24. August 2020 | Zurück zur Artikelübersicht » |
Draußen geht es diszipliniert zu: Keine Aufregung, keine Hektik, kein Drängeln. Trotzdem liegt Handball in der Luft und der Regionalliga-Aufsteiger OSC Rheinhausen hat ja auch nie einen Zweifel daran gelassen, dass er trotz des von Ende August auf Mitte September verschobenen Punktspiel-Starts an seiner offiziellen Saison-Eröffnung an der Krefelder Straße festhalten will. Passender Gegner ist der Drittligist HSG Krefeld, der gerne gekommen ist, um für sich am Niederrhein noch einmal die Werbetrommel zu rühren – wie der OSC, unter dessen Dach die einstigen Wölfe Nordrhein nach der Meisterschaft in der Oberliga jetzt wieder zu Hause sind. Alle zusammen dürften wenig Probleme gehabt haben, sich mit der neuen Normalität der Corona-Bestimmungen zurechtzufinden, denn drinnen weisen am Boden angebrachte und gut sichtbare Pfeile jedem die Richtung auf die Tribüne – und umgekehrt den Weg von dort nach draußen. Weil die Halle alleine über 1000 Sitzplätze anbietet, ist die Unterbringung der 300 zugelassenen Fans kein Problem. Freundliche Ordner des OSC, die auf die korrekte Verteilung der Zuschauer achten, müssen kaum eingreifen. Die Fans, die da sind, freuen sich einfach riesig darauf, dass es losgeht. Und die Mannschaften unten auf dem Feld geben ihnen einiges zurück, indem sie in den 60 Minuten im Schnitt genau ein Tor pro Minute erzielen. Dass die Verteilung relativ einseitig aussieht, hatten sich die Rheinhausener natürlich ein bisschen anders vorgestellt. Weil die HSG die Angelegenheit durchaus nicht halbherzig angeht, gewinnt sie glatt mit 35:25 (19:12).
Der OSC hält lediglich gut 15 Minuten auf Augenhöhe mit. Mit dem 4:3 (6.) und 6:4 (8.) jeweils durch Patrik Ranftler gelingt ihm sogar zweimal eine Zwei-Tore-Führung, ehe er das 6:8 (10.) noch zum 9:9 ausgleicht (15./Julian Kamp). Ab dem 10:11 (17.) verliert das Team von Trainer Thomas Molsner allerdings zügig den Anschluss – 11:15 (23.), 11:19 (27.). Die Gründe: HSG-Keeper Mathis Stecken kann sich inzwischen öfter auszeichnen als zuvor, die HSG zeigt ihre individuellen Qualitäten – und sie nutzt vor allen Dingen die deutlich häufiger werdenden Fehler der Hausherren aus. Ein sich zu oft wiederholendes Muster aus Sicht des OSC: Ballverlust, Tempogegenstoß, Gegentor. Ab dem 15:25 (43.) pendelt der Abstand zwischen den beiden Teams bei rund zehn Treffern und an den Kräfteverhältnissen ändert sich in der zweiten Halbzeit eher wenig, obwohl der OSC bis zum Schluss um ein anständiges Resultat kämpft. Vor allem die enorme Geschwindigkeit von Felix Molsner (fünf Tore) machte der Krefelder Abwehr mehrmals zu schaffen.
Beide Seiten nehmen später etwas Brauchbares mit für die weitere Saison-Vorbereitung. „Das Ergebnis ist zweitrangig“, sagt etwa Krefelds Coach Felix Linden – der dafür ein paar ordentlich funktionierende Abläufe seines Teams gesehen hat, das in der kommenden Drittliga-Saison im Kampf um die Top-Positionen (Aufstieg eingeschlossen) mitzumischen gedenkt. OSC-Kollege Molsner weist ebenfalls auf den Klassenunterschied hin: „Das ist eine top-besetzte Mannschaft, richtig stark. Krefeld hat uns gezeigt, woran wir noch arbeiten müssen.“ Etwas knapper hätte die Sache seiner Ansicht nach trotzdem ausfallen dürfen – was nichts mit den Qualitäten der Gäste zu tun hatte: „Wenn wir unsere Chancen besser nutzen und zugleich ein paar Gegenstöße weniger zulassen, verlieren wir vielleicht nur mit vier Toren.“ Knapp vier Wochen bleiben dem OSC jetzt für den Rest der Vorbereitung auf die am 20. September beim MTV Rheinwacht Dinslaken mit Verspätung beginnende Saison 2020/2021.
Vieles rund um die Partie war der neuen Normalität geschuldet – und wieder anderes dennoch sehr vertraut. Dass Fans (in diesem Fall Rheinhausener) auf der Tribüne nahezu pausenlos glaubten, die Entscheidungen der Schiedsrichter kommentieren/kritisieren zu müssen, war fast ein Trost. Da hat sich offensichtlich nicht so viel geändert. Und wer mitbekam, wie sehr unten ein Spieler wie Alexander Grefer (OSC) „seinen“ Sport voller Leidenschaft vortrug und seinen Standpunkt bisweilen sowohl dem Gegner als auch dem Schiedsrichter sehr entschieden mitteilte, spürte ebenfalls was Vertrautes. Der Handball lebt. Auch in der Zeit von Corona.
OSC Rheinhausen: Otterbeck, Lenz, Köß – Y. Kamp (1), Krumschmidt (2), Grefer (2), Kryzun (3), Ranftler (6/2), F. Molsner (5), M. Molsner, Bernhardt, Rennings (2), J. Kamp (3), Woyt, Brakelmann, Singh Toor (1).
HSG Krefeld: Stecken, Krechel – Milde (4), Basic (1), Schneider (2), Hahn (2), Skorupa (4), Schulz (1), Marquis (3), Braun (4), Barwitzki, Brüren (9/4), L. Jagieniak, N. Ingenpass (1), Eberlein (2), Mircic (2).