3. Liga Nord-West
Warum Maik Thiele dem VfL Gummersbach dankbar ist
Der Trainer sieht die U 23 als reizvolle Aufgabe. Seine Antwort auf manche Frage: "Einfach kann doch jeder."

Zeichensprache: Maik Thiele kann sich an fünf Fingern einer Hand ausrechnen, dass die kommende Saison erneut besondere Herausforderungen stellte. Trotzdem weiß er die Arbeit als Trainer der Gummersbacher Zweiten zu schätzen. (Foto: Thomas Schmidt)

Das Problem kennt Maik Thiele ja schon lange und deshalb ist es für ihn eigentlich keins. Wie die zweite Mannschaft des VfL Gummersbach für die kommende Saison in der 3. Liga aussehen wird, steht derzeit nur in Umrissen fest. Trotzdem ist Thiele dem Traditions-Verein im Bergischen dankbar, dass es mit einer U 23 in der bisherigen Form weitergeht – was nicht überall in Deutschland selbstverständlich ist. „Und einfach kann doch jeder“, scherzt Thiele, der im Oberbergischen als Rechtsanwalt beruflich fest verwurzelt ist. In den vergangenen Wochen und sogar Monaten segelte er mit seiner Zweiten nicht nur coronabedingt ein bisschen unter dem Radar. Besonders große Schlagzeilen rief kürzlich der Verpflichtungs-Coup von Gudjon Valur Sigurdsson hervor, der seine märchenhafte Karriere als Spieler beendet und beim VfL seine erste Stelle als Chefcoach angetreten hat. Thiele hat Sigurdsson natürlich bereits persönlich erlebt und er ist begeistert: „Ein lockerer Typ.“ Vor ganz vielen Jahren, als der Isländer für einige Jahre beim VfL spielte, gehörte Thiele vorübergehend sogar mal zum sehr erweiterten Kreis der ersten Mannschaft und durfte „oben“ mittrainieren. Heute begegnen sich beide als Trainerkollegen wieder. Die Rollen sind klar verteilt: „Goggi“ soll den VfL zurück in die Bundesliga führen, Thiele weiter Talente von unten liefern.

In der vergangenen Serie tat sich die VfL-Zweite bisweilen sehr schwer, weil sie nach 1:11 Punkten aus den ersten sechs Spielen praktisch von Beginn an unter Druck stand. Ein Ausreißer nach oben war der erste Erfolg – 36:29 gegen den klar favorisierten Longericher SC. Sehr hilfreich waren die späteren Siege beim Leichlinger TV (27:26) und gegen die Bergischen Panther (27:25), als sich Thieles Team jeweils nervenstark zeigte. Im Ergebnis der Tiefpunkt war das 14:34-Debakel beim OHV Aurich – und die Berg- und Talfahrt setzte sich im neuen Jahr nahtlos fort. Später hatten die Gummersbacher das sehr zweifelhafte Vergnügen, am 11. März 2020 das am 9. Februar wegen des Sturmtiefs Sabine ausgefallene Duell mit der SG Schalksmühle-Halver Dragons nachholen zu dürfen.

Volle Kraft voraus: Jonas Stüber (beim Wurf) ist eins jener Beispiele für nachrückende Talente, die der VfL Gummersbach aus dem Nachwuchsbereich nach oben gezogen hat. (Foto: Thomas Schmidt)

Es war weniger die Tatsache denkwürdig, dass der VfL nach einer 13:12-Führung zur Pause noch mit 17:22 verlor. Jener Mittwochabend dürfte den Beteiligten etwas länger in Erinnerung bleiben, weil er das Ende der Saison 2019/2020 markierte. Kurz darauf wurde die Meisterschaft unterbrochen und später abgebrochen – mit Wertung nach Quotientenregelung und Verzicht auf Absteiger. Die Frage, ob der VfL ernsthafter in Bedrängnis geraten wäre, wird sich kaum eindeutig beantworten lassen. Zum Zeitpunkt des Abbruchs lag die U 23 mit 13:31 Zählern auf Rang 13, der unter dem Strich normalerweise soeben zur Rettung gereicht hätte. Die Ahlener SG (9:35) und die SG Menden Sauerland Wölfe (9:27) lagen vier Punkte zurück, während die zurückgezogenen Rhein Vikings bereits als erster Absteiger feststanden. 

Wichtiger als die nackten Resultate ist für Thiele die Entwicklung der Talente – die natürlich nicht alle den Sprung in den Kader der Ersten schaffen (können). „Es macht mir unheimlich viel Spaß, mit den Jungs zu arbeiten“, betont der Coach, der die „Philosophie“ des Vereins zudem immer wieder bestätigt sieht. Zwei Belege aus der jüngeren Vergangenheit sind Linksaußen Malte Meinhardt (23) und Kreisläufer Jonas Stüber (21), die Verträge für die 2. Liga haben. Zum Profi-Kader gehören künftig auch die beiden 17 Jahre jungen Julius Fanger und Mathis Häseler, die aus der U 17 der Gummersbacher Handball-Akademie stammen. 

Vorteil für den VfL: Er konnte bereits vor rund zwei Monaten wieder mit dem Training beginnen, die derzeit zur Verfügung stehenden Spieler sind athletisch voll auf der Höhe und sie können nach einer Pause in dieser Woche mit der handball-spezifischen Vorbereitung auf die neue Saison beginnen. Genau dafür sind zurzeit jedoch noch einige Fragen offen. Dass die Drittligisten bislang – anders als die Kollegen aus der 1. und 2. Liga – nicht mal im Ansatz wissen, wann und wie der Startschuss erfolgen soll, findet nicht nur Thiele befremdlich: „Das ist ein Unding.“ Präzise Prognosen macht das momentan einigermaßen unmöglich – obwohl vom Starttermin defintiv nicht zuletzt die Trainingssteuerung abhängt. Immerhin eins weiß Thiele doch genau: Für die Gummersbacher U 23 geht es in erster Linie darum, wieder die Klasse zu halten. Obwohl das womöglich wieder nicht ganz einfach wird, steht der VfL in den Startlöchern. Einfach kann ja sowieso jeder.