Regionalliga Nordrhein
Korschenbroichs Keeper: Ein Jäger kommt selten allein
Der Torhüter fühlt sich sehr wohl beim TVK - der wiederum die Qualitäten seines Keepers sehr zu schätzen weiß. Immer im Bilde ist Jägers Vater Michael.

Alles muss raus: Max Jäger teilt seine Emotionen während eines Spiels gerne mit Teamkollegen und Fans. (Foto: Michael Jäger)

Er ist ein Riese auf dem Posten zwischen den Pfosten. Immer dann, wenn sich Max Jäger mit seinen 1,98 Metern Länge am Arbeitsplatz besonders breitmacht, kann es für die Angreifer des Gegners relativ dunkel werden. Die Fläche von drei Metern Breite und zwei Metern Höhe schrumpft in solchen Situationen manchmal auf wenige Quadratzentimeter zusammen. Davon profitiert momentan der TV Korschenbroich, zu dem der Keeper persönlich eine ganz besondere Beziehung hat – von der etwas später die Rede sein wird. Jägers bisherige Karriere-Stationen lesen sich wie ein Auszug aus dem „Who’s who“ des höherklassigen Handballs: Neusser HV (3. Liga), TSV Bayer Dormagen (2. Liga), Korschenbroich, HSG Krefeld (3. Liga), wieder Korschenbroich – wo er sich schon in den Jahren 2016/2017 und 2017/2018 rundum wohlgefühlt hat. Und den damaligen Wechsel nach Krefeld hat er nicht bereut, zumal der Umzug ja durchaus erfolgreich war. Am Ende stand jedoch ausgerechnet der zunächst nur mögliche und später tatsächlich realisierte Aufstieg der HSG in die 2. Liga einem Weitermachen im Weg. Die berufliche Entwicklung als Ergotherapeut ließ sich mit ähnlichem oder sogar mehr Aufwand für den Handball nicht mehr auf einen Nenner bringen. Krefeld ließ den Keeper sehr ungern ziehen, während die Korschenbroicher mit dem Sportlichen Leiter Klaus Weyerbrock an der Spitze sehr gerne zugriffen. Sein feste Überzeugung damals wie heute: „Max ist sportlich und menschlich eine Verstärkung für uns.“

Eine größere Eingewöhnungszeit brauchte Max Jäger nach dem Weg zurück eher nicht, weil er ja die allermeisten Spieler bereits vorher gut kannte – am besten sicher Kreisläufer Philipp Schneider. „Mit ihm habe ich beim Neusser HV schon in der C-Jugend zusammengespielt“, erzählt Max. Beide sind inzwischen 29, beide werden im Oktober (Philipp) und November einen runden Geburtstag feiern und beide stellen zurzeit gemeinsam mit Sascha Wistuba (30) das „Alterspräsidium“ in der Mannschaft von Trainer Dirk Wolf. Zur Abteilung Erfahrung gehören dort auch David Biskamp (27). Ihre gemeinsame Aufgabe sehen sie vor allem darin, der eher jugendlichen Fraktion um Dustin Franz (20) und Justin Kauwetter (19) bei der Weiter-Entwicklung sowie den vor Kurzem aus dem Bundesliga-Nachwuchs des TSV Bayer Dormagen verpflichteten Talente Lukas Bark und Marcus Neven (beide 19) beim Ankommen in der Waldsporthalle zu helfen. 

