Harz beiseite
Sie versuchen es: Hier sind die Gallier aus Königsdorf
Die A-Jugend des TuS ist in der Qualifikation zur Bundesliga der krasse Außenseiter.

Ein echtes Team: Christoph Mertes, Moritz Köster, Jonne Sjoel, Louis Friemel, Marius Többen, Loic Marth, Henrik Scheer, Lasse Hodapp (obere Reihe, von links), Lars Mangelmann, Kari Klebinger, Emil Stramitzer, Julius Landmann, Elvan Kromberg und Trainer Ole Romberg (unten von links) schafften in der Regionalliga einen Durchmarsch. Köster spielt jetzt aber für Bayer Dormagen, Landmann und Tim Becker (fehlt auf dem Foto) sind verletzt. (Foto: Karla Mertes)

Grundsätzlich müssten sie sich wie einst die Gallier vor einer der durchaus zahlreichen Auseinandersetzungen mit der römischen Übermacht fühlen. Das heißt: Eigentlich ist die Lage aussichtslos, eigentlich kannst du das nicht gewinnen – es sei denn, die eine oder andere List überrascht den Gegner. Vorzugsweise täte es auch ein Zaubertrank, der übermenschliche Kräfte verleiht. Weil der schwierig zu beschaffen und von Druiden im Rhein-Erft-Kreis nichts bekannt ist, verlassen sie sich beim TuS Königdorf lieber auf bewährte Stärken: Zusammenhalt, einen über die Jahre gewachsenen Teamgeist, Leidenschaft für den Handball, Mut und die Bereitschaft, alles zu geben. So hat die A-Jugend von Trainer Ole Romberg ohne Niederlage den Titel in der Nordrheinliga geholt. Und so will sie sich jetzt in die Qualifikation für die Bundesliga stürzen, die immerhin zwei Heimspiele bietet. Am Samstag (15 Uhr) kommt der Bergische HC in die Halle an der Pfeilstraße, am Sonntag (13 Uhr) der HSV Gräfrath. Die Entscheidung darüber, ob der Traum vom Aufstieg in Erfüllung gehen kann, fällt dann spätestens am 29. August im abschließenden Quali-Spiel beim HC Düsseldorf.

Romberg und sein Team sind den Verantwortlichen des TuS sowie den vielen Helfern und Eltern aus dem Verein sehr dankbar dafür, dass sie ihre Chance nutzen dürfen. Königsdorf hatte auf der Grundlage der Corona-Schutzbestimmungen in NRW ein umfangreiches Hygiene-Konzept zu erarbeiten, in dem vom Betreten der Halle bis zum Ablauf der Partien zahlreiche zum Teil komplizierte Puzzleteile zu berücksichtigen waren – mit einem entsprechend hohen logistischen Aufwand, der sich nur durch eine breite Unterstützung bewältigen lässt. „Ich brauche praktisch nur in die Halle zu kommen und mich um die Mannschaft zu kümmern“, sagt Romberg, „das ist sicher nicht selbstverständlich.“ Zurückzahlen wollen es seine Spieler mit einer überzeugenden Leistung, die dem Aufwand gerecht wird.

Die sportliche Seite der Medaille: Der BHC ist Stammgast in der Jugend-Bundesliga und die ebenfalls aus Solingen stammenden Gräfrather kennen immerhin das Gefühl, an einer Qualifikation für die höchste deutsche Nachwuchsklasse teilzunehmen. Auch bei Düsseldorf sehen die Königsdorfer deutlich bessere Rahmenbedinungen und sich selbst deshalb als krassen Außenseiter – kein Wunder zudem angesichts der Quali-Regeln. Den direkten Sprung nach oben schafft nur der Erste, während der Zweite wenigstens nachsitzen darf – und in einem Entscheidungsspiel um den dritten freien Platz für den Westdeutschen Handball-Verband auf den Zweiten der Qualifikation in Westfalen trifft. Trainer Romberg grübelt nicht lange: „Für mich zählt erst einmal nur der Samstag. Selbst mit dem Heimspiel am Sonntag beschäftige ich mich noch nicht.“ Große Rechenkünste sind kaum erforderlich für diese Feststellung: Der TuS braucht zumindest einen Erfolg, um wenigstens eine hauchdünne rechnerische Idee zu haben.

Personell könnte die Lage vor dem großen Abenteuer aber viel besser sein. Dass in Moritz Köster der wichtigste Rückraumspieler zum TSV Bayer Dormagen gewechselt ist, hatten alle bereits einkalkuliert. Nun kommt personelles Pech hinzu: Kapitän Julian Landmann und Tim Becker leiden unter Bänderverletzungen. Aufgeben kommt trotzdem nicht in Frage – im Gegenteil. „Wir haben immer noch genug gute Jungs“, betont Romberg, „wir wollten uns mit den Besten messen. Und das tun wir jetzt. Wir werden alles geben. Wenn die anderen es verdient haben und besser sind, dann ist das so.“ Da ist allerdings das letzte Wort nicht gesprochen. Die Gallier sind bereit für den Kampf gegen die Übermacht. Und sollten sie zumindest erbitterten Widerstand leisten, sind sie am Ende die Könige im Dorf.