13. Juli 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Da steckte er plötzlich in einer Zwickmühle. „Sein“ Verein wollte ihn unbedingt haben. Als Trainer. Dabei hatte Alexander Zapf, den alle nur Alex nennen, bereits für eine weitere Saison bei den Bergischen Panthern zugesagt. Dort war er zuletzt spielender Trainer der Zweiten, mit denen er am Ende der abgebrochenen Saison 2019/2020 nur um Millimeter über das Torverhältnis den Aufstieg aus der Verbandsliga in die Oberliga verpasste. Außerdem war Zapf, lange Stammkraft in der Ersten, dort immer wieder als Aushilfe fürs Drittliga-Team um Trainer Marcel Mutz eingesprungen. Es gab einige Gründe, zu bleiben: Die insgesamt erfolgreiche Zeit bei den Panthern zum Beispiel und das sehr gute Verhältnis zu Marcel Mutz, den Zapf als seinen Mentor sieht. Es gab auf der anderen Seite einen Namen, der ihn magisch anzog: HG Remscheid. Heute ist Alex Zapf beiden Seiten dankbar – den Panthern dafür, dass sie ihn von seinem Wort entbanden, und der HG dafür, dass sie ihm die Chance bietet, eine Regionalliga-Team zu führen und formen. „Das ist eine tolle Aufgabe“, sagt Zapf, „wir haben eine spannende Mannschaft.“
Alex Zapf erblickt am 8. Oktober 1989 das Licht der Welt – und ist damit ein Sonntagskind. Einen Tag später hält Deutschland den Atem an, als sich in Leipzig rund 70000 Menschen an einer Montags-Demo beteiligen, die im Rückblick den Anfang vom Ende der DDR einleitet. Im Bergischen Land schließt sich am selben Tag ein sehr, sehr junger Mensch dem Handball an. „Ich bin seit meinem zweiten Lebenstag Mitglied der HG“, erzählt Alex, „ich glaube, dass war noch vor der Meldung beim Standesamt.“ Eine Erklärung für die allgemeine „Verspätung“: Das Standesamt und die Geschäftsstelle des Vereins dürften an jenem Sonntag geschlossen gewesen sein. Jene innere Bindung erklärt immerhin, warum der Ur-Remscheider Zapf dem Ruf der Remscheider kaum widerstehen konnte, die als Spielgemeinschaft die Stammvereine Hastener TV und Lenneper TG umfasst.
Das Jahr eins nach dem spät feststehenden Sprung in die Regionalliga, der lange an Unitas Haan vergeben zu sein schien, entwickelte sich aus Remscheider Sicht ziemlich durchwachsen. Unter der Regie von Neu-Coach Frank Berblinger als Nachfolger des Aufstiegstrainers Lukas Steinhoff stand die HG nach 4:10 Punkten vom Saisonstart praktisch immer unter Druck und nach dem 25:26 gegen den Keller-Kokurrenten TV Jahn Köln-Wahn im Frühjahr 2020 mehr denn je mit dem Rücken zur Wand. Beim folgenden 23:34 am 7. März in Korschenbroich war Berblinger dann entlassen und nicht mehr an Bord, ehe Corona die Saison auf Eis legte. Zum Zeitpunkt des Abbruchs saß Remscheid als Vorletzter im Fahrstuhl nach unten – und der später festgelegte Verzicht auf Absteiger war die Rettung. Ob sich die inzwischen personell verstärkte HG selbst aus der Not hätte befreien können, wird sich nie schlüssig klären lassen.
Für die kommende Saison sieht Zapf nun viele Anzeichen dafür, dass sich die Dinge besser entwickeln für die Remscheider. Erstens: Die HG konnte Felix Handschke zum Bleiben bewegen – den früheren Kapitän der Rhein Vikings, der nach dem Rückzug des Drittligisten bereits mitten in der vergangenen Saison ins Bergische gekommen war. Zweitens: Es gab die eine oder andere interessante Verpflichtung. Der Ex-Remscheider Philipp Hinkelmann (27/zuletzt Bergische Panther) bringt zusätzliche Qualität für den Rückraum, Dominic Luciano (33/HSG Krefeld) für den Kreis. Außerdem hat der Regionalligist seinen Kader gerade noch einmal prominent verstärkt: Todor Ruskov kommt. Der 32 Jahre alte Bulgare war in der Saison 2019/2020 für den Westfalen-Oberligisten FC Schalke 04 aktiv und davor eine wesentliche Stütze des Drittligisten SG Schalksmühle-Halver Dragons. In Remscheid soll er sowohl defensiv als auch offensiv eine tragende Rolle übernehmen.
Sehr viel verspricht sich Zapf zudem vom neuen Torhüter-Duo aus Linus Mathes (24), der in den vergangenen Monaten zum Kader des Drittligisten Leichlinger TV gehörte, und dem bisherigen Stammkeeper Tobias Geske (33). Eine der ersten Amtshandlungen von Zapf: „Ich habe Tobi Geske zum Kapitän gemacht. Er ist ein Typ, ein echter Charakterkopf. Wir lagen direkt auf einer Wellenlänge.“ Auf jeden Fall gilt Geske als einer der Spieler, die Trainer gerne als „emotionaler Leader“ bezeichnen.
Eine Garantie für eine Top-Saison kann Alex Zapf nicht abgeben – wohl aber das Versprechen, hart zu arbeiten und alles dafür zu geben. „Wir brauchen die Gier nach Erfolg und den Willen nach Erfolg. Wir brauchen keine Individualisten, sondern eine richtige Mannschaft. Wenn wir so etwas hinkriegen, werden wir erfolgreich sein. Der Kader ist gut genug.“ Falls alles nach den Termin-Vorstellungen des Verbandes läuft, sollen die neuen Remscheider am 29. August ihre Reifeprüfung ablegen. Und spätestens dann steckt Zapf sicher in keiner Zwickmühle mehr: Gegen den Neusser HV will er zwei Punkte. Ohne Wenn und Aber.