Letzte Instanz: Auch die HSG Krefeld wusste sehr genau, warum sie Max Jäger als Torhüter haben wollte. (Foto: Michael Jäger)

Jene Spielstätte ist eins der Geheimnisse, die für Max Jäger die Anziehungskraft des TVK wenigstens zum Teil ausmachen: „Es ist eine tolle Atmosphäre zwischen Spielern und Fans. Die honorieren deine Leistung selbst im Fall einer Niederlage – sofern du richtig Gas gegeben hast.“ Dafür gab es in der letztlich abgebrochenen Saison 2019/2020 zwei gute Beispiele: Am 28. September 2019 verlor Wolfs Team in einer auf hohem Niveau stehenden Partie mit 23:24 gegen den späteren Meister und Neu-Drittligisten TuS 82 Opladen, ehe am 15. Februar das überraschende 28:29 gegen den TV Rheinbach folgte. Selbst jenes Ergebnis konnten die Fans auf der Tribüne ertragen, weil der Einsatz stimmte. Jäger fasst sein Urteil über Korschenbroich und das Umfeld dort in einem sehr deutlichen Urteil zusammen: „Das ist ein Super-Verein, der richtig Spaß macht.“ 

Damals: Der etwas jüngere Max Jäger zeigte bereits in seiner früheren Dormagener Zeit, was er als Torhüter draufhat. (Foto: Michael Jäger)

Richtig Spaß macht ihm auch die Zusammenarbeit mit seinem Keeper-Kollegen Felix Krüger (23). Klar: Es kann immer nur einer den Kasten sauber halten und beide wollen liebend gerne zeigen, was sie draufhaben. Also sind sie irgendwo doch Konkurrenten – aber auf Augenhöhe unterwegs und mit viel Respekt für den anderen ausgestattet. „Wir haben beide ein anderes Torhüterspiel“, sagt Jäger, „wir stimmen uns sehr oft ab.“ Manchmal braucht Trainer Dirk Wolf gar nicht einzugreifen, wenn etwas bei seinen Keepern nicht so sehr gut läuft – weil sein Duo tatsächlich einiges „intern“ regelt. So hat auch Max Jäger kein Problem damit, seinen Platz zu räumen, wenn es dem Team hilft – und er weiß, dass Krüger ähnlich handelt. Unter dem Strich gibt es sowieso nicht wenige, die das Duo Jäger/Krüger zumindest für eins der stärksten in der Regionalliga halten. In der Addition mit dem Klima im Team, der Doppel-Besetzung auf jeder Position und dem Versuch, noch schnelleren Tempo-Handball zu zeigen, dürfte der TVK damit 2020/2021 erneut ein heißer Kandidat für einen der Spitzenplätze sind. Und wie ist das mit dem Aufwand, wenn es tatsächlich zum Sprung in die 3. Liga reicht? Max Jäger scheint die Frage erwartet zu haben, denn er antwortet vielsagend: „Darüber denke ich nach, wenn es so weit ist.“

Mit der Sportlichen Leitung, dem Trainerteam und den Mitspielern arbeitet der Torhüter sehr eng zusammen – aber noch viel intensiver ist das Verhältnis zu seinem Vater Michael Jäger. Der ist zwar im eigentlichen Beruf Augenoptiker-Meister, seine echte Berufung scheint allerdings die Fotografie zu sein. Heißt in der Übersetzung: Wann immer es sich einrichten lässt, nimmt er ein paar Meter neben dem Tor Platz und von dort aus mit seiner Kamera alles in den Blick. Auf natürliche Art und Weise bekommt er so jede Aktion seines Sohns aus einer dichten Perspektive mit – was ihm später ein entsprechendes „Urteil“ über die Leistung erlaubt. „Im Spiel bemerke ich ihn nicht“, betont Max Jäger, „aber hinterher sprechen wir natürlich über alles.“ Und in aller Freundschaft, versteht sich. Sohn Jäger hat nicht nur in solchen Momenten ein Gefühl tiefer Zuneigung zu Vater Jäger, der über die komplette bisherige Karriere immer mit aller Kraft ein großartiger Unterstützer war: „Ich weiß gar nicht, wie viele Kilometer er mit mir im Laufe der Jahre auf der Autobahn verbracht hat. Das ist nicht selbstverständlich. Dafür kann ich gar nicht oft genug Danke sagen.“ Max Jäger ist offensichtlich nicht nur auf dem Posten zwischen den Pfosten ein Riese.