer der HSG Siebengebirge verlassen. Auch Fabian Zächerl (Mitte) machte – als er noch nicht Co-Trainer war – von draußen leidenschaftlich mit. (Foto: Thomas Schmidt)

Der letzte deutsche Weltmeistertitel liegt 13 Jahre zurück. Unvergessen bleibt für viele das Wohnzimmer der Deutschen – die Köln-Arena, die regelmäßig wie ein achter Mann hinter Heiner Brands Team stand. In der Regionalliga kann sich die HSG Siebengebirge wie kein zweites Team auf jenen achten Mann verlassen: Im Schnitt kamen zuletzt 498 Zuschauer in die Halle am Sonnenhügel, beim Spiel gegen die SG Ratingen waren es sogar 800 – ein Wert, der auch in der 3. Liga zu den Topzahlen gehören würde. Trainer Lars Degenhardt formuliert es lachend: „Ich denke, alle spielen gerne Handball, nur nicht auswärts bei uns.“

Der achte Mann aus dem Siebengebirge musste in den beiden vergangenen Jahren viel ertragen – jeweils verschlafene Starts, Trainerwechsel und späte Rettung. Ein kleiner Blick in die Vergangenheit: 2018/2019 bewahrten Sebastian Hoffmann und Jamal Naji die HSG mit zwei Siegen an den letzten Spieltagen vor dem Abstieg. In der Saison 2019/2020 sollte Werner Klöckner für den Erfolg sorgen. „Mit Werner Klöckner wollten wir uns darauf konzentrieren, mittelfristig Drittliga-Handball anbieten zu können. Doch leider fehlte die Harmonie mit der Mannschaft“, erklärt Sebastian Hoffman, der sein Traineramt gegen das des Sportlichen Leiters eintauschte. Nach 3:13 Punkten legte Klöckner sein Amt nieder und zwei alte Bekannte übernahmen: Lars Degenhardt als Chefcoach und Fabian Zächerl als Co-Trainer.

Auf gehts: HSG-Trainer Lars Degenhardt pflegt der Mannschaft vor einem Spiel in der Kabine immer ein paar intensive Worte mitzugeben. (Foto: Thomas Schmidt)

Degenhardt, bereits 2011 bis 2016 erfolgreicher Trainer der HSG, und Zächerl, ehemaliger Spieler und Publikumsliebling, holten nach ihrem Amtsantritt 12:8 Punkte und verließen die Abstiegsränge im Eiltempo. „Lars und Fabian ergänzen sich sehr gut. Lars kennt die Mannschaft und das Spielsystem. Fabian brachte die bestmögliche Bindung zu den Spielern mit“, betont Hoffmann. Und die beiden werden ihre Arbeit in der Saison 2020/2021 weiterführen. Degenhardt erläutert seine Hauptbaustellen: „Zuerst wollen wir nächste Saison den Start nicht verschlafen. Spielerisch wird es darum gehen, mehr Variabilität in unserer Deckung zu trainieren und mit unseren jungen Spielern aufs Tempo zu drücken.“

Zwei wichtige Stützen werden dieses Vorhaben nicht mehr komplett unterstützen können: André Kirfel und Edgar Schulz müssen aus beruflichen Gründen kürzertreten. Dafür rücken HSG-Talente wie etwa Ben Picard in den Kader und zusätzlich sind drei Neuzugänge zu verzeichnen. Aus der Jugend des TSV Bayer Dormagen kommen Alexander Koch für den Rückraum und Moritz Wiese für die Torhüterposition. Zudem sicherte sich die HSG die Dienste von Lennard Spanuth vom Oberligisten MTV Köln, der als Linkshänder im Rückraum weitere Optionen eröffnet.

Reicht das für das mittelfristige Ziel 3. Liga? Sebastian Hoffmann nimmt realistisch Stellung: „Wir haben uns punktuell gut verstärkt und die Mannschaft hat das Talent, sich weiter oben in der Liga zu bewegen. Aber so ein Aufstieg muss über Jahre aufgebaut werden, damit sich ein Verein gesund an die neuen Belastungen und an das neue Niveau gewöhnen kann. Und mit Corona ist es noch unvorhersehbarer, was passieren wird.“ Doch egal, was passiert: Der riesige achte Mann im Siebengebirge wird die Mannschaft begleiten. Dieser achte Mann spielt bereits in einer eigenen Liga.