27. Juli 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Sie teilen eine Bruder-WG, sie studieren zusammen, sie teilen die gleichen Hobbies, sie sehen sich zum Verwechseln ähnlich und sie spielen natürlich zusammen Handball. Letzteres seit 17 Jahren – immer zusammen in einem Team. Julian und Yannick Kamp sind praktisch Bilderbuch-Zwillinge. Nach den Anfängen bei der DJK VfR Saarn, wo schon ihr Vater aktiver Handballer war, ging es für die beiden Talente in der D-Jugend zum OSC Rheinhausen. Und ab der A-Jugend begann die Zusammenarbeit mit Thomas Molsner, der mit „den Kamps“, wie sie heute von den Teamkollegen genannt werden, und dem OSC ein Jahr in der Jugend-Bundesliga verbrachte. „Julian und Yannick sind bodenständige Jungs. Ihr Aufwand für den Sport, gleichzeitig aber auch ihr Bezug zur Realität ist wirklich gut“, sagt der OSC Coach.
Also studierten die heute 23-Jährigen nicht einfach los, sondern sie schlossen jeweils erst eine Ausbildung ab. Julian ist gelernter Tischler, während Yannick auch als Optiker tätig sein könnte. Mit der beruflichen Absicherung in der Tasche absolvieren sie heute ein Studium zum Bauingenieur. Die Brüder teilen aber nicht nur den Bildungsweg: Nach dem Abitur gönnten sie sich einen Monat in Kanada – mit zwei Surfbrettern im Gepäck.
Neben dem Surfen genießen beide ab und an ein Match Squash oder Tennis. Und die Zwillinge denken hier langfristig: „Handball kann ein Körper nicht ewig aushalten. Tennis beispielsweise ist ein Sport, an dem man quasi sein ganzes Leben lang teilnehmen kann – und somit eine gute Alternative für uns.“ Im Spitzensport finden Julian und Yannick keine Persönlichkeiten beeindruckend, sondern eher Leistungen. Disziplin oder Mentalität wie etwa beim fast 43 Jahre alten Top-Quarterback Tom Brady seien Dinge, an denen man sich orientieren müsse.
Trotz der vielen Gemeinsamkeiten gibt es im Übrigen Unterschiede zwischen Julian und Yannick Kamp. „Yannick ist der Hauptgrund dafür, dass wir in einer sehr sauberen Wohnung leben“, räumt Julian mit einem Lachen ein, „auch in der Halle und an der Uni ist Yannick etwas fleißiger.“ Yannick sieht seinen Bruder handballerisch vorne: „Dafür hat Julian einfach immer das bessere Auge für seine Mitspieler als ich.“
Das Talent sei beiden nicht abzusprechen, bestätigt Thomas Molsner: „Julian hat viel Spielwitz und Dynamik. Yannick ist ein variantenreicher und gegenstoßstarker Außen, der auch einen harten Wurf beherrscht. Beide haben darüber hinaus viel Humor und stärken unser Mannschaftsgefüge. Das hat uns letztes Jahr auch sehr geholfen.“ Julian und Yannick teilen Molsners Meinung: „Das Beste am Handball ist, in einer funktionierenden Mannschaft mit Spaß und Ehrgeiz im Training zu spielen. Mannschaftssport ist einfach geil.“
Potenzial und Luft nach oben sei bei den Kamps trotz allem ebenfalls vorhanden. „Im Bereich Athletik können wir mit beiden noch viel arbeiten. Darüber hinaus liegt bei Yannicks Musikwahl viel Arbeit vor uns“, erzählt Molsner, der mit viel Humor auf Yannicks Amt des Kabinen-DJs anspielt. Yannick kontert ebenso scherzhaft: „Beim Thema Musik hat Team alt ausnahmsweise wenig zu melden.“
Wenig überraschend: Der Musikgeschmack vereint beide Kamps ebenfalls. Folglich haben sie gemeinsam bereits eins der größten Musikfestivals Europas besucht – das „Parookaville“ in Weeze, dass jährlich Tausende Electronic-Dance-Fans in seinen Bann zieht. Eine weitere Gemeinsamkeit: „Beide kommen immer mit einem guten Style zum Training“, erläutert Molsner. Kurios ist dann, dass für die Kamps bei Meisterschaftsspielen ihre alten, teilweise kaputten Thermohosen, Shirts und Socken nie fehlen dürfen – ein kleiner Aberglaube.
Es gibt nicht vieles, über das die Zwillinge streiten oder gar wetteifern müssten. Deshalb bestand nie ein Grund, in einer anderen Mannschaft zu spielen. Sollte sich diese Möglichkeit irgendwann doch mal ergeben, wären Julian und Yannick allerdings einer kleinen Rivalität nicht völlig verschlossen. In der nächsten Saison kommt es dazu wie bisher jedoch maximal im Training. Auf dem Feld werden Kamp/Kamp in der Regionalliga wieder alles für ihren OSC Rheinhausen geben